Das elektronische Patientendossier (EPD) hat sich noch nicht so weit verbreitet, wie geplant. Der Bund plant daher Nachbesserungen und möchte die Betreibergesellschaften zumindest zeitweise finanziell unterstützen. Derweil kritisieren die kantonalen Gesundheitsdirektoren das dezentrale Modell, das sich ihrer Ansicht nach nicht bewährt hat. Sie fordern eine einheitliche Steuerung und Finanzierung.
EPD: Verbreitung verläuft bislang schleppend
Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier ist 2017 in Kraft getreten. Spitäler hatten bis 2020 Zeit, sich einer zertifizierten Betreibergesellschaft, den sogenannten Stammgemeinschaften, anzuschliessen. Für Geburtshäuser, Pflegeheime, Rehabilitationskliniken, Akutspitäler und psychiatrische Kliniken bestand eine Übergangsphase bis 2022. Für Ärzte/-innen, die ab dem 1. Januar 2022 eine Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) aufgenommen haben, gilt ebenfalls die Pflicht zum Anschluss an eine Stammgemeinschaft. Für andere ambulant tätige Gesundheitsfachpersonen ist die Teilnahme am elektronischen Patientendossier freiwillig.
Das elektronische Patientendossier dient als Ablagesystem für behandlungsrelevante Informationen. Alle in der Schweiz wohnhaften Personen, die obligatorisch krankenversichert sind, sollen automatisch und kostenlos ein solches Dossier eröffnen können. Anschließend entscheiden Patienten/-innen selbst, ob sie das Dossier nutzen möchten und welche Dokumente gespeichert werden sollen. Zu den hinterlegten Informationen können etwa Medikamentationslisten gehören, Röntgenbefunde, der Impfausweis oder Austrittsberichte aus dem Spital. Wer die Nutzung des Dossiers grundsätzlich ablehnt, kann beim jeweiligen Kanton Widerspruch gegen die Eröffnung einlegen.
Bund plant Finanzhilfe für Betreiber
Nach Ansicht des Bundesrates wird es noch einige Jahre dauern, bis das elektronische Patientendossier auf den richtigen gesetzlichen Grundlagen ruht. Noch bestehen zahlreiche Unklarheiten, zum Beispiel bei der Verantwortlichkeit und bei der Verteilung der Kosten. Dennoch soll es sich bereits weiter verbreiten. Der Bundesrat plant daher eine Revision des 2017 eingeführten Gesetzes. Zum einen sollen die Verantwortlichkeiten klarer verteilt werden. Der Bundesrat soll demnach für die Weiterentwicklung des Dossiers zuständig sein, während die Kantone für die Finanzierung mindestens einer Stammgemeinschaft auf ihrem Gebiet sicherstellen.
Um der Verbreitung des Dossiers Vorschub zu leisten, möchte der Bund zudem die Stammgemeinschaften über einen befristeten Zeitraum hinweg finanziell zu unterstützen. Pro eröffnetem elektronischem Patientendossier sollen die Stammgemeinschaften bis zu 30 Schweizer Franken vom Bund erhalten. Die Bedingungen: Die Kantone müssen sich bereit erklären, mindestens ebenso viel beizusteuern. Sofern das Parlament dieses Vorhaben genehmigt, soll es ab Ende nächsten Jahres in Kraft treten.
Kantonale Gesundheitsdirektoren: Dezentraler Weg hat sich nicht bewährt
Bislang gilt für das elektronische Patientendossier eine dezentrale Architektur: Kopien der hinterlegten Informationen werden von den einzelnen Stammgemeinschaften in dezentralen Ablageorten gespeichert. Bei Abruf werden die einzelnen Dokumente dann zu einem Dossier zusammengeführt. Die Datenspeicherung erfolgt verschlüsselt, ein Abruf ist ausschliesslich durch die Patienten/-innen und berechtigte Gesundheitsfachpersonen möglich. Ein Zertifizierungsverfahren und regelmässige Kontrollen sollen einen ausreichenden Datenschutz sicherstellen.
Die kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) üben allerdings Kritik an diesem dezentralen Modell. Ihrer Ansicht nach hat sich dieser Weg nicht bewährt. Sie fordern daher, das elektronische Patientendossier zentral und einheitlich zu steuern. Zu diesem Zweck sollen sich die acht bestehenden Stammgemeinschaften zu einer einzigen Betreibergesellschaft zusammenschliessen. Auch die Finanzierung soll zentralisiert werden. Für den Betrieb könnten kantonale oder regionale Vollzugsstellen eingerichtet werden.
Den GDK zufolge biete die vom Bundesrat geplante Gesetzesrevision eine gute Gelegenheit, auch diesen Punkt zu überarbeiten. Hält der Bund am dezentralen Modell fest, sollten zumindest die Aufgaben und Kompetenzen der einzelnen Akteure klarer benannt werden. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Aufgabenverteilung, die den Bundesrat als verantwortlich für die Entwicklung des Dossiers ansieht und den Kantonen die Verantwortung für die Finanzierung überträgt, erschwert aus Sicht der GDK eine klare Aufgabenverteilung. So sei zum Beispiel nicht definiert, wer Entscheidung über die Weiterentwicklung des EPD trifft.