Der Fachkräftemangel in der Schweiz spitzt sich zu. Laut einer aktuellen Studie ist die Suche nach geeigneten Beschäftigten in Ingenieur- und Technikberufen sowie nach Treuhändern besonders schwierig. Doch auch der Pflegenotstand in Pflege- und Betreuungsberufen ist immens. Doch welche Fachkräfte fehlen in der Deutschschweiz verstärkt? Und kann man etwas dagegen unternehmen?
Fachkräftemangel in der Deutschschweiz: TOP 10
Der aktuelle Fachkräftemangel-Index des Stellenvermittlers Adecco in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich legt dar, bei welchen Fachkräften Bedarf besteht. Die Daten stammen hierbei aus dem ersten Quartal 2018 und beziehen sich auf die Deutschschweiz.
Die Deutschschweiz wird deswegen beleuchtet, da es den Firmen vorrangig dort schwer fällt, in betroffenen Berufen geeignetes Personal zu finden. Daraus resultiert, dass die Deutschschweiz vom Fachkräftemangel noch stärker betroffen ist als die französischsprachige Schweiz.
Auf Platz 10 befinden sich demnach Berufe des Rechtswesens, die einen Mangel an Fachkräften aufweisen. Platz 9 belegen die technischen Zeichenberufe, bei welchen Personal fehlt. Darauffolgend waren zu wenig Unternehmer, Direktoren und leitende Beamte in diesem Feld tätig.
Auch die Berufe der Metallverarbeitung und des Maschinenbaus sind leidlich belegt. Gravierender sieht es bei technischen Fachkräften und bei den Informatikern aus, welche sich auf Platz 6 und 5 befinden. Platz 4 nehmen weiterhin Ingenieure ein.
Rang | Berufe |
---|---|
10 | Berufe des Rechtswesens |
9 | Technische Zeichenberufe |
8 | Unternehmer, Direktoren und leitende Beamte |
7 | Berufe der Metallverarbeitung und des Maschinenbaus |
6 | Technische Fachkräfte |
5 | Informatikberufe |
4 | Ingenieursberufe |
3 | Humanmedizin und Pharmazie |
2 | Treuhandwesen |
1 | Techniker |
Platz 3 belegt des Weiteren die Humanmedizin und Pharmazie – die Ärztestatistik gibt Aufschluss darüber, weswegen tatsächlich ein Ärztemangel besteht. Auf Platz 2 steht das Treuhandwesen. Dies beinhaltet Treuhänder, Steuerberater und Revisoren. Doch den mitunter grössten Fachkräftemangel weisen auf Platz 1 die technischen Berufe auf.
Dazu gehören Maschinen-, Heizungs-, Textil-, Fernmelde-, Hoch-, Elektro- sowie Tiefbautechniker. Noch immer gebe es zu wenig Frauen, die Ausbildungen in den klassischen Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) absolvieren.
Berufe mit wenig Fachkräftemangel in der Schweiz
Der Fachkräftemangel in der Textilverarbeitung, im Druck und im Lagerwesen fällt am niedrigsten aus. Ebenso wenige Jobs auf viele Arbeitslose gibt es in der Reinigung, des Post- und Fernmeldewesens und im Baugewerbe.
Die Maschinisten stehen im Deutschschweizer Ranking sogar auf dem letzten Platz. Sie stellen somit die einzige Berufsgruppe im Bereich Technik und Informatik dar, die tatsächlich einen Überhang an Arbeitslosen statt eines Fachkräftemangels aufweist.
Bedarfsnotstand in Pflege- und Betreuungsberufen immens
In der Schweiz droht darüber hinaus laut dem Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) ein Pflegenotstand in Pflege- und Betreuungsberufen. Demzufolge ist der Bedarf der diplomierten Pflegefachpersonen zunehmend und die Bedarfsdeckung nicht ausreichend.
Der Versorgungsbericht der Gesundheitsdirektorenkonferenz aus dem Jahr 2016 zeigt auf, wie problematisch der Personalmangel tatsächlich ist. Die Prognose lautet hierbei, dass der Bedarf an Pflegekräften in den kommenden neun Jahren um ca. 20 % oder 40.000 Personen steigen wird.
