Medizinisches Cannabis in der Schweiz ist bisher nicht auf Rezept erhältlich. In einigen Ländern ist das bereits seit Jahren der Fall. Die zunehmende Zahl von Patienten spricht für einen höheren Bedarf. Doch die Schweiz sah bis jetzt keine Notwendigkeit, den Zugang zu medizinischem Marihuana per Rezept zu ermöglichen. Nun rät der Bundesrat zu einer Gesetzesänderung.
Bisherige Situation
1951 trat das Verbot von Cannabiskonsum durch ein Gesetz in Kraft. In den letzten Jahren wird das Thema weltweit stark diskutiert. Denn in der Pflanze befinden sich Wirkstoffe, die positiv auf die Gesundheit wirken können.
So wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass das beinhaltete CBD (Cannabidiol) Schmerzen lindern und den Schlaf verbessern kann. Darüber hinaus kann es Angstzustände reduzieren und generell zu mehr Wohlbefinden bei verschiedenen Erkrankungen beitragen.
Es findet eine Extraktion des Stoffes aus der Marihuanapflanze statt. Dabei kann jedoch nicht 100%ig sichergestellt werden, dass keinerlei THC (Tetrahydrocannabinol) hineingelangt. THC hat sowohl eine psychoaktive, als auch eine berauschende Wirkung.
Aus diesem Grund stellte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) medizinisches Cannabis in der Schweiz bisher ausschliesslich nach Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Verfügung. Hierbei wurden vereinzelt Bewilligungen zum legalen Gebrauch ausgestellt. Im letzten Jahr konnten davon rund 3.000 Patienten mit Krebserkrankungen oder Multipler Sklerose profitieren.
Aktuelle Situation
Der Bundesrat hat das Thema “medizinisches Marihuana in der Schweiz” aktuell auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei wird angeregt, den bürokratischen und langwierigen Prozess von Einzelfallprüfungen durch das BAG zu umgehen. Wichtig ist das in die Ärzte gesetzte Vertrauen. Deren Ausbildung und Erfahrungen sollen die Einschätzung über eine Verordnung von medizinischem Cannabis erlauben.
Laut dem Bundesrat sei in Bezug auf THC zu berücksichtigen, dass in erster Linie das Patientenwohl gesteigert werden könne. Das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung hingegen sei deutlich geringer. Das Rauchen von Marihuana soll dabei allerdings aufgrund dem zu hohen Missbrauchspotenzial ausgeschlossen werden.
So wird eine Vernehmlassung über den Erhalt von Medizinalcannabis durch Rezept bereits diese Woche vorgelegt. Zuspruch findet der Änderungsvorschlag zudem bei verschiedenen medizinischen Expertengruppen.
Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH)
Die Sprecher der Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte stimmten der angestrebten Teilrevision grösstenteils zu. Der bürokratische Aufwand betreffe auch die Ärzteschaft.
Beispielsweise müssen Diagnosen zur Einsicht für eine Bewilligungsuntersuchung zur Verfügung gestellt werden. Durch die Teilrevision fällt dieser Zeitaufwand weg. Diese Zeit könne man besser in seine Patienten investieren.
Ferner würde eine Gesetzesänderung zu mehr therapeutischer Freiheit der Ärzte führen. Einen weiteren Aspekt betrifft die verbesserte Kontrolle als bei Selbstmedikation durch den Patienten. Damit kann man im Idealfall das Missbrauchspotenzial reduzieren.
Meinungen aus der Politik
Sowohl die SVP und SP, als auch die FDP und BDP befürworten die geplante Teilrevision der alten Gesetze. Schliesslich gehe es hierbei um das Patientenwohl und ein wirkungsvolles Arzneimittel. Patienten sollten zügig Zugang erhalten, um von der Wirkung profitieren zu können.
Ausserdem demonstrieren Zahlen, dass die Bewilligungen zunehmend ansteigen. Dies resultiert in noch längeren Bearbeitungszeiten für Bewilligungen oder Ablehnungen.
In diesem Fall stellt die Teilrevision und die Umlagerung auf die behandelnden Ärzte eine ideale Lösung dar. Die FDP begrüsst ausserdem, dass durch eine direkte Rezeptausstellung weniger Patienten Marihuana illegal anbauen. Darüber hinaus kann ein besserer Überblick über die Einnahmemenge erfolgen.
Kritik und Lob vom Medical Cannabis Verein Schweiz
Der Medical Cannabis Verein Schweiz (MEDCAN) zeigt sich des Weiteren erfreut, dass medizinisches Marihuana in der Schweiz auf Rezept erhältlich sein soll.
Allerdings hält der Verein diese Änderung allein nicht für ausreichend. Der Grund liege in der Kostspieligkeit des Medizinalcannabis. Pro Monat können mehrere 100 Schweizer Franken fällig werden. Krankenkassen übernehmen lediglich in Ausnahmefällen die Kosten.
Das bedeutet konkret, dass die Änderung besser verdienenden Patienten zu Gute kommt. Finanzschwache Patienten müssten weiterhin auf den kostengünstigeren Selbstanbau von Marihuana zurückgreifen.
Schätzungen zufolge erhalten bzw. konsumieren Marihuana in der Schweiz über 100.000 Personen auf illegalem Wege. Das Missbrauchspotenzial könne demnach nicht kontrolliert werden. Deshalb fordert der Verein zusätzlich eine Legalisierung für den Anbau von Cannabispflanzen.
Krankenkasse übernimmt kaum Kosten
Selbst wenn die Ausstellung mittels Rezept durch den Arzt erfolge, übernimmt die Krankenkasse dennoch in seltensten Fällen die Kosten. Die SP merkt an, dass ein Gespräch erst stattfinden solle, wenn das Palliativ- und Heilpotenzial von Marihuana als Medikament umfassend nachgewiesen sei.
Die FMH unterstützt hingegen die Idee, zumindest eine Teilfinanzierung durch Krankenkassen, Krankenpflegekassen oder andere Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen. Es ist mit sogar mit einem Kostenanstieg für Medizinalmarihuana zu rechnen. Dies liegt an den Sicherheitsfaktoren bei der Herstellung und Vertrieb. Deswegen ist eine Kosten(teil-)übernahme sicherlich auch zukünftig Thema im Bundesrat.