Eine Arztpraxis kann nicht ohne Arzt/Ärztin funktionieren, aber auch nicht ohne medizinische Praxisassistenz. Ein/e medizinische Praxisassistentin/medizinischer Praxisassistent – kurz MPA – sorgt für den reibungslosen Praxisbetrieb. In der Schweiz sind mehr als 30.000 Praxisassistenten/innen tätig. Es handelt sich um einen der Berufe, der noch immer vor allem von Frauen ergriffen wird – die medizinische Praxisassistentin ist der Regelfall. Weniger als ein Prozent der Auszubildenden sind Männer. Wir stellen in diesem Beitrag Ausbildung, Tätigkeit, Vergütung und Perspektiven näher vor.
Medizinische Praxisassistentin: Ausbildung
Grundlage der Ausbildung ist die „SBFI-Verordnung über die berufliche Grundbildung Medizinische Praxisassistentin EFZ/Medizinischer Praxisassistent EFZ“ vom 15. März 2018. Sie regelt die Ausbildung im Einzelnen und die Ausbildungsanforderungen.
Inhaltsverzeichnis
Zugangsvoraussetzungen
Formale Voraussetzung für die Ausbildung ist der erfolgreiche Abschluss einer obligatorischen Schule mit mittleren oder hohen Anforderungen an die Bildung. Von Vorteil sind gute Leistungen in naturwissenschaftlichen Fächern und in begrenztem Umfang auch in Mathematik. Fremdsprachenkenntnisse können nicht schaden. An persönlichen Eigenschaften sollte ein/e medizinische Praxisassistent/in mitbringen:
- Empathie und Einfühlungsvermögen
- Freude am Umgang mit Menschen
- Kunden- und Service-orientiertes Denken und Handeln
- Organisationstalent und administrative Fähigkeiten
- praktische Begabung
- ein gewisses technisches Verständnis (wegen dem nötigen Handling von technischen Geräten)
- Sinn für Hygiene, Sauberkeit und Sterilität (in medizinischen Praxen stets gefordert)
- Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Verschwiegenheit (wegen der ärztlichen Schweigepflicht)
- Ausbildungsorganisation und -dauer
Die Praxisassistenz-Ausbildung ist eine duale Ausbildung: der schulische Teil wird in einer Berufsfachschule absolviert, der praktische Teil der Lehre im Lehrbetrieb Arztpraxis. Die Ausbildung ist insgesamt auf drei Jahre angelegt. Der berufspraktische Teil soll im Schnitt 3,5 Tage pro Woche umfassen.
Der Berufsfachschulteil besteht aus 1.620 Lektionen, davon 1.100 fachbezogenen, 360 allgemeinbildenden und 160 Sport-Lektionen. Im ersten Lehrjahr verbringt man in der Regel zwei Tage die Woche an der Berufsfachschule, im zweiten und dritten Lehrjahr nur noch einen Tag. Es gibt in der Schweiz mehr als zwei Dutzend Berufsfachschulen für die MPA-Ausbildung.
Darüber hinaus sind während der Ausbildungszeit ein Dutzend überbetriebliche Kurse zu absolvieren. Das dafür vorgesehene Zeitkontingent beträgt insgesamt 38 Tage (20 Tage im ersten Lehrjahr, zwölf im zweiten Lehrjahr und sechs im dritten Lehrjahr). Die zeitliche Aufteilung zeigt: mit zunehmender Lehrzeit sinkt der Anteil der theoretischen Ausbildung und die Ausbildung verlagert sich immer mehr auf die Lehrpraxis.
Ausbildungsinhalt
Im Rahmen der Ausbildung sollen verschiedene Handlungskompetenzen für die spätere Berufsausübung erworben werden. Konkret geht es um folgende Kompetenzen.
- Organisation und Administration einer medizinischen Praxis
- Assistenz bei medizinischen Sprechstunden und Mitwirkung bei Untersuchungen
- Laboranalysen und Interpretation von Ergebnissen aus dem Labor
- Anwendung bildgebender Verfahren für Diagnosezwecke
- Ausführung therapeutischer Massnahmen
Die Kurse und Lektionen der Ausbildung sind auf diese Kompetenzfelder abgestellt.