Während 2014 ca. 178.000 Personen im Pflegebereich tätig waren, benötigt es im Jahr 2025 etwa 218.000 Menschen. Insbesondere die Spitex weist laut dem Bericht einen hohen Bedarfzuwachs auf. Im Jahr 2025 würden demnach 35 % mehr Fachkräfte gebraucht, also 11.400 dazukommende Beschäftigte.
Überdies verfügen die Pflegeheime ebenso über zu wenig Personal. Zukünftig sei 25,7 % zusätzliches Personal dort notwendig. In den nächsten Jahren seien die Pflegeheime entsprechend des Versorgungsberichts die grössten Arbeitgeber für Mitarbeiter in Pflege- und Betreuungsberufen.
Doch weshalb ist der Bedarf so stark ansteigend? Die demografische Entwicklung ist hierfür ausschlaggebend. Immerhin waren im Jahr 2018 18,5 % der Schweizer Bevölkerung 65 Jahre oder älter. Im Vergleich: 10 Jahre zuvor, also im Jahr 2008, machte diese Gruppe hingegen lediglich 16,3 % der Bevölkerung aus.
Schätzungen zufolge wird die Zahl der Senioren um über eine Million ansteigen. Dies bedeutet konkret, dass 26,4 % der Schweizer dann älter als 65 Jahre sein werden. Aufgrund dessen ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Erfordernis nach professioneller Pflege ein fundamentales Problem darstellt.
Was kann man gegen den Fachkräftemangel tun?
Der Mangel an Fachkräften in verschiedensten Bereichen sowie der steigende Bedarf nach Pflegekräften zeigt, dass Interventionen nötig sind.
Zielgerichtete Ausbildungen
Eine Möglichkeit, um mehr Fachkräfte zu erlangen, seien gezielte Ausbildungen. Es fällt einer Untersuchung der Credit Suisse zufolge der KMU (kleine und mittlere Unternehmen) sehr schwer, Fachkräfte zu rekrutieren. Dies liege an den Grossbetrieben, welche eine gute Bezahlung und Fortbildungen anbieten. Fachkräfte würden deswegen verstärkt bei diesen Firmen arbeiten und Angebote von kleinen und mittleren Betrieben abnehmen.
Aus diesem Grund müssen gezielte Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramme erschlossen werden. In der Schweiz wären sich die Menschen bewusst, in welchen Bereichen es an Personal fehlt. Daher würden viele Personen bereit für eine vergleichbare Ausbildung sein.
Die Einbindung der Frauen in den Arbeitsmarkt sei darüber hinaus elementar, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Demzufolge sollten ihnen die Berufe mit einem besonders hohem Mangel schmackhaft gemacht werden.
Ausländische Fachkräfte stellen Chance dar
Eine weitere konkrete Lösung für die Problematik der Pflege- und Betreuungsberufe sind ausländische Gesundheitsfachkräfte, die entsprechend qualifiziert sind. Bisher kommen 40 % des neu beschäftigten Personals aus dem Ausland. Zuwanderung erfolgte im Jahr 2014 überwiegend aus Frankreich (36,9 %) und Deutschland (34,7 %).
Auch beim Fachkräftemangel in der Humanmedizin kommen Ärzte aus dem Ausland zum Einsatz. Folglich kommen ebenso ausländische Ärzte in die Schweiz und stellen dadurch einen Ausgleich zum Ärztemangel dar.
Nichtsdestotrotz muss eine Verbesserung der Massnahmen zur Förderung des eigenen beruflichen Sprosses stattfinden. Der Zuzug ausländischer Fachkräfte reiche nämlich nicht für den Ersatz des inländischen Personals aus. Durch das Forcieren der Ausbildung in den letzten Jahren gab es zwischen 2010 und 2014 eine Zunahme der Abschlüsse in Pflege und Betreuung um 32 % . Dies sei jedoch nicht genug.