Ähnlich wie ein Allgemeinmediziner ist der Facharzt Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrie) als Generalist zuständig für alle körperlichen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen. In diesem Falle sind seine Patienten in Spital oder Praxis Säuglinge, Kinder und Jugendlichen bis zum Abschluss der Adoleszenz. Das sich daraus ergebende breite klinische Spektrum reicht von der Vorsorge und Prävention über die Akut- und Notfallmedizin, Behandlung chronischer Krankheiten und Rehabilitation bis hin zur Palliativmedizin. Die erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen erlangt der Facharzt Kinder- und Jugendmedizin durch die Weiterbildung mit einer Dauer von sechzig Monaten. Das Arztdiplom ist Voraussetzung, um eine Weiterbildung zum Facharzt Arbeitsmedizin zu beginnen.
Inhaltsverzeichnis
Tätigkeiten Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
Das Spektrum der regelmässig zu behandelnden Erkrankungen eines Facharzt Kinder- und Jugendmedizin umfasst Krankheiten wie:
- Grippale Infekte
- Halsschmerzen
- Kopflausbefall
- Kinderkrankheiten wie Keuchhusten, Windpocken, Mumps oder Scharlach
- Drei-Tage-Fieber
- Adipositas
Untersuchungen, die ein Facharzt Kinder- und Jugendmedizin regelmässig durchführt, sind:
- Früherkennungsuntersuchungen
- Umfassende Impfberatung, Kontrolle der Abfolge und Durchführung vorgeschriebener Impfungen
- Kindergartenuntersuchung
- Sporttauglichkeitsuntersuchung
Neben Prävention, Erkennung, Behandlung und Nachsorge aller körperlichen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen von Säuglingen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen liegt die Entwicklungspädiatrie im Fokus des täglichen Schaffens:
- Entwicklungsstörungen bei spezifischen genetischen Erkrankungen (z.B. Trisomie 21)
- Entwicklungsstörungen bei neurologischen Erkrankungen (z.B. Epilepsien)
- Behaviorale Entwicklungssyndrome und Verhaltensstörungen (u.a. Autismus, ADHS, Schlafstörungen)
- Störungen der Sinnesorgane (z.B. Hör- oder Sehstörungen)
- motorische Entwicklungsstörungen oder Lernstörungen (z.B. Lese-Rechtschreib-Störung)
- Entwicklungsrisiken (z.B. nach Frühgeburtlichkeit)
Ziele der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
Der Facharzt Kinder- und Jugendmedizin muss die Fähigkeit erlagen, die Grundversorgung, Notfallbehandlungen und die fachärztliche Betreuung des Kindes und des Jugendlichen von der Geburt bis zum Ende der Adoleszenz zu gewährleisten. Dazu zählt u.a.:
- Beurteilung der körperlichen, sozialen, psychischen und intellektuellen Entwicklung
- Erkennung und Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten
- Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen und der Gesundheitsberatung und -vorsorge einschliesslich ihrer Bezugspersonen
- Vorsorgeuntersuchungen und Früherkennungsmassnahmen einschliesslich orientierender Hör- und Sehprüfungen
Neben Behandlungen von Erkrankungen unternimmt der Facharzt Kinder- und Jugendmedizin Massnahmen zur Gesundheitserhaltung, -förderung und Prävention sowie Rehabilitationsmassnahmen. Dabei muss er in der Lage sein, die familiären, sozialen und schulischen Faktoren zu berücksichtigen, um eine harmonische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Darüber hinaus muss der Facharzt Kinder- und Jugendmedizin anderen Ärzten beratend zur Seite stehen. In Zusammenarbeit mit Körperschaften des öffentlichen Gesundheitswesens muss er Massnahmen zur Förderung der öffentlichen Gesundheit ausarbeiten und anwenden können.