Ausbildungsabschluss
Am Abschluss der Ausbildung steht das sogenannte Qualifikationsverfahren, in der Regel in Verbindung mit einer Prüfung. Bei der Prüfung werden in mehreren Teilen praktische Fähigkeiten, Berufskenntnisse, Allgemeinbildung und Erfahrungswissen getestet – durch praktische Aufgaben, mündliche und schriftliche Prüfungsteile. Als Ausbildungsnachweis dient das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ). Die offizielle Berufsbezeichnung lautet „Medizinische Praxisassistentin EFZ“ bzw. „Medizinischer Praxisassistent EFZ“ und ist gesetzlich geschützt.
Medizinische Praxisassistentin: Tätigkeiten
Der Arbeitsort des/r medizinischen Praxisassistenten/in ist die Arztpraxis (Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen). Manchmal können auch Patientenbesuche zu Hause im ärztlichen Auftrag anstehen. Praxisassistenten/innen arbeiten zum Teil auch im Wohn- und Pflegebereich von Alten- und Pflegeheimen oder in Spitals-Ambulanzen. Gearbeitet wird bevorzugt am Empfang bzw. der Rezeption und in Praxis- bzw. Behandlungsräumen.
Die Tätigkeit hat zwei Schwerpunkte: administrative Aufgaben und medizinische Assistenz:
- bei der Administration kümmert sich eine medizinische Praxisassistentin typischerweise um den Patientenempfang, Führung der Patientenakten, Rezepterstellung, Buchhaltung und Rechnungstellung, Schriftverkehr, Materialbestellungen, Telefondienst, Terminvergaben und ähnliches;
- die medizinische Assistenz umfasst eine ganze Reihe an medizinischen Tätigkeiten in ärztlichem Auftrag. Dazu zählen zum Beispiel Blutentnahmen, Injektionen, medizinische Messungen, Test-Durchführungen, einfache klinisch-chemische Laboranalysen, Sterilisierung, Prüfung von Geräten, Medikamentenverabreichung, Assistenz bei kleineren Eingriffen, Anlegen von Verbänden usw.
Darin zeigt sich: die Aufgaben eines/r medizinischen Praxisassistenten/in sind vielfältig und erfordern unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Auf jeden Fall Organisationstalent und praktische Kompetenz, aber auch soziale Kompetenz. Als MPA muss man auf jeden Fall „Allrounder“ sein und sich flexibel auf verschiedenste Aufgaben einstellen können. Das macht den Beruf abwechslungsreich und spannend.
Medizinische Praxisassistenz ist sehr gut als Teilzeitbeschäftigung möglich und eignet sich, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Das ist eine Erklärung, warum medizinische Praxisassistentinnen wesentlich häufiger sind als der Praxisassistent. Die Arbeitszeiten orientieren sich wesentlich an den Öffnungszeiten der jeweiligen Praxis und sind daher vergleichsweise sicher kalkulierbar. Überstunden, wenn grosser Andrang an Patientinnen und Patienten herrscht oder Notfälle zu behandeln sind, können trotzdem nicht ausgeschlossen werden. Feiertags-, Wochenend- oder Schichtarbeit sind eher die Ausnahme.
Medizinische Praxisassistentin: Gehalt
Das Gehalt ist bei MPAs im Wesentlichen Verhandlungssache. Es existieren aber in den meisten Kantonen Lohnempfehlungen für ärztliche Arbeitgeber, die gute Orientierungswerte bieten. Die Gehaltsgrössenordnungen sind dabei ähnlich, es gibt Unterschiede in der Systematik und den Berechnungsgrundlagen.
Im Kanton Bern wird zum Beispiel ein Mindestlohn von CHF 4‘100 bei 13 Monatsgehältern, 42 Stunden Wochenarbeitszeit und vier Wochen Urlaub empfohlen. Pro Dienstjahr soll in Bern eine Dienstalterszulage von CHF 100 als Zuschlag auf das Monatsgehalt erfolgen. Medizinische Praxiskoordinatoren (siehe nächster Abschnitt) sollen mindestens CHF 500 p.m. erhalten. Auch für die Ausbildungszeit wird eine Vergütung empfohlen: im ersten Lehrjahr CHF 400 p.m., im zweiten Lehrjahr CHF 900 p.m. und im dritten Lehrjahr CHF 1.300 p.m. bei 13 Monatsgehältern.
Medizinische Praxisassistentin: Weiterbildungsmöglichkeiten und Perspektiven
Über die Grundbildung hinaus können sich MPAs durch entsprechende Weiterbildungen weiter qualifizieren und dann zusätzliche Aufgaben mit mehr (Eigen-)Verantwortung übernehmen. Entsprechende Kurse und Angebote gibt es von Berufsverbänden, Berufsfachschulen, höheren Fachschulen oder Fachhochschulen.
Naheliegende Zusatzqualifikation sind die Weiterbildung zum/zur:
- MPA Berufsbilder/in: damit kann die Berechtigung zur Anlernung von Auszubildenden in einer Lehrpraxis erworben werden. Entsprechende Kurse werden von jedem kantonalen Bildungsdepartement angeboten;
- Medizinischen Praxiskoordinator/in klinischer Richtung: unterstützen in einem erweiterten Handlungsrahmen die medizinische sowie pflegerische Betreuung und Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen. Dazu gehört auch die Abklärung damit in Zusammenhang stehender administrativer Fragen. Mögliche Arbeitsfelder: neben Arztpraxen und Ambulatorien auch Leitungsfunktionen im Case-Management (bei Krankenkassen, Versicherungen);
- Medizinischen Praxiskoordinator/in praxisleitender Richtung: diese Weiterbildung richtet sich mehr auf die Entwicklung der Managementkompetenz. Zielrichtung: Personalführung und Personal-Management, Einkommens-Management, Praxismarketing, Qualitätssicherung. Arbeitsfelder sind Praxen und Ambulatorien mit grösseren MPA-Teams, ggf. auch Leitungsfunktionen im Case-Management (bei Krankenkassen, Versicherungen).
Weitere mögliche Zusatzqualifikationen sind:
- Abschlüsse mit höherer Fachprüfung bzw. mit Besuch einer höheren Fachschule: u.a. die Ausbildung zum dipl. Krankenversicherungs-Experte/-Expertin oder dipl. Experte/Expertin Gesundheitsinstitutionen; dipl. Pflegefachmann/-frau HF, dipl. Radiologiefachmann/-frau HF, dipl. Biomedizinische/r Analytiker/in HF oder dipl. Aktivierungsfachmann/-frau HF;
- bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen Studium an einer Fachhochschule mit Bachelor-Abschluss (Bachelor of Science). Mögliche Studiengänge: Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie.
Die Berufschancen von MPAs sind bestens. Bei einer alternden Gesellschaft wie der schweizerischen wird der Bedarf an medizinischer Versorgung eher grösser als kleiner. Medizinische Praxisassistenten/innen leisten hierzu einen wichtigen Beitrag und sind gesucht.
Häufige Fragen
- Was ist ein/e Medizinische/r Praxisassistent/in?
- Welche Tätigkeiten führt ein/e Medizinische/r Praxisassistent/in aus?
- Wie wird man Medizinische/r Praxisassistent/in?
- Was verdient man als Medizinische/r Praxisassistent/in?
Ein/e medizinische/r Praxisassistent/in (kurz MPA) sorgt für den reibungslosen Praxisbetrieb. Es geht um medizinische Assistenz, aber auch um Praxis-Organisation.
Der Arbeitsort des/r medizinischen Praxisassistenten/in ist die Arztpraxis (Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen). Ihre Tätigkeit hat zwei Schwerpunkte: administrative Aufgaben und medizinische Assistenz.
Um als Medizinische/r Praxisassistent/in zu arbeiten, muss eine Ausbildung absolviert werden. Sie dauert 3 Jahre und endet mit dem Titel „Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ“.
Das MPA-Gehalt ist Verhandlungssache. Als Richtwert kann man annehmen, dass das Gehalt etwa CHF 4‘100 bei 13 Monatsgehältern und einer 42-Stunden-Woche liegt.