Als Präventivmediziner befasst sich der Facharzt Arbeitsmedizin mit der Wechselwirkung zwischen den Anforderungen und Belastungen der Arbeit und ihren gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen. Im Vordergrund stehen neben der Prävention von Unfällen und körperlichen, psychischen und sozialen Erkrankungen die berufliche Rehabilitation.
Inhaltsverzeichnis
Der Facharzt Arbeitsmedizin bewegt sich dabei ständig im Spannungsfeld zwischen medizinischer Ethik, Unternehmensanforderungen und Arbeitsrecht. Neben der optimalen Arbeitsplatzgestaltung gilt es durch regelmässige Gesundheitsberatung und Gesundheitsförderung der Mitarbeiter, Berufskrankheiten und berufsbedingte Erkrankungen zu vermeiden und damit einen wichtigen Beitrag für eine optimale Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Das Arztdiplom ist Voraussetzung, um eine Weiterbildung zum Facharzt Arbeitsmedizin zu beginnen.
Tätigkeiten Facharzt Arbeitsmedizin
Neben der Beratung und Unterstützung von Mitarbeitern und Führungskräften in allen Fragen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes ist für den Facharzt Arbeitsmedizin die Arbeitsplatzbeurteilung eine der wichtigsten Aufgaben. In deren Rahmen begeht und begutachtet er ganze Betriebsanlagen als auch Aufenthaltsräume oder sanitäre Anlagen. Im Zuge dessen spricht der Facharzt Arbeitsmedizin der Geschäftsführung Empfehlungen für Konzepte zur Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsschäden, Vorbeugung von berufsbedingten Krankheiten und Förderung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter aus.
Im Sinne von Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber identifiziert und definiert er gesundheitsbeeinflussende Indikatoren, die im Rahmen der Arbeitsplatzbeurteilung regelmässig geprüft und verbessert werden sollten.
Zu den Kompetenzen des Facharzt Arbeitsmedizin gehört auch die Integration von chronisch Kranken (z.B. Patienten mit Epilepsie oder Diabetes mellitus) und Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben und die Wiedereingliederung von Mitarbeitern nach längerer Krankheit. Auch die Beschaffung technischer Arbeitsmittel und Schutzkleidung, Arbeitszeitregelungen, Schulungen zu Gefahren am Arbeitsplatz und Massnahmen der Erste Hilfe im Betrieb liegen im Tätigkeitsbereich des Facharzt Arbeitsmedizin.
Hinzu kommen Einstellungsuntersuchung mit dem Ziel festzustellen, ob der zukünftige Mitarbeiter aus gesundheitlicher Sicht die Anforderungen der Arbeit bewältigen kann und Über- bzw. Fehlbelastungen vermeidet. Zur Früherkennung und Vorbeugung von Berufskrankheiten oder arbeitsbedingter Erkrankungen führt der Facharzt Arbeitsmedizin Vorsorgeuntersuchungen durch und bietet Sprechstunden für Mitarbeiter an, um arbeitsmedizinische Probleme wie Sehbeschwerden zu klären oder für Dienstreisen nötige Impfungen zu besprechen.
Ziele der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin
Die Weiterbildung zum Facharzt Arbeitsmedizin vermittelt die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten, arbeitsmedizinische Aufgaben eigenverantwortlich zu erfüllen. Das spezifische Wissen muss wirksam für den Gesundheitsschutz eingesetzt werden können.
Dauer und Gliederung der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin
Die Dauer der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin beträgt insgesamt fünf Jahre, die zu je fünfzig Prozent in fachspezifische und nicht-fachspezifische Weiterbildungszeit aufgeteilt sind. Die zweieinhalb Jahre der fachspezifischen Weiterbildung finden an Weiterbildungsstätten der Kategorie A oder B statt. Bis zu sechs Monate können als Praxisassistenz in anerkannten Arztpraxen angerechnet werden. Bis zu einem Jahr kann eine arbeitsmedizinische Forschungstätigkeit als Kategorie B auf Anfrage angerechnet werden.
Während der zweieinhalb Jahre nicht-fachspezifischer Weiterbildung lernt der angehende Facharzt Arbeitsmedizin ein Jahr im Bereich der Allgemeinen Innere Medizin an einer anerkannten Weiterbildungsstätte. Davon kann man maximal sechs Monate an einer anerkannten ambulanten Weiterbildungsstätte leisten. Weitere eineinhalb Jahre verbringt der Arbeitsmediziner an anerkannten Weiterbildungsstätten in einer oder mehreren der folgenden Disziplinen:
- Allgemeine Innere Medizin
- Anästhesiologie
- Chirurgie
- Dermatologie und Venerologie
- Intensivmedizin
- Kardiologie
- Neurologie
- Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
- Oto-Rhino-Laryngologie (HNO)
- Physikalische Medizin und Rehabilitation
- Pneumologie
- Psychiatrie und Psychotherapie
- Rechtsmedizin
- Rheumatologie
Eine Forschungstätigkeit oder die Teilnahme an einem MD-PhD-Programm kann im Rahmen dieser Disziplinen bis zu einem Jahr anerkannt werden, wenn nicht bereits ein Jahr arbeitsmedizinische Forschungstätigkeit im Bereich der Arbeitsmedizin anerkannt wurde. Ein eidgenössischer oder anerkannter ausländischer Facharzttitel ersetzt die gesamte nicht fachspezifische Weiterbildung.
Für die theoretische Weiterbildung muss ein von der Schweizer Gesellschaft für Arbeitsmedizin (SGARM) anerkannter arbeitsmedizinischer Kurs von mindestens 280 Stunden (oder neun Punkte nach dem European Credit Transfer System = ECTS) besucht werden bzw. mindestens 480 Stunden (sechzehn ETCS-Punkte), wenn weniger als ein Jahr der fachspezifischen Weiterbildung an Weiterbildungsstätten der Kategorie A absolviert wird. Wird der Kurs „Arbeit + Gesundheit“ (Fachrichtung Arbeitsmedizin) mit dem Erwerb des Diploms abgeschlossen, so gilt dies zusätzlich als sechsmonatige fachspezifische Weiterbildung. Der Erwerb eines Certificate of Advanced Studies wird als dreimonatige fachspezifische Weiterbildung angerechnet.
Ausländische Weiterbildung ist unter entsprechenden Voraussetzungen anrechenbar. Mindestens fünfzehn Monate der fachspezifischen Weiterbildung muss man an für Arbeitsmedizin anerkannten Weiterbildungsstätten in der Schweiz absolvieren. Die ganze Weiterbildung kann in Teilzeit (mindestens 50 Prozent) absolviert werden.
Inhalte der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin
Kenntnisse, die während der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin vermittelt werden, unterteilen sich in theoretische Kenntnisse und praktische Fähigkeiten.
Theoretischen Lerninhalte der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin
- Berufskrankheiten hinsichtlich aller Organsysteme inklusive Infektions- und Tropenkrankheiten und Vergiftungen
- diagnostischen Methoden, der Differenzialdiagnosen, der Ursachen, Entstehung und Verlauf von Krankheitsvorgängen und Funktionsstörungen und der arbeitsbedingten Ursachen von Berufskrankheiten
- Konzepte gesundheitsgefährdender Grenzwerte am Arbeitsplatz, deren Anwendung in arbeitsmedizinischen Zusammenhängen inklusive Bestimmung von Schadstoffen, ihrer Stoffwechselprodukte und deren im Organismus an Proteine oder an die DNA gebundenen Formen
- Schädliche physikalische, chemische und biologische Umstände an Arbeitsplätzen und deren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus, insbesondere gründliche Kenntnisse über krebserzeugenden und -fördernde Vorkommen in der Arbeitswelt
- arbeitsassoziierte Gesundheitsstörungen und beruflich bedingter Einflussfaktoren sowie ihre Abgrenzungen zu den Berufskrankheiten
- besondere Arbeitsformen (z.B. Schicht- und Nachtarbeit) und deren gesundheitliche Auswirkungen
- gesundheitlichen Bedürfnisse und regulatorische Anforderungen besonderer Berufsgruppen wie ältere Arbeitnehmer, Schwangere, Stillenden, Jugendliche und Behinderte
- psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz und deren gesundheitliche Folgen
- rechtliche Grundlagen und Normen zu Arbeit und Gesundheit sowie des Sozialversicherungssystems der Schweiz
- betriebliche Konzepte zur Organisation und Steuerung gesundheitlicher Fragestellungen in Unternehmen wie z.B. Betriebliches Gesundheitsmanagement
- medizinische Behandlungsmöglichkeiten
- analytische Verfahren zur Quantifizierung von gesundheitsbelastenden Aufkommen
- Persönliche Schutzausrüstung, deren Einsatzbereiche und korrekte Anwendung
- Grundkenntnisse der allgemeinen Toxikologie
Praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin
- Indikationsstellung für die Beratung des Arbeitgebers zur gezielten Hinzuziehung von Spezialisten der Arbeitssicherheit
- Diagnose von Berufskrankheiten und berufsassoziierter Gesundheitsstörungen unter Einbeziehung weiterer medizinischer Fachspezialisten
- Durchführung einer Gefahrenermittlung und Risikobeurteilung gemäss den normativen Vorgaben
- Durchführung und Interpretation von Lungenfunktionstest, Ruhe-EKG, Sehschärfenprüfung und Hörtest sowie korrektes Befunden von Thoraxröntgenbildern
- Medizinische Beratung zum Einsatz der persönlichen Schutzausrüstung
- Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen einschliesslich Beratungen
- Beratung von Jugendlichen, schwangeren und stillenden Arbeitnehmerinnen sowie von Schichtarbeitern bezüglich spezifischer Gesundheitsaspekte im Zusammenhang mit beruflichen Belastungen
- Unterstützung des Arbeitgebers bei der Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb und sichere Beherrschung von Reanimationsmassnahmen
- Arbeitsmedizinische Beratung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu Fragen der Reintegration von Arbeitnehmern
- Kommunikation zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz mit Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Behörden
Die Vermittlung der wichtigsten Lernziele der Weiterbildung Facharzt Arbeitsmedizin wird im Logbuch festgehalten.
Facharztprüfung Arbeitsmedizin
Zur Prüfung Facharzt Arbeitsmedizin wird nur zugelassen, wer über ein eidgenössisches oder anerkanntes ausländisches Arztdiplom verfügt. Die Prüfung ist mündlich und besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil analysiert der angehende Facharzt Arbeitsmedizin zwei reale Fällen aus der Arbeitsmedizin, welche er aus fünf von der Prüfungskommission vorbereiteten Dossiers auslost. Die Dauer dieses Teiles beträgt sechzig Minuten. Im zweiten Teil zieht der Kandidat aus einem Set von arbeitsmedizinischen Fragestellungen vier Fragen als Los heraus. Die Dauer dieses Teiles beträgt sechzig Minuten (fünfzehn Minuten pro Frage).
Die Prüfungen erfolgen nach Wunsch des Prüflings in deutscher, französischer oder italienischer Sprache. Beide Teile der Prüfung werden als „bestanden“ oder „nicht bestanden“ bewertet. Die Prüfung Facharzt Arbeitsmedizin gilt als bestanden, wenn beide Teile der Prüfung erfolgreich abgelegt werden.
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