
Der Berufsalltag von Ärzten in der Schweiz ist geprägt von hohen Anforderungen, Verantwortung, Zeitdruck und komplexen zwischenmenschlichen Interaktionen. Diese Faktoren können häufig zu Ärger und Stress führen. Dauerstress ist aber nicht nur schädlich für die Zufriedenheit im Job, sondern gefährdet auch die Qualität der Versorgung. Ein effektiver Umgang mit Ärger im Klinikalltag ist deswegen besonders wichtig, um die eigene Gesundheit zu bewahren und eine optimale Patientenversorgung sicherzustellen. Wir zeigen bewährte Strategien, um Ärger im klinischen Alltag konstruktiv zu begegnen.
Selbstreflexion und Emotionsmanagement
Zunächst ist es wichtig, die eigenen Emotionen überhaupt zu erkennen und zu benennen. Denn die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen hilft, Ärger frühzeitig zu bemerken und angemessen darauf zu reagieren.
Techniken wie das Führen eines Tagebuchs (Journaling) können dabei unterstützen, Gedanken und Emotionen zu ordnen und wiederkehrende Muster zu identifizieren. Durch regelmässige Selbstbewertung lassen sich persönliche Stressoren besser verstehen und bewältigen.
Kommunikation im Team
Missverständnisse und unklare Absprachen sind sehr häufige Ursachen für Konflikte und Ärger im Spital. Eine offene und respektvolle Kommunikation fördert das gegenseitige Verständnis und kann Spannungen vorbeugen.
Dabei geht es um ehrliches Interesse an der jeweiligen Motivation des Gegenübers. Es ist wichtig, aktiv zuzuhören, klare Anweisungen zu geben und bei Unklarheiten nachzufragen. Wenn es trotz einer wertschätzenden und offenen Kommunikation dennoch einmal zu Auseinandersetzungen kommt, ist es wichtig, diese konstruktiv zu lösen. Dabei können unter Umständen auch neutrale Mediatoren unterstützen.
Deeskalationstechniken bei aggressiven Patienten
Immer häufiger mehren sich Fälle, bei denen sich Patienten gegenüber den behandelnden Ärzten oder dem Pflegepersonal ausfällig oder gar aggressiv verhalten. In Situationen mit aggressiven Patienten oder Angehörigen ist es die wichtigste Grundlage, Ruhe zu bewahren und deeskalierend zu handeln. Dazu gehören ein selbstbewusstes Auftreten, das Vermeiden von Provokationen und das Hinzuziehen von Kollegen zur Unterstützung. Ein respektvoller Umgang kann dazu beitragen, die Situation zu entschärfen und weitere Eskalationen zu verhindern.
Stressbewältigung durch Pausen und Entspannung
Im stressigen Spitalsalltag kommen Ruhe und Erholung häufig zu kurz. Regelmässige Pausen im Arbeitsalltag ermöglichen es allerdings, sich physisch und psychisch zu regenerieren und sollten deswegen unbedingt eingehalten werden.
Einige Techniken können zudem bei der Stressbewältigung hilfreich sein. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Atemtechniken, kurze Spaziergänge oder gezielte Entspannungsübungen. All dies kann dabei helfen, den Kopf freizubekommen und die Konzentrationsfähigkeit wieder zu steigern. Auch das bewusste Wahrnehmen der eigenen Körperhaltung und Atmung trägt zur Stressreduktion bei.
Unterstützungssysteme nutzen
Bei anhaltendem Stress oder persönlichen Krisen sollten Ärzte und andere Mitarbeitende im Gesundheitswesen nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In der Schweiz bietet beispielsweise das Netzwerk ReMed Beratung und Begleitung für Ärzte in Krisensituationen an. Solche Unterstützungsangebote helfen, neue Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und die eigene Resilienz zu stärken.
Konstruktiver Umgang mit externen Stressfaktoren
Nicht alle Stressoren im Klinikalltag lassen sich direkt beeinflussen. Dennoch kann es nützlich sein, bei Problemen wie ungünstigen Dienstplänen oder schwierigen Vorgesetzten das konstruktive Gespräch zu suchen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Ein proaktiver Ansatz zeigt einerseits Engagement und kann andererseits zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen.
Grenzen setzen und realistische Erwartungen haben
Es ist unmöglich, es allen recht zu machen. Ärzte sollten sich bewusst machen, dass sie nicht für die Zufriedenheit aller Beteiligten verantwortlich sind. Das Setzen von klaren Grenzen und das Akzeptieren der eigenen Grenzen sind wichtige Schritte, um Überlastung und Frustration zu vermeiden.
Fazit: Umgang mit Ärger
Ein bewusster Umgang mit Ärger und Stress ist für Ärzte unerlässlich, um ihre eigene Gesundheit zu schützen und eine hohe Qualität der Patientenversorgung zu gewährleisten. Durch Selbstreflexion, effektive Kommunikation, den Einsatz von Deeskalationstechniken und die Nutzung von Unterstützungsangeboten können Ärgernisse im Klinikalltag reduziert und besser bewältigt werden.