Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaft (SAMW) fordert ein Bundesgesetz für die Gesundheit und einen dazugehörigen Verfassungsartikel. Dabei sollen politische Strukturen die ganzheitliche Gesundheit als Schnittstelle von Mensch, Tier und Umwelt verfolgen. Alles über den Vorschlag der Akademie und mögliche Bestandteile des Gesetzes in diesem Beitrag.
Bundesgesetz über die Gesundheit soll Maßnahmen einheitlich regeln
“Für eine grundlegende Veränderung brauchen wir ein neues Verständnis von Gesundheit und eine Klärung der Organisation und Steuerung des Systems”, erwähnt die Schweizer Akademie der Medizinischen Wissenschaft (SAMW) in einer Stellungnahme. Die Stellungnahme bezieht sich dabei auf eine Analyse zur Steuerung des Gesundheitssystems und der Relevanz eines Bundesgesetzes über die Gesundheit. Diese hatte die Akademie bei der Unisanté Universitätszentrums für Allgemeinmedizin und öffentliche Gesundheit in Lausanne in Auftrag gegeben. Sie wurde im Mai 2024 auf Deutsch veröffentlicht.
Bereits im Jahr 2022 hatte die SAMW die Erarbeitung eines Gesundheitsgesetzes auf Bundesebene vorgeschlagen. Dabei soll vor allem die Erschließung auf nationaler Ebene von Lösungen für Probleme des Gesundheitssystems erleichtert werden. So könnten wirksamere Kontrolle sowie vielfache Einsparungen erzielt werden. Zudem soll ein nationales Gesetz einer Ungleichbehandlung in der Bevölkerung entgegenwirken.
Kompetenzen liegen bisher bei den Kantonen
In der Schweiz werden Regelungen und Vorgehensweisen im Gesundheitsbereich aktuell meist auf kantonalen Ebenen ausgearbeitet. Wachsende Herausforderungen wie der Fachkräftemangel oder die Digitalisierung forderten aber laut SAMW vor allem Lösungen auf nationaler Ebene. Dafür soll ein Bundesgesetz über die Gesundheit her. Dieses solle die Kompetenzen der Kantonen nicht beschneiden, sondern deutlicher regeln, fordert die SAMW.
Gesundheit als ganzheitliches Konzept
Die SAMW empfiehlt, bei einem möglichen Gesetzesentwurf und einem ergänzenden Verfassungsartikel ein ganzheitliches Konzept der Gesundheit (One Health) zu berücksichtigen. Dazu zählten Luft- und Wasserqualität, sowie Biodiversität oder Lärmschutz.
Der eigens erstellte wissenschaftliche Bericht des Unisanté Universitätszentrums beschreibt zudem, dass die Gesundheitspolitik auf Bundesebene hauptsächlich über das Bundesgesetz über die Krankenversicherung geregelt wird – dies würde aber keine umfassende Gesundheitspolitik ermöglichen. Laut der Analyse sei das Schweizer Gesundheitssystem zwar leistungsstark, aber schlecht an zukünftige Herausforderungen angepasst. Als Gründe dafür führt Unisanté eine fragmentierte Sicht der Gesundheit, zu komplexe Steuerungsmechanismen und nicht klar geregelte Verantwortungsbereiche an.
So könnte ein Verfassungsartikel aussehen
Die SAMW hat, aufbauend auf die Unisanté-Analyse, einen Entwurf ausgearbeitet, wie ein möglicher Verfassungsartikel über die Gesundheit aussehen könnte. Demnach könnte sich ein Artikel 116a zur Gesundheitspolitik auf Bundesebene wie folgt gestalten:
- Bund und Kantone anerkennen die wechselseitige Abhängigkeit der Gesundheit von
Mensch, Tier und Umwelt und verpflichten sich, im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen
die Gesundheit auf Basis eines integrierten Ansatzes zu fördern. - Der Bund legt die Grundsätze der Gesundheitspolitik fest und koordiniert die Bemühungen
der Kantone. Ziel ist es, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern, um einen hohen
Gesundheitsschutz für alle zu gewährleisten. - Der Bund fördert ein gerechtes, nachhaltiges und effizientes Gesundheitssystem. Er regelt das Sammeln und die Nutzung von Daten zur Steuerung des Gesundheitssystems.
Bundesgesetz über die Gesundheit – Parteien sollen Diskussion eröffnen
Der Entwurf der SAMW soll eine politische Diskussion anregen. Dabei sind vor allem die Parteien gefragt, Möglichkeiten und Konzepte zu diskutieren und politische Vorstöße zu ermöglichen. So könnten Aufgaben wie die Grundversorgung, Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor, die Gestaltung der Tarifverträge wie auch die öffentliche Gesundheitskompetenz künftig auf Bundesebene einheitlich geregelt werden.
Spitalverband H+ äußert sich positiv
Der Spitalverband H+ unterstützt die aktuellen Forderungen der Schweizer Akademie. Direktorin Geneviève Bütikofer äußerte sich dazu in einer Pressemitteilung: “Mit einem nationalen Gesetz erhält die Gesundheit die nötige Wichtigkeit – und es wird die Möglichkeit geschaffen, gemeinsam kompromissfähige Lösungen für ein hochstehendes Gesundheitswesen der Zukunft zu finden.” Dazu gehöre laut Bütikofer eine transparente Finanzierung der gesundheitlichen Aufgaben, welche nicht durch das KVG abgedeckt seien.