Alle Versuche, den Numerus Clausus (NC) als Zulassungsverfahren für das Medizinstudium abzuschaffen, scheiterten in der Schweiz bislang am Widerstand der Politik. Nun könnte allerdings das Aus kommen: Am 11. März 2024 hat der Bundesrat eine Motion von Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit (VS), die sich für die Abschaffung des NCs ausspricht, mit 144 zu 43 Stimmen angenommen.
Mehr Studien- und Praktikumsplätze im Fach Medizin gefordert
Die Praxis, den Zugang zum Studium per Numerus Clausus zu beschränken, steht schon lange in der Kritik. Ein Gegenargument: Der Eignungstest verleitet junge Menschen dazu, entweder auf andere Berufsfelder auszuweichen oder ins Ausland abzuwandern. Rund 65 Prozent der Schweizer, die gerne Medizin studieren würden, erhalten nach FMH-Auswertungen keinen Studienplatz. Einige von ihnen gehen für das Studium nach Osteuropa. Gut 40 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die in der Schweiz praktizieren, haben ihr Studium im Ausland absolviert.
Wie die Ärztestatistik der FMH zeigt, nimmt die Zahl der berufstätigen Ärzte in der Schweiz zwar zu, mit einer aktuellen Ärztedichte von 4,6 Mediziner pro 1000 Einwohner, in der Grundversorgung kommen allerdings nur 0,8 Vollzeitstellen auf 1000 Einwohner.
Die kürzlich angenommene Motion sieht den Bund und die Kantone in der Pflicht, für mehr Ausbildungs- und Praktikumsplätze für angehende Ärzte zu sorgen. Die Abschaffung des NCs soll einen Beitrag dazu leisten. Das letzte Wort in dieser Frage liegt nun beim Ständerat.
FMH schlägt zweistufiges Aufnahmeverfahren vor
Die FMH hat sich bereits im Jahr 2017 gegen den Numerus Clausus als einziges Mittel der Zulassungsbeschränkung zum Medizinstudium ausgesprochen. In einer Stellungnahme heisst es, dass der NC zwar die kognitiven Leistungen überprüft, aber keine Aussagen über die Sozialkompetenz und die emotionale Intelligenz der Studienanwärter zulasse. Genau diese Fähigkeiten seien allerdings für die Berufstätigkeit wichtig.
Die FMH hat sich aus diesem Grund für ein zweistufiges Zulassungsverfahren ausgesprochen, das den NC mit weiteren Methoden kombiniert. So sollen Studienbewerber/innen zum Beispiel sogenannte situational Judgement Tests durchlaufen, in denen ihre soziale und situative Entscheidungsfindung überprüft wird, oder nach erfolgreich bestandenem NC an Mini-Interviews teilnehmen. Darüber hinaus seien die Weiterentwicklung von Praktika sowie eine weitere Selektion nach Ende des ersten Studienjahres zu prüfen.
FMH-Präsidentin Yvonne Gilli betont aber auch, dass sich durch veränderte Zulassungsverfahren allein der Hausärztemangel in der Schweiz noch nicht lösen lasse. Um dieses Problem anzugehen, würden mehr Master-Studienplätzen für angehende Mediziner/innen benötigt. Auch die FMH spricht sich daher dafür aus, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen und Ärzte wieder vermehrt in der Schweiz auszubilden.