Ein Facharzt für Tropen- und Reisemedizin ist ein Multitalent, da er oftmals die einzige Person mit medizinischen Kenntnissen in einem Umkreis von mehreren hundert Kilometern ist. Er kennt sich nicht nur mit Infektionskrankheiten aus, sondern auch mit Geburtshilfe, geriatrischen Erkrankungen, diversen exotischen Krankheitsbildern, Wundversorgung und allem, was der menschliche Körper an Herausforderungen zu bieten hat.
Inhaltsverzeichnis
Tropenmedizinerinnen und -mediziner kennen sich primär mit in den (Sub-)Tropen auftretenden infektiösen, parasitären und anderen Krankheiten aus. Neben der Disziplin der Tropenmedizin hat ein Facharzt darüber hinaus Kenntnisse in der Reisemedizin, welche die Epidemiologie, Prävention und Therapie von reiseassoziierten Gesundheitsstörungen umfasst.
Tätigkeiten Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Der Berufsalltag von Fachärztinnen und Fachärzten für Tropen- und Reisemedizin kann abhängig vom Tätigkeitsbereich sehr unterschiedlich aussehen. Wer für eine Institution wie die WHO arbeitet, kämpft in Ausbruchsgebieten gegen die Verbreitung von Krankheiten. In einer Forschungsgemeinschaft Tätige erforschen „neglected diseases“, also vernachlässigte Krankheiten wie z.B. Bilharziose. Wer im Bereich Public Health arbeitet, kümmert sich um Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes, die durch westlichere Ernährungsweisen auch in den Tropen entstehen. Ist man für das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) oder ein ähnliches Institut tätig, lehrt und forscht man. Viele Tropen- und Reisemediziner legen ihren Hauptfokus auf die Behandlung von Urlaubern, die sich auf Weltreisen mit tropischen Krankheiten infiziert haben, oder beraten und impfen diese vor Reiseantritt. Flughafenärzte hingegen arbeiten für den Schutz der Bevölkerung, indem sie z.B. von Piloten gemeldete auffällig symptomatische Fluggäste untersuchen und ggf. Quarantänen verhängen.
Während ihrer Weiterbildung lernen zukünftige Tropenmediziner daher alle Fachbereiche kennen und haben einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag. In der tropenmedizinischen Ambulanz sammeln sie internistische Erfahrung, wo sie Reiserückkehrer mit Wurm- oder Virusinfektionen diagnostizieren und behandeln. Ferner führen sie G35-Untersuchungen z.B. an Entwicklungshelfern, Ingenieuren oder Diplomaten durch, die beruflich ins Ausland gehen. Sie arbeiten selbständig in der Ambulanz, ordnen Labortests an, arbeiten selbst an Forschungsprojekten in Laboren und klären in der reisemedizinischen Sprechstunde Urlauber über medizinische Vorsorgemassnahmen auf. Ausserdem arbeiten sie in einer tropenmedizinischen Einrichtung und in der Patientenversorgung in den Tropen.
Ziele der Weiterbildung Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Das Ziel des Weiterbildungsprogramm Tropen- und Reisemedizin ist es, dem Facharzt für Tropen- und Reisemedizin umfangreiche Kenntnisse zu vermitteln, so dass er in allen Bereichen aktive medizinische Hilfe leisten kann. Es umfasst drei Hauptbereiche:
Allgemeine Lernziele der Tropen- und Reisemedizin sind u.a.:
- geographische Epidemiologie für Erwachsene und Kinder,
- Kenntnisse der verschiedenen geographischen und kulturellen Situation, inklusive ethischer Aspekte der Medizin,
- Umgang mit Konflikten und gruppendynamischen Prozessen in der Personalführung in fremden Sanitätssystemen und
- infektiologische Aspekte der Medizin, z.B. Immunologie, klinische Bilder aller viralen, bakteriellen, mykotischen und parasitären Erkrankungen, diagnostische Testmethoden für Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten, Prävention und Therapie diverser Krankheitsbilder inklusive Risikofaktoren, Übertragungsmodi, Inkubationszeit, Isolations- und Quarantänemassnahmen etc.
Fachspezifische Lernziele der Tropenmedizin sind u.a.:
- Management von Notfallsituationen, z.B. Malaria, Meningitiden, Abdominaltyphus, Pneumonien, Harnwegsinfekte, Schlangenbisse, Dehydrierung und Fieber,
- „Neglected diseases”, z.B. afrikanische Trypanosomiasis, Chagas disease, Tollwut, Leishmaniasis, Lepra und Hookworm Infektionen,
- Hautkrankheiten (z.B. Ektoparasiten, Myasis, kutane Leishmaniose), Infektionskrankheiten (z.B. HIV-Abklärung und -Behandlung, Malaria-Management, Tuberkuloseabklärung und -Management, Dengue) und Sexualkrankheiten (z.B. Schanker, Gonokokkeninfekte, Chlamydien),
- Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe und
- „Traditional medicine“, z.B. Erfahrungen direkt oder indirekt mit Heilern.
Fachspezifische Lernziele der Reisemedizin sind u.a.:
- Epidemiologie, Pathogenese, Differentialdiagnose, Klinik, Therapie und Prophylaxe bei Tropenrückkehrern für fieberhafte Erkrankungen, gastrointestinale Infektionen und Hautkrankheiten,
- Impfungen gegen Hepatitis A und B, Typhus, Tollwut, Masern, Dengue, Gelbfieber, Japanische Enzephalitis und TBE, Meningitis, Diphtherie, Tetanus sowie deren medizinisch-forensische Aspekte (Aufklärungspflicht, Nebenwirkungen, internationale Regeln bei Gelbfieberimpfung etc.),
- Kenntnisse über seltene Krankheitsbilder und deren Behandlung (z.B. Höhen- und Tauchkrankheit, „waterborn diseases“, giftige Tiere, insektenübertragene Krankheiten etc.) und
- Kenntnisse in und sichere Anwendung von notfallmässigen Selbstbehandlungen.
Dauer und Gliederung der Weiterbildung Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Die Weiterbildung dauert mindestens fünf Jahre und gliedert sich in eine zweijährige nicht fachspezifische Weiterbildung sowie drei Jahre Tropen- und Reisemedizin.
Die nicht fachspezifische Weiterbildung enthält mindestens ein Jahr Allgemeine Innere Medizin. Das zweite Jahr bietet die Optionen Allgemeine Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Anästhesiologie, Intensivmedizin, Infektiologie sowie Kinder- und Jugendmedizin. Mindestens ein Jahr dieser klinischen nicht fachspezifischen Weiterbildung ist an Weiterbildungsstätten in der Schweiz zu absolvieren.
Die fachspezifische Weiterbildung erfolgt mit der Betreuung eines von der Fachgesellschaft für Tropen- und Reisemedizin anerkannten Tutors, der den Kandidaten in der Ausgestaltung der Weiterbildung berät, fachtechnisch unterstützt und begleitet. Der dreijährige Kurs in Tropenmedizin besteht aus mindestens 250 Unterrichtsstunden und einem Diplomabschluss. Von den belegten Kursen werden maximal sechs Monate reisemedizinische Tätigkeit an anerkannten Impfzentren als Weiterbildung angerechnet sowie mindestens zwei Jahre Weiterbildung in den Tropen.
Inhalte der Weiterbildung Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Zu den Inhalten der Weiterbildung Facharzt für Tropen- und Reisemedizin gehören u.a. Ethik, Gesundheitsökonomie, Patientensicherheit, Pharmakotherapie und Qualitätssicherung. Sie sind in die drei Bereiche der bereits oben genannten Weiterbildungsziele gegliedert und beinhalten
- einen fachspezifischen Kurs in Tropenmedizin, welcher u.a. Vorlesungen, praktische Übungen und Gruppenarbeiten umfasst und in dem schwerpunktmässig die Gebiete der klinischen Pathologie, der Prävention und Epidemiologie sowie eine fundierte Laborausbildung enthalten sein müssen,
- fachspezifische Lernziele in Tropenmedizin, welche u.a. Wissen über besondere Aspekte kosmopolitisch verbreiteter Krankheiten im tropischen Milieu, die Diagnose und Behandlung von tropenmedizinischen Notfällen, Gesundheitsökonomie und Ethik umfassen, sowie
- fachspezifische Lernziele in Reisemedizin, welche u.a. Kenntnissen sämtlicher präventivmedizinischen Aspekte des Reisens, Kenntnis der Impfstoffe und deren Wirkung sowie Nebenwirkungen in der Prävention und Impftechnik sowie die Erkennung von Impfkomplikationen beinhalten.
Facharztprüfung Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Die erfolgreich bestandene Facharztprüfung ist die Voraussetzung für die Erteilung des Facharzttitels „Facharzt für Tropen- und Reisemedizin“. Die Abnahme der Facharztprüfung erfolgt durch die Fachgesellschaften, welche die Facharztprüfungen mindestens einmal jährlich durchführen und einen Unkostenbeitrag von 500 CHF erheben. Die Prüfung wird vor einer fünf- bis sechsköpfigen Prüfungskommission abgelegt und besteht aus einem schriftlichen, einem mündlichen und einem praktischen Examen.
Die schriftliche Prüfung dauert maximal 2 ¾ Stunden und umfasst 50 Multiple-Choice-Fragen sowie die Bearbeitung eines Falldossiers und einer Projektsituation zum Gesundheitswesen eines Drittweltlandes. In der mündlichen Prüfung werden binnen 30 Minuten diagnostische, therapeutische und präventivmedizinische Aspekte behandelt. Die praktisch-parasitologische Prüfung ist die mikroskopische Beurteilung von vier bis fünf Präparaten, die innerhalb von 60 Minuten erfolgen muss.
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