Dauer und Gliederung der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
Die Weiterbildungsdauer Facharzt Kinder- und Jugendmedizin beträgt fünf Jahre und besteht aus
3 Jahren Basisweiterbildung. Diese gliedert sich in:
-
- mindestens ein Jahr an anerkannten Weiterbildungsstätten für Praxispädiatrie inkl. pädiatrische Praxen
- Ein Jahr im Bereich Spitalpädiatrie oder pädiatrischer Schwerpunktgebiete an dafür anerkannten Weiterbildungsstätten:
- pädiatrische Endokrinologie-Diabetologie
- pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie
- Neonatologie
- pädiatrische Kardiologie
- pädiatrische Nephrologie
- Neuropädiatrie
- Pädiatrische Onkologie-Hämatologie
- Pädiatrische Pneumologie
- Entwicklungspädiatrie
- Pädiatrische Rheumatologie
- Kindernotfallmedizin
Drei bis maximal zwölf Monate müssen in der Neonatologie absolviert werden.
- Im dritten Jahr entweder Spitalpädiatrie, Neuropädiatrie (Nervenkrankheiten bei Kindern und Jugendlichen) oder eine der folgenden Optionen:
- Weiterbildung in einem Facharztgebiet (exklusive evtl. gewählter Schwerpunkte)
- Anrechnung von Forschung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin (inklusive evtl. gewählter Schwerpunkte) oder einem anderen Facharztgebiet oder Anrechnung eines MD-PhD-Programms.
2 Jahre Aufbauweiterbildung. Diese darf frühestens nach zwei Jahren Basisweiterbildung begonnen werden. Die Aufbauweiterbildung kann je nach persönlichen Zukunftsplänen als Curriculum Praxis- oder Spitalpädiatrie absolviert werden. Beide Curricula sind gleichwertig.
- Praxispädiatrie: Mindestens ein Jahr der Weiterbildung erfolgt an anerkannten Weiterbildungsstätten für Praxispädiatrie inkl. pädiatrische Praxen. Praxisassistenz ist bis maximal zwei Jahre anrechenbar, wobei höchstens ein Jahr in der gleichen Praxis absolviert werden darf. Höchstens ein Jahr gelten der optionalen Weiterbildungsoptionen oder den pädiatrischen Schwerpunktgebieten.
- Spitalpädiatrie: Ein Jahr der Weiterbildung erfolgt in der Spitalpädiatrie oder in pädiatrischen Schwerpunktgebiete an dafür anerkannten Weiterbildungsstätten. Für das andere Jahr stehen Spitalpädiatrie, optionale Weiterbildung oder Neuropädiatrie zur Auswahl. Falls in der Aufbauweiterbildung nicht mindestens sechs Monate pädiatrische Schwerpunkte absolviert werden, müssen im Rahmen der Weiterbildung für Spitalpädiatrie rotationsweise insgesamt sechs Monate pädiatrische Notfallmedizin, Neonatologie oder pädiatrische Intensivmedizin ausgewiesen werden.
Während der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin ist eine strukturierte Weiterbildung in Entwicklungspädiatrie, in pädiatrischer Notfallmedizin und in Neonatologie sowie anerkannte Weiter- oder Fortbildungsveranstaltungen von mindestens jeweils einem halben Tag Dauer im Umfang von insgesamt zehn Tagen zwingend nachzuweisen.
Mindestens zwei Jahre der fachspezifischen Weiterbildung müssen an einer Weiterbildungsstätte der Kategorie 3 oder 4 absolviert werden. Mindestens ein Jahr der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin muss an einer zweiten Weiterbildungsstätte an einem anderen Spital absolviert werden. Ausländische Weiterbildung ist anrechenbar. Mindestens zwei Jahre der gesamten Weiterbildung müssen an für Kinder- und Jugendmedizin anerkannten Weiterbildungsstätten in der Schweiz absolviert werden. Die gesamte Weiterbildung kann zu mindestens fünfzig Prozent auch in Teilzeittätigkeit absolviert werden.
Inhalte der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
Während der Weiterbildung zum Facharzt Kinder- und Jugendmedizin werden folgende Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt.
Allgemeine theoretische Lerninhalte der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin:
- Verständnis für die spezifischen Aspekte der Bedürfnisse des Kindes
- Aufbau und Erhalten eines Vertrauensverhältnisses und einer professionellen Beziehung zum Kind und seinen Bezugspersonen
- Nachvollziehbare Kommunikationsführung für das Kind und dessen Bezugspersonen
- Verständnis anderer Kulturen
- Kenntnis über die Rechte eines Kindes nach UNO-Deklaration
- Erkennung und Einleitung von Massnahmen bei Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellem Missbrauch u.a.
- ethische Entscheidungsfindung
- Bewusstsein sinnvoller Kosten-Nutzen-Relationen
- Klare und deutliche Dokumentation in Patientenakte
- Qualitätssicherung
- Medizinische Reglemente und Gesetze, z.B. zu Schweigepflicht
Fachspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
- Beurteilung der normalen Entwicklungsstadien (inklusive pränataler Entwicklung), deren Varianten und Einflussfaktoren
- Erhebung allgemeinpädiatrischer Anamnese und Status
- Techniken zur Gewinnung von Untersuchungsmaterial wie Blutuntersuchungen, Gefässzugänge, Punktionen etc.
- Labordiagnostik und Interpretation der Laborwerte
- Bildgebenden Untersuchungstechniken
- Übliche perkutane Behandlungstechniken wie Injektionen u.a.
- Kenntnisse über die Dosierung von Medikamenten und der Wechselwirkungen zwischen körperfremden Stoffen und Organismen bei Kindern und Jugendlichen inkl. der Gesamtheit aller Prozesse, denen ein Arzneistoff im Körper unterliegt wie Aufnahme, Verteilung im Körper, biochemischer Um- und Abbau sowie Ausscheidung
- Pädiatrische Notfälle inkl. Differentialdiagnose, Reanimationsgrundlagen u.a.
- Genaue Kenntnisse der Lehre der Ursachen, der krankhaft veränderten Körperfunktionen, Diagnose und Differentialdiagnose, Prävention und Therapie pädiatrischer Erkrankungen sowie perioperativer Probleme, die eine Intensivüberwachung benötigen
- Genetische Störungen, Missbildungen und embryonale Fehlbildungen, Entwicklungsstörungen, Allergien, Stoffwechselstörungen, Geschlechtskrankheiten
- Sexualaufklärung und Schwangerschaftsverhütung
- Schwangerschaft in der Adoleszenz
- Risikoverhalten Jugendlicher: Alkohol, Nikotin, Drogen, Sexualverhalten, Unfälle
- Grundkenntnisse in verwandten Fachrichtungen wie Kinderchirurgie, -orthopädie oder Zahnmedizin des Kindes
- Führung und Organisation einer Spitalabteilung und einer privaten Praxis für Kinder und Jugendliche
Der Kandidat führt regelmässig ein Logbuch, das die Lernziele der Weiterbildung Facharzt Kinder- und Jugendmedizin enthält und in dem alle geforderten Lernschritte dokumentiert werden.
Facharztprüfung Kinder- und Jugendmedizin
Die Prüfung Facharzt Kinder- und Jungendmedizin besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die schriftliche Prüfung umfasst Fallvignetten und Multiple Choice-Fragen und dauert drei Stunden. Sie kann in Deutsch, Französisch oder Italienisch abgelegt werden.
Die praktische Eignung wird anhand von drei Patienten verschiedenen Alters aus der ambulanten kinder- und jugendmedizinischen Praxis evaluiert. Die Prüfung dauert eineinhalb Stunden und erfolgt auf Wunsch des angehenden Facharzt Kinder- und Jugendmedizin in deutscher oder französischer Sprache. Prüfungen auf Italienisch sind bei Verfügbarkeit eines italienischsprachigen Prüfers gestattet.
Zur Prüfung wird nur zugelassen, wer über ein eidgenössisches oder anerkanntes ausländisches Arztdiplom verfügt. Zulassungsvoraussetzung für die mündlich-praktischen Prüfung ist der bestandene schriftlich-theoretische Teil.
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