Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in der Schweiz nehmen zwar seit mehreren Jahren ab, sind aber immer noch hoch. Das zeigt die Schweizer Lohnstrukturerhebung für das Jahr 2022 Vor allem die Löhne im Gesundheitswesen sind zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt.
Unterschiedliche Löhne im Gesundheitswesen
Im Gesundheitsbereich werden weibliche und männliche Angestellte weiterhin unterschiedlich bezahlt, wie die Erhebung des Bundesamts für Statistik zeigt. Dort verdienen Frauen der Statistik zufolge 13 Prozent weniger als Männer. So sahen die durchschnittlichen Monatslöhne von Männern gegenüber Frauen im Gesundheitsbereich im Jahr 2022 aus:
Im zehnjährigen Vergleich hat sich in diesem Bereich wenig in Bezug auf die Lohnangleichung getan. Im Jahr 2012 verdienten Frauen in Gesundheits- und Sozialberufen im Schnitt 6’018 Franken pro Monat, während der Monatslohn von Männern bei durchschnittlich 7’118 Franken lag. Hier lag das Lohngefälle bei rund 18 Prozent. Die Erhebung deutet an, dass eine Angleichung der Löhne im Gesundheitswesen nach dem aktuellen Tempo etwa 26 weitere Jahre dauern würde.
Ungleiche Löhne im Gesundheitswesen: Assistenzberufe stark betroffen
Die Erhebung des Statistik-Bundesamtes zeigt darüber hinaus verschieden starke Ausprägungen der Ungleichheiten bei Löhnen im Gesundheitswesen. In Assistenzberufen verdienten Frauen 2022 immer noch 12,2 Prozent weniger als Männer in der gleichen Position. Bei medizinischen Spezialisten lag der Unterschied der Löhne im Gesundheitswesen zwischen Männern und Frauen bei 11 Prozent.
Bei Angestellten im Gesundheitsbereich im Alter von über 50 Jahren ist eine noch größere Kluft zu verzeichnen. Männliche Spezialisten verdienten hier 2022 12,7 Prozent mehr. In Assistenzberufen lagen die Lohnunterschiede bei 14,3 Prozent.
Männer in Führungspositionen verdienen mehr
Die Erhebung des Bundesstatistikamtes zeigt, dass das Lohngefälle auf dem Arbeitsmarkt vor allem in höheren hierarchischen Positionen stark ansteigt. Dieses betrug im Jahr 2022 bei Stellen mit hohem Verantwortungsniveau 14,7 Prozent. Frauen bekamen hier 9’565 Franken brutto pro Monat, während Männer auf derselben Stufe 11’212 Franken verdienten. In niedrigeren Positionen zeigt die Erhebung für das Jahr 2022 ein Lohngefälle von 5,7 Prozent.
Nicht nur, verdienen Frauen in Führungspositionen weniger, sie erhalten auch seltener einen solchen Posten, wie die Statistik zeigt. 62,1 Prozent der Stellen mit einem Bruttolohn von weniger als 4’500 Franken waren zum Zeitpunkt der Erhebung von Frauen besetzt. Im Kontrast dazu waren 75,4 Prozent der Stellen mit einem monatlichen Bruttolohn von über 16’000 Franken von Männern besetzt.
Weibliche Chefärzte
Laut einer Untersuchung des Berufsverbandes Schweizer Ärzte befanden sich im Jahr 2022 nur 15,3 Prozent Frauen auf einem Chefarztposten. Demnach werden Führungsqualitäten bei weiblichen Ärztinnen deutlich weniger anerkannt als bei ihren männlichen Kollegen.
Lohngefälle wird langsam kleiner
Das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern auf dem Schweizer Arbeitsmarkt sinkt seit einigen Jahren, lag im Jahr 2022 aber immer noch bei 9,5 Prozent. Im Vergleich dazu betrug das Gefälle im Jahr 2020 10,8 Prozent und 2018 noch 11,5 Prozent.
Die Erhebung des Bundesamtes für Statistik zeigt mit Blick auf die Löhne im Gesundheitswesen speziell, dass das Lohngefälle hier gerade bei Berufseinsteigern schwächer wird. Hier verdienen männliche Spezialisten nur noch 3 Prozent und Männer in Assistenzberufen 3,6 Prozent mehr als ihre weiblichen Kollegen. 2012 Lag der Lohnunterschied in medizinischen Assistenzberufen noch bei 11 Prozent. Ein Grund für die Entwicklung könnte sein, dass junge Menschen eine ungleiche Bezahlung immer weniger akzeptieren.
Gefälle bei Löhnen im Gesundheitswesen – Gründe
Die Unterschiede in Löhnen im Gesundheitswesen lassen sich laut dem Schweizer Bundesamt für Statistik zum Teil durch verschiedene Qualifikationen und Verantwortungsbereiche erklären. Laut dem Berufsverband der Schweizer Ärzte (FMH) erhalten angestellte Ärztinnen weniger Zugang zu Ressourcen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch durch Ungleichheiten in der Patientenzuweisung oder Operationszeiten sowie dem Patienten-Case-Mix verdienen Medizinerinnen demnach weniger als ihre männlichen Kollegen, wie eine Analyse des FMH von 2022 zeigt. Demnach werden Frauen im medizinischen Bereich auch weniger schnell befördert und haben bei gleicher Produktivität geringere Karrierechancen als Männer.
Auch selbstständige Ärztinnen verdienen in der Schweiz weniger als männliche Ärzte, wie eine Analyse des Statistischen Bundesamtes von 2019 zeigt. Die Gründe sind hier nicht ausreichend geklärt. Laut dem FMH lassen sich 8 Prozent der Lohnunterschiede in der Schweiz zwischen Männern und Frauen gar nicht begründen.
Fazit und mögliche Lösungen
Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in der Schweiz immer noch hoch – vor allem im Gesundheitswesen. Ohne konkrete Lösungsvorschläge dauert eine Angleichung des Verdienstes bis zu 26 Jahre. Die FMH schlägt deshalb vor, Gründe für die Ungleichheiten stärker zu analysieren und ihnen entsprechend entgegenzuwirken. Für Spitäler und Praxen bedeutet das etwa, Arbeitsmodelle anzupassen und Karrieremöglichkeiten von Frauen aktiv zu verbessern.
Auch eine angemessene Entlohnung in Branchen, in denen überwiegend weibliche Ärztinnen tätig sind, hält die Ärztevereinigung für sinnvoll. Zudem sollen Frauen in Entscheidungsgremien stärker einbezogen werden. Auch Richtlinien und Kurse zur geschlechterunabhängigen Evaluation von ärztlichen Fähigkeiten könnten demnach helfen, die Lohnungleichheiten im Gesundheitsbereich auszuhebeln.