Orthopädische Chirurgen behandeln Entwicklungsstörungen, Erkrankungen und Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparats. Traumatologen (oder Unfallchirurgen) beschäftigen sich dagegen ganz allgemein mit Verletzungen und deren Folgen. Somit ergeben sich viele Überschneidungen im Behandlungsalltag, weswegen die Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie beide Bereiche kombiniert. Die Absolventen können in verschiedenen Spezialgebieten tätig werden.
Inhaltsverzeichnis
Tätigkeiten Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
Der Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie ist Spezialist für den menschlichen Stütz- und Bewegungsapparat inklusive der Knochen, Gelenke, Bänder, Sehnen, Muskeln und Nerven. Dabei beschäftigt er sich mit Entstehung, Diagnose, Behandlung, Nachsorge, Rehabilitation und Prävention von Wunden und Verletzungen. Er ist verantwortlich für die konservative und operative Versorgung und die Durchführung von Reha-Massnahmen. Als Unfallchirurg arbeitet der Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie überwiegend in Spitälern und versorgt in erster Linie akute Notfälle oder führt geplante Operationen durch. Vor allem Knochenbrüche bestimmen den Alltag.
Grundlegende Behandlungssituationen eines Facharztes Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sind zum Beispiel:
- operative Rekonstruktionen und Therapien von Verletzungen des Bewegungsapparates zum Beispiel nach einem Kreuzbandriss oder einer Schulterluxation;
- traumatische Erkrankungen wie Brüche und Verletzungen der Sehnen, Bänder und Menisken;
- degenerative Erkrankungen wie Arthrose, Osteoporose und Knorpelverletzungen;
- infektiöse Erkrankungen der Knochen und der Gelenke wie z.B. Arthritis;
- Biss-, Stich, Schnitt- oder Schussverletzungen;
- traumatische Verletzungen der Körperhöhlen (z.B. Brustkorb, Bauch und Kopf einschliesslich des Kiefers):
- Abschürfungen, Verbrennungen, Verätzungen und Unterkühlungen der Haut;
- Strahlenschäden.
Der Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie muss ausserdem im Notfall schnell entscheiden und einschätzen können, ob er den Patienten allein behandeln kann oder ob interdisziplinäre Behandlungen unter Einbeziehung anderer Fachrichtungen notwendig sind.
Unter den Fachärzten Orthopädische Chirurgie und Traumatologie gibt es wegen der breiten Zahl an Problemfällen zahlreiche Spezialisten, etwa für Handchirurgie oder für die Behandlung von Knieerkrankungen. Den Facharzt findet man ausserhalb des ambulanten Bereichs meist in eigener Niederlassung. Dort arbeitet er oft eher konservativ, indem er eher selten Operationen durchführt, sondern stattdessen Medikamente, physikalische Massnahmen oder Krankengymnastik und Chirotherapie verschreibt.
Ziele der Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
Die Weiterbildung zum Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie soll die Kompetenzen vermitteln, die zur Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlung sowie zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen und für die Nachsorge von Entwicklungsstörungen, Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates gebraucht werden. Dies schliesst die Einteilung der Patienten nach Schweregrad ihrer Verletzung (Triage) und das Management von Notfallsituation mit ein. Unter Berücksichtigung der ganzheitlichen Betreuung und der sozio-ökonomischen Vorgaben muss der Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie befähigt sein, sein Fachwissen zur Planung der Langzeitbehandlung mit dem Ziel der Qualitätssicherung der erbrachten Leistungen einzusetzen.
Dauer und Gliederung der Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
Die Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie gliedert sich in
- eine nicht fachspezifische Basisweiterbildung und
- eine fachspezifische Weiterbildung.
Die Basisweiterbildung kann in folgenden Fachgebieten absolviert werden:
- Allgemeine Innere Medizin
- Anästhesiologie
- Chirurgie
- Gefässchirurgie
- Handchirurgie
- Herz- und thorakale Gefässchirurgie
- Intensivmedizin
- Kinderchirurgie
- Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
- Neurochirurgie/Neurologie
- Oto-Rhino-Laryngologie (HNO)
- Plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie
- Rheumatologie
- Thoraxchirurgie
- Urologie
Die Weiterbildungsstätten für den Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie werden nach Setting (ambulant oder stationär), klinischem Weiterbildungsangebot (allgemeine Chirurgie, orthopädische Chirurgie und Traumatologie) und Grösse in die Kategorien A, B und C eingeteilt. Die Weiterbildungsstätten für Traumatologie sind in Kategorie 1 und 2 aufgeteilt. Weiterbildungsstätten, die für den Schwerpunkt Allgemeinchirurgie und Traumatologie anerkannt sind (ACT1 bzw. ACT2), werden für die Traumatologie ebenfalls anerkannt. Zu beachten sind die maximal möglichen Verweildauern Je nach Kategorie der einzelnen Ausbildungsstätte der Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie. Insgesamt gilt:
- Mindestens drei Jahre der fachspezifischen Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sind an Weiterbildungsstätten für orthopädische Chirurgie zu absolvieren, davon müssen mindestens zwei Jahre an Weiterbildungsstätten der Kategorie A stattfinden.
- Mindestens drei Jahre der fachspezifischen Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sind an Weiterbildungsstätten für orthopädische Chirurgie durchzuführen, die auch für die Weiterbildung in Traumatologie des Bewegungsapparates (Kategorie 1 oder 2) anerkannt sind. Alternativ können maximal zwei dieser drei Jahre an Weiterbildungsstätten der Kategorie ACT1 und ACT2.
- Es muss mindestens ein Jahr Traumatologie der Kategorie 1 an Weiterbildungsstätten für orthopädische Chirurgie absolviert werden.
Daraus ergibt sich eine Dauer von fünf bis sechs Jahren für die gesamte Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie.
Inhalte der Weiterbildung Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
Nach dem allgemeinen Lernzielkatalog, der als Grundlage für alle Weiterbildungsstätten verbindlich ist, werden in der Weiterbildung zum Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie folgende Kenntnisse vermittelt:
- Anatomie, Physiologie, Biomechanik und Lehre von den Krankheitsvorgängen und Funktionsstörungen des Bewegungsapparates bei Kindern und Erwachsenen;
- Epidemiologie, Entstehung, Verlauf, Ursache und Prognose von Krankheitsbildern, der Entwicklungsstörungen und Verletzungen des Bewegungsapparates;
- Management von Polytraumata;
- Kenntnis, Interpretation und kritische Gewichtung der klinischen und technisch-apparativen diagnostischen Verfahren;
- Operative und konservative sowie medikamentöse Therapieverfahren sowie die Beurteilung der angemessenen Anwendung;
- Physikalische Therapien und Rehabilitation;
- Prävention, Erkennung und Therapie von Komplikationen nach Eingriffen am Bewegungsapparat;
- Resultate der einzelnen Therapieverfahren;
- Prophylaktische Massnahmen;
- Belange der Sozialversicherungssysteme, der sozialen Institutionen, der Privatassekuranz und der rechtsmedizinischen Aspekte;
- Grundlagen der wissenschaftlichen Methodik und der evidenzbasierten Medizin;
- Methoden der Qualitätssicherung;
- Mechanisches und biologisches Verhalten von Implantaten;
- Kenntnisse der gebräuchlichen Pharmaka und diagnostisch verwendeten Substanzen bezüglich des therapeutischen Nutzens und klinisch relevanter Neben- und Wechselwirkungen;
- Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen von Verschreibung und Kontrolle von Arzneimitteln.
Folgende fachspezifischen Fertigkeiten werden dem Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie vermittelt:
- Operative Fertigkeiten nach Operationskatalog. Dabei muss ein Minimum an Operationen in allen anatomischen Bereichen nachgewiesen werden (insgesamt 450 OPs und 200 Assistenzen erster Hand);
- Geschlossene Reposition (durch Druck und Zug) von Frakturen und Luxationen, Extensionsbehandlungen;
- Korrigierende und fixierende Verbände aus Gips oder analogen Materialien für Extremitäten und Wirbelsäule;
- Notfallmedizinische und orthopädische Untersuchungstechniken;
- Diagnostische und therapeutische Infiltrationen (nichtchirurgische Schmerztherapie) und Punktionen im Bereich des Bewegungsapparates.
Facharztprüfung in der Orthopädischen Chirurgie und Traumatologie
Die Prüfung besteht aus einem chirurgischen Basisexamen, drei Zwischenprüfungen sowie der mündlichen und schriftlichen Schlussprüfung. Für die einzelnen Prüfungen sind die unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen zu beachten.
Jobs als Assistenzarzt in der Orthopädischen Chirurgie und Traumatologie
Der Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie kann einen Job als Oberarzt in einem öffentlichen oder privaten Klinikum oder einem Universitätsspital anstreben. Eine weitere Karriere als leitender Arzt oder eine attraktive Stelle als Chefarzt stehen durch weitere Fort- und Weiterbildung offen. Dafür wird oft eine Habilitation vorausgesetzt. In einer konservativen Ausrichtung findet der Facharzt Orthopädischen Chirurgie und Traumatologie auch eine Stelle als Oberarzt in einer Rehabilitationseinrichtung.
Ein weiterer Karriereschritt für den Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie kann auch die Übernahme einer orthopädischen Praxis oder die selbstständige Gründung einer solchen sein. Viele Fachärzte entscheiden sich für die Selbstständigkeit durch Übernahme oder die Gründung einer orthopädischen Praxis. Ausserdem können sie in der medizinischen Forschung arbeiten, die aufgrund des demografischen Wandels immer wichtiger wird. Operationen an Hüfte, Knie und Wirbelsäule zählen zu den häufigsten Eingriffen, die mit hohen Kosten für das Sozialsystem verbunden sind. Die fortschreitende Alterung der Bevölkerung geht bringt daher einen erhöhten Bedarf an orthopädischer Expertise mit sich.
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