Achtsamkeit ist ein Konzept, welches befähigen kann, unter stressigen Umständen und Herausforderungen durch beispielsweise Krankheit innere Ruhe, Akzeptanz und Klarheit zu finden. Doch was ist Achtsamkeit überhaupt? Wie entstand es und welche Auswirkungen hat es, achtsam zu sein?
Was ist Achtsamkeit?
Der Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn erkannte den Wert und die Bedeutung der zeitlosen buddhistischen Psychologie im Jahr 1979 an. Daraus entwickelte er ein zweimonatiges, systematisches Stressbewältigungs-Programm an der University of Massachusetts. Das Prinzip der Achtsamkeit findet seinen Ursprung also in der USA. Auf Englisch heisst das Programm Mindfulness-Based Stress Reduction – abgekürzt MBSR auf Deutsch “Stressbewältigung durch Achtsamkeit”. Nun findet das Programm weltweit Anwendung und hat sich seitdem nicht groß verändert. Das Programm verbindet im Zuge dessen unterschiedliche Techniken des Yoga, der Mediation und generell der Körperwahrnehmung.
Das Ziel dessen liegt darin, eine vermehrt behutsame Haltung im privaten und beruflichen Alltag zu entwickeln. Dadurch erlernt man gleichermaßen einen enspannteren Umgang mit Stress und belasteten Gefühlen sowie Gedanken. Die Annahme solch negativer Gefühle und Gedanken erfolgt dann ohne Wertung. Zudem nimmt man seine Umwelt als auch sich selbst bewusster und tiefer wahr.
Nach Jon Kabat-Zinn bedeutet Achtsamkeit außerdem, “auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.” Dadurch würde die Fähigkeit gefördert, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren.
Ein Beispiel hierfür ist das Essen. Achtsam essen bedeutet, bei jedem Bissen mit allen Sinnen wahrzunehmen und das Essen in diesem Zusammenhang zu sehen, zu riechen und zu schmecken. Das Essen wird dadurch genussvoller. Ein zentraler Programmpunkt ist bei dem MBSR-Programm tatsächlich das Wahrnehmen und Essen einer Rosine.
In der Forschung belegte Effekte der Achtsamkeit
Nach aktuellen Studienergebnissen vermindert ein MBSR-Training Angst und Schmerzen. Manche Ärzte und Ärztinnen erhoffen sich demzufolge positive Effekte der Achtsamkeit bei Sucht und Fibromyalgie, ein Syndrom ausgebreiteter Schmerzen in verschiedenen Körperregionen, vermehrter Erschöpfung und Schlafstörungen.
Im April 2015 zeigte eine große Studie im Fachmagazin Lancet, dass eine mit der MBSR verwandten, auf Achtsamkeit basierende kognitive Therapie (MBCT) gleichermaßen gut wie Medikamente vor Rückfällen nach einer Depression schützt. Achtsamkeit ist deswegen zentraler Bestandteil zahlreicher moderner Therapiekonzepte, beispielsweise von Borderline-PatientInnen, welche mit schweren Persönlichkeitsstörungen zu kämpfen haben. Weitere Studien belegen, dass regelmäßige und gezielte Achtsamkeitsübungen bei psychosomatischen Krankheiten wie Angststörungen oder bei funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizmagen zu positiven Auswirkungen führen.
Zum Beispiel nahmen 75 PatientInnen mit Reizdarmsyndrom nach einem achtwöchigen Training bei einer Umfrage von US-ForscherInnen teil. Die Teilnehmenden gaben an, dass ihre Symptome und ihre Angst Linderung erfuhren. Die Schmerzempfindung sank im Zuge des Programms, genauso wie die allgemeine Lebensqualität anstieg. In einer neueren US-Studie im Jahr 2015 konnten WissenschaftlerInnen dies bestätigen. Obwohl Achtsamkeitsbehandlungen leider noch häufig mit Esoterik assoziiert werden, findet langsam eine Anerkennung von Schulmedizinern statt.
Die Auswirkungen der Achtsamkeits-Praxis
Nicht nur unter Erkrankungen leidende Personen können von der Achtsamkeits-Praxis profitieren. Wer Achtsamkeit regelmäßig praktiziert oder an einem achtwöchigen Programm teilnimmt, erlebt mitunter heilsame, subjektiv empfundene Auswirkungen:
- Wachheit und Aufmerksamkeit
- besser Umgang mit Stress, da man sich negativen und aufreibenden Situationen besser gewachsen fühlt
- Stabilisierung und Beruhigung des Geists; nicht mehr von Gedankenströmen bestimmt werden
- Wohlwollender mit sich selbst und anderen gegenüber
- Impulskontrolle entwickeln und dadurch weniger aufbrausend sein
- Stärkung des Immunsystems
Dies führt letztlich zu einer steigenden, subjektiv wahrgenommenen Lebensfreude und Zufriedenheit. Langfristig kann man ein klares Verständnis seiner Selbst und hinsichtlich des eigenen Lebens entwickeln.
Wie kann man Achtsamkeit erlernen?
Neben dem MBSR-Achtsamkeitstraining, welches die populärste Methode ist, um Achtsamkeit zu erlernen, hilft ebenfalls die Mediation. Diese kann man von zu Hause aus regelmäßig durchführen. Im besten Fall sollte man sich hierfür jeden Tag Zeit nehmen. Obwohl es sinnvoll ist, zu Beginn jeden Tag mindestens eine halbe Stunde lang zu meditieren, empfehlen manche PsychologInnen einen anderen Ansatz.
Demzufolge könnten achtsame Momente auf den ganzen Tag verteilt werