Das von der Bauchspeicheldrüse gebildete Hormon Insulin stellt die permanente Versorgung der Körperzellen mit Glukose (Zucker) sicher und unterhält den Energiestoffwechsel des Körpers. Im folgenden Artikel werden die Insulinproduktion und die Entstehung von Insulinresistenz und Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit, erläutert.
Was ist Insulin?
Insulin ist ein anaboles Hormon, das in den Beta-Zellen (β-Zellen) der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert und gespeichert wird. Diese Zellen machen etwa zwei Drittel der sogenannten Langerhans-Inseln aus, die als endokriner (innere Drüsen umfassender) Anteil der Bauchspeicheldrüse zudem weitere Botenstoffe wie das Glucagon, den Gegenspieler des Insulins, produzieren.
Inhaltsverzeichnis
Dabei dient Insulin der Aufnahme von Glukose in die Zellen und der Schaffung von Energiereserven, allen voran im Leber-, Muskel- und Fettgewebe, aber auch in nahezu allen anderen Geweben des Körpers mit Ausnahme der Nieren, Darmzellen und roten Blutkörperchen.
Da der Blutzuckerspiegel immer um einen basalen Wert von etwa 4 mmol/l (umgerechnet etwa 72 mg/dl) schwankt, besteht stets eine etwa gleichbleibende Grundproduktion des Insulin-Vorläuferstoffs Präproinsulin, der bedarfsabhängig zu aktivem Insulin umgebaut wird. Hierbei wird eine Aminosäurenkette, das C-Peptid, abgespalten, dessen Blutspiegel Aufschluss über die Insulinproduktion der Bauspeicheldrüse liefert. Bei akuter Zuckeraufnahme werden Hormone im Magen-Darm-Trakt, die Inkretine, freigesetzt und lösen eine Mehrproduktion von Insulin aus, die bereits 30 Minuten nach der Mahlzeit ihren Spitzenwert erreicht.
Insulin – Wirkung und Funktion
An Muskel- und Fettzellen bewirkt der Anstieg des Insulinspiegels den sofortigen Einbau von im Zellinneren bereitliegenden Glukosetransportern (GLUT4) in die Zellwände. Hierdurch wird die Glukoseaufnahme in die Zelle ermöglicht. Die Leber wiederum besitzt einen anderen Transporter, GLUT2, der unabhängig vom aktuellen Glukosespiegel permanent zur Verfügung steht und die Glukoseaufnahme abhängig von der vorhandenen Zuckermenge im Blut steuert.
In der Zelle wird die Glykolyse angestoßen, der Abbau des aufgenommenen Zuckers, durch den Energie für den Zellstoffwechsel erzeugt wird. Gleichzeitig produzieren Leber- und Muskelgewebe Glycogen, einen Speicherzucker, der als Reserve für Zeiten eines erhöhten Energiebedarfs der Zellen eingespeichert wird. Parallel wird die Glykogenolyse, also der Abbau des Speicherzuckers, gehemmt.
Gleichzeitig regt Insulin an Fettzellen und im Lebergewebe die Bildung von Fettsäuren (Triacylglycerinen) aus dem aufgenommenen Zucker und deren anschließende Speicherung an. In Muskelzellen steigert Insulin die Aufnahme von Aminosäuren und die Proteinbiosynthese.
Nach der Nahrungsaufnahme hemmt Insulin die Freisetzung appetitanregender Botenstoffe im Gehirn und fördert die Ausschüttung appetitzügelnder Neuropeptide.
Wann wird Insulin verabreicht?
Diabetes beruht auf Insulinmangelzuständen. Dabei fehlt bei Diabetes mellitus Typ 1 das Hormon vollständig aufgrund einer autoimmunen Zerstörung der Betazellen. Auch Verletzungen oder Operationen der Bauchspeicheldrüse lösen einen (in diesem Falle „pankreopriven“) Diabetes mellitus aus.
Im Gegensatz hierzu besteht bei Diabetes mellitus Typ 2 eine Insulinresistenz. Deren Entwicklung ist noch nicht eindeutig geklärt. Es wird vermutet, dass insbesondere bei Übergewicht vermehrt freie Fettsäuren im Blut zirkulieren, welche die Glukoseaufnahme in die Muskelzellen und die Wirkung des Insulins auf Leberzellen stören. Letztere können den erhöhten Blutzucker nicht verwerten und produzieren ihrerseits noch mehr Zucker aus den Reserven. Mit der Insulinresistenz beginnt somit ein Teufelskreis, der allerdings durch Gewichtsabnahme, Ernährungsumstellung und Sport durchbrochen werden kann.
Insulinarten
In der Diabetes-Therapie wird die Insulindosis in Internationalen Einheiten (i.E.) angegeben. Dabei senkt eine Einheit Insulin den Blutzucker bei Ausgangswerten unter 300 mg/dl um etwa 40-50 mg/dl (entsprechend 2,2 mmol/l), bei Werten größer 300 mg/dl sinkt der Effekt ab auf etwa 30 mg/dl. Je nach Krankheitsbild werden zur Insulin-Therapie verschiedene Insulinpräparate angewendet.
Schnell wirkende Insuline
Diese werden aufgrund ihrer binnen 10-30 Minuten einsetzenden Effekte zu den Mahlzeiten verabreicht und fangen die entstehende Blutzuckerspitze auf. Bei schwer verdaulicher Nahrung besteht hierbei das Risiko, dass die Insulineffekte schon vor Ende der Mahlzeit nachlassen. Die schnell wirkenden Insuline erreichen eine Wirkungsdauer von etwa drei Stunden, Normalinsulin (früher „Altinsulin“) bis zu fünf Stunden.
Lang wirkende Insuline
Ihre Effekte setzen etwa eine Stunde nach der Verabreichung ein und bestehen je nach Substanz über einen halben bis ganzen Tag. Sie werden entsprechend einmal oder zweimal binnen 24 Stunden verabreicht und wahlweise mit oralen Antidiabetika oder kurz wirksamen Insulinen kombiniert.
Mischinsuline
Mischinsuline setzen sich zusammen aus einem basalen, lang wirksamen Insulin und einem kurz wirksamen Wirkstoff wie dem Normalinsulin. Dabei wird oft ein Verhältniswert angegeben (beispielsweise 30/70 entsprechend 30 Prozent kurz- und 70 Prozent langwirksamem Insulin).
Insulintherapie bei Diabetes
Bei einer Diabetes-Erkrankung, die nicht ausreichend durch Lebensstil-Anpassung und Medikamente kontrollierbar ist, kommt letztlich die Insulin-Therapie zum Einsatz. Diese kann auf verschiedene Art und Weise gestaltet werden.
Konventionelle Insulintherapie (CT)
Hierbei wird eine feste Gabe von Kombinationsinsulinen, aufgeteilt zu etwa zwei Dritteln des Tagesgesamtbedarfs morgens und einem Drittel am Abend, durchgeführt und gegebenenfalls um die Gabe eines Normalinsulins am Mittag ergänzt. Da sich die Behandlung nur grob an Bedarf und Ernährung orientiert, ist nur eine mäßige Blutzuckerkontrolle möglich bei gleichzeitig erhöhtem Risiko einer Unterzuckerung zwischen den Mahlzeiten. Allerdings ist diese Behandlung leicht durchführbar.
Intensivierte Therapie
Diese besteht aus einer Basistherapie und einer bedarfsadaptierten Bolusgabe. Letztere wird anhand regelmäßiger Blutzuckerselbstmessung und nahrungsabhängig berechnet. Alternativ ist eine kontinuierliche Glukosemessung über einen implantierten Sensor möglich. Dabei werden morgens zwei Einheiten Insulin pro verzehrter Kohlenhydrateinheit (KE) verabreicht, abends 1,5 Einheiten und mittags entspricht die Zahl der Insulineinheiten den KE.
Bei der Pumpentherapie, die nur mit kurzwirksamem Normalinsulin erfolgt, kann sowohl ein open-loop-System verwendet werden, bei welchem der Pumpe sowohl die Basalinsulinabgabe als auch die Boli vorgegeben werden, als auch ein hybrid-closed-loop-System, bei welchem das Gerät selbst die Insulingabe anhand eigener Messung vorschlägt. Vollautomatische closed-loop-Systeme werden derzeit entwickelt.
Vorteile der Intensivierten Therapie sind eine stoffwechseloptimierte, meist geringere Insulingabe und ein niedrigeres Hypoglykämierisiko.
Inkretinanaloga und DPP-4-Hemmer
Die Freisetzung von Insulin wird unter anderem angeregt durch Inkretine (Hormone des Magen-Darm-Traktes), die bei Zuckeraufnahme ansteigen. Zu ihnen zählt GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) und sein Gegenspieler, die Dipeptidyl-Peptidase-4. Bei Insulinmangel oder Insulinresistenz kann die Gabe eines GLP-1-Analogons als Depotspritze unter die Haut erfolgen, das die GLP-1-Wirkung imitiert, oder alternativ die Einnahme eines DPP-4-Hemmstoffs („Gliptine“). Es handelt sich somit nicht um klassische Insulintherapien, auch die Intervalle der Verabreichung sind beispielsweise mit einer Woche deutlich länger als bei Insulingaben.
Insulin spritzen – So geht es richtig
Insulin wird meist subcutan, also unter die oberste Hautschicht, in die Bauchdecke oder den Oberschenkel gespritzt. Die Stelle sollte stets gewechselt werden, um einem insulinbedingten lokalen Abbau des Unterhautfettgewebes entgegenzuwirken.
Der Ablauf dabei ist folgender:
- Ggf. Blutzuckerbestimmung, hiernach Berechnung der benötigten Insulin-Einheiten und Einstellung des Insulinpens (Spritzinstrument)
- Bei sogenannten trüben NPH-Langzeit-Insulinen: 20-mal schwenken, um das Präparat zu durchmischen
- Auswahl einer sauberen, neuen Hautstelle (Desinfektion nicht erforderlich)
- Greifen einer Hautfalte, anschließend Einstich der Nadel in diese und langsame Verabreichung des Insulins
- Nadel herausziehen und verwerfen, Hautstelle ggf. kurz mit Tupfer trocknen
Insulin – Nebenwirkungen
Neben dem Risiko einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) bei zu hoher Insulindosis oder falscher Bedarfsberechnung hat Insulin eine anabole, Reserven aufbauende Wirkung und kann somit zur Gewichtszunahme führen.
Häufige Fragen
- Was macht Insulin im Körper?
- Wo wird Insulin gebildet?
- Wie hoch ist der normale Insulinspiegel?
- Was tun, wenn Insulin nicht wirkt?
- Kann man mit Insulin abnehmen?
Insulin steigert die Aufnahme von Zucker in die Gewebe und löst die Bildung von Energiespeichern in Form von Speicherzuckern und Fettsäuren aus. Weiterhin fördert es den Proteinstoffwechsel der Muskelzellen.
Insulin wird in den Beta-Zellen der Langerhans-Inselgruppen innerhalb der Bauchspeicheldrüse produziert und gespeichert.
Die reguläre Insulinkonzentration im Blut beträgt 0,4-4 ng/ml abhängig vom Zeitpunkt und der Zusammenstellung der letzten Mahlzeit.
Zunächst muss die richtige, gekühlte Lagerung des Insulins überprüft werden (auch das falsche Fach im Kühlschrank kann bereits der Grund eines Wirkstoffverlustes sein). Weiterhin sollte die Injektionsstelle stets gewechselt werden. Insulin-Sensitizer, etwa das Medikament Metformin, können bei Kombinationstherapie die Empfindlichkeit der Zellen für Insulin steigern.
Als anaboles Hormon löst Insulin die Schaffung von Energiereserven und eine Gewichtszunahme aus. Dagegen wurden kürzlich GLP-1-Agonisten zur Gewichtsreduktion zugelassen. Sie bewirken dies nicht über die Steigerung des Insulinspiegels, sondern über eine appetitzügelnde Wirkung und die Verlangsamung der Magenentleerung. Aufgrund von Nebenwirkungen, Medikamentenengpässen und der Notwendigkeit einer dauerhaften (lebenslangen) Anwendung wird ihr Einsatz teils kritisch bewertet.
- Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold Verlag, 2019
- Heinrich, P. C. , Müller, M., Graeve, L.: Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie, Springer Medizin Verlag, 10. Auflage, 2022