Am 24. Januar 2024 hat die Universität Bern den aktuellen Spitalpflegereport Schweiz vorgestellt. Wie die Umfrage unter mehr als 3’400 Pflegefachpersonen an Schweizerischen Spitälern und Spitalgruppen zeigt, haben Zeitdruck, Erschöpfung und Stress seit der Hochphase der Covid-19-Pandemie abgenommen, die Arbeitsbelastung ist aber weiter gestiegen. Gleiches gilt für die Zahl der im Jahr 2023 absolvierten Überstunden.
Höhere Arbeitsbelastung trotz sinkenden Zeitdrucks
Der Spitalpflegereport Schweiz wird seit 2019 vom Institut für Unternehmensrechnung und Controlling (IUC) an der Universität Bern herausgegeben. An der aktuellen Erhebung nahmen 3’438 Pflegefachpersonen aus 22 Spitälern und Spitalgruppen teil. Die Ergebnisse geben einen Einblick in die Arbeitsrealität nach der Covid-19-Pandemie und zeigen deren Nachwirkungen auf.
Der Anteil der Befragten, die emotionale Erschöpfung verspüren, hat 2023 im Vergleich zu den Hochphasen der Covid-19-Pandemie um 6.5 Prozent abgenommen. Auch der Zeitdruck hat sich reduziert (-2.3 Prozent) und die Stressbelastung wird als etwas geringer eingeschätzt. Das Engagement für Patienten hat sich von 2019 bis 2023 kaum verändert und blieb auch während der pandemiebedingten Belastungen auf einem hohen Niveau.
Trotz dieser Ergebnisse macht dem Pflegepersonal nach wie vor eine hohe Arbeitsbelastung zu schaffen. Diese schätzen die Befragten im Jahr 2023 sogar noch hoher ein als in den Vorjahren. Ursachen dafür sind eine zunehmende Zahl an Überstunden sowie Personalwechsel in der Abteilung, Umstrukturierungen am Arbeitsplatz und der verstärkte Einsatz von Temporärpersonal statt Festangestellten. Letztere sollen das fest angestellte Personal zwar eigentlich während Belastungsspitzen unterstützen, wie die Umfrage zeigt, ist aber häufig genau das Gegenteil der Fall und die Belastung für das Festpersonal erhöht sich.
Arbeitszufriedenheit ist wieder gestiegen
Trotz der hohen Arbeitsbelastung nimmt die Zufriedenheit der Pflegekräfte mit ihrer Arbeit wieder zu und befindet sich 2023 fast auf dem Niveau wie vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Positiv wirken sich vor allem eine gute Teamkultur, ausgebaute Weiterbildungsangebote, die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, und der Ausbau der Digitalisierung aus. Die Zufriedenheit mit der Bezahlung hat dagegen im Vergleich zur 2. und 3. sowie 4. und 5. Covid-Welle nur leicht zugenommen und liegt noch immer 14 Prozentpunkte unter dem Stand vor der Pandemie.
82.2 Prozent der Befragten halten es für wahrscheinlich, auch in zwei Jahren noch in ihrem Beruf zu arbeiten. Das sind 2.2 Prozent mehr als während der 2. und 3. Covid-Welle, im Vergleich zur 4. und 5. Covid-Welle ist dieser Wert aber leicht zurückgegangen (-0.3 Prozent). Im Durchschnitt liegt der Wert weiterhin rund 5 Prozent unter den Werten vor der Pandemie. Damals gaben 87.7 Prozent der Befragten an, ihren Beruf wahrscheinlich auch in zwei Jahren noch auszuüben.
Verbesserungen bei der Umsetzung der Pflegeinitiative und Digitalisierung gewünscht
Der Spitalpflegereport Schweiz geht auch darauf ein, in welchen Bereichen das Pflegepersonal Verbesserungspotenzial sieht. Vor allem in kleinen Spitälern wünschen sich die Beschäftigten eine bessere Umsetzung der Pflegeinitiative. Die Pflegeinitiative sieht unter anderem eine Ausweitung der Aus- und Weiterbildungsplätze vor, genauso wie eine bessere Schichtplanung. 60 Prozent der Befragten sagen aus, dass sich ihr Spital noch nicht aktiv an der Umsetzung beteilige, 70 Prozent halten Fortschritte bei der Umsetzung für noch nicht sichtbar.
Weitere Verbesserungen wünschen sich die Teilnehmenden im Bereich Digitalisierung. Fast 90 Prozent berichten, dass ihr Spital ein digitales System zur Pflegedokumentation bereitstellt, die Nützlichkeit dieser Systeme wird aber nur als durchschnittlich eingeschätzt. Vor allem an der Benutzerfreundlichkeit gibt es Kritik. Im Durchschnitt geben die Befragten an, dass ihre Abteilungen erst 65 Prozent des digitalen Potenzials für die Bearbeitung alltäglicher Aufgaben ausschöpfen. Abteilungen mit einem höheren Digitalisierungsgrad erweisen sich dabei auch allgemein als innovativer.