Das elektronische Patientendossier (EPD) hätte eigentlich bereits vor anderthalb Jahren flächendeckend eingeführt werden sollen. Tatsächlich ist es jedoch erst seit Dezember 2020 in einigen Kantonen verfügbar. Der Bundesrat hat nun am 11. August 2021 einen Bericht mit verschiedenen Massnahmen verabschiedet, welche die Verbreitung und Nutzung des elektronischen Patientendossiers fördern sollen.
Hohe Erwartungen ans elektronische Patientendossier
Das elektronische Patientendossier fasst persönliche Gesundheitsdokumente und -informationen digital zusammen. Der Zugang erfolgt über eine gesicherte Internetverbindung. Patienten bestimmen selbst, welche Dokumente sie ablegen möchten und welche Ärzte und Gesundheitseinrichtungen Einsicht erhalten. Die Erwartungen sind gross: Das elektronische Patientendossier soll die medizinische Behandlung verbessern, den Patienten mehr Datensicherheit und Selbstbestimmung bieten und das Gesundheitssystem effizienter machen. Um diese Ziele zu erreichen, muss das elektronische Patientendossier aber auch genutzt werden. Genau daran hapert es gerade noch. Mittlerweile ist es zwar in mehreren Schweizer Kantonen verfügbar, die flächendeckende Einführung liegt jedoch noch in weiter Ferne. Der Bund will daher die Federführung nicht mehr den Kantonen überlassen, sondern sich selbst darum kümmern, Einführung und Nutzung des elektronischen Patientendossiers voranzutreiben.
Welche Massnahmen dazu beitragen können, hat der Bundesrat in einem Postulat evaluieren lassen. Als Grundlage diente der Grundlagenbericht „Massnahmen zur Verbreitung des elektronischen Patientendossiers“, erstellt von Ecoplan im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).
Fazit des Berichts: Potenzial der Digitalisierung nicht ausgenutzt
Das aktuelle Postulat mit dem Titel „Elektronisches Patientendossier. Was gibt es noch zu tun bis zu seiner flächendeckenden Verwendung?“ kommt zu dem Schluss, dass die Potenziale der Digitalisierung bislang noch nicht ausgeschöpft werden. Zum einen fehlt es an Geld für den Betrieb und die Weiterentwicklung des elektronischen Patientendossiers. Zum anderen zeige sich, dass die geplante dezentrale Umsetzung nicht reibungslos funktioniert. Das bisherige Rahmengesetz beschränkt die Handlungsfähigkeit des Bundes. Der Bundesrat will das Gesetz daher noch einmal grundlegend überprüfen.
Massnahmenkatalog soll Verbreitung und Nutzung des EPD fördern
Der Grundlagenbericht und das aktuelle Postulat zeigen unter anderem auf, welche Massnahmen zur Verbreitung des elektronischen Patientendossiers bereits getroffen wurden oder in Planung sind. Dazu gehören unter anderem Massnahmen zur Information und Befähigung der Bevölkerung. Informationsmaterialien werden zum Beispiel von eHealth Suisse zur Verfügung gestellt. Eine nationale Kampagne soll die Bevölkerung und Gesundheitsfachpersonen vom Nutzen des elektronischen Patientendossiers überzeugen. Weiterhin wurden bereits Massnahmen getroffen, um die Nutzerfreundlichkeit der digitalen Akte zu verbessern.
Der Grundlagenbericht beschreibt 22 weitere Massnahmen, von denen der Bundesrat nach vertiefter Analyse zehn weiterverfolgen möchte. Die zehn Massnahmen im Überblick:
- Bislang sind nur stationäre Gesundheitseinrichtungen dazu verpflichtet, sich einer zertifizierten (Stamm-)Gemeinschaft für das EPD anzuschliessen. Die Freiwilligkeit für ambulante Einrichtungen soll mit einer Übergangsfrist aufgehoben werden.
- Informationen für die Bevölkerung sollen sich stärker auf den Nutzen des elektronischen Patientendossiers fokussieren.
- Kantone sollen ihre bisherigen Leistungsvereinbarungen zur Information und Befähigung der Bevölkerung um Multiplikatoren wie Patientenorganisationen und Gesundheitsligen erweitern.
- Gesundheitsfachpersonen sollen bereits während der Ausbildung für die Nutzung des elektronischen Patientendossiers sensibilisiert werden.
- Für die Eröffnung eines elektronischen Patientendossiers ist eine elektronische Identität notwendig. Der Bezug des Identifikationsmittels soll erleichtert werden.
- Patienten soll es einfacher gemacht werden, ihre Einwilligung für ein elektronisches Patientendossier zu erteilen.
- Es soll ein breiteres Angebot an EPD-Eröffnungsstellen zur Verfügung gestellt werden.
- Es soll eine zentrale Ablage für dynamische, sich stetig verändernde Daten wie Medikationspläne und den Impfstatus geschaffen werden.
- Die Nutzung der technischen Infrastruktur soll über interoperable Zusatzdienste möglich werden.
- Die bisherigen Zertifizierungsverfahren könnten durch eine staatliche Anerkennung ersetzt werden. Da dies eine neue Verantwortlichkeit für den Bund bedeuten würde, will der Bundesrat diese Massnahme vertieft prüfen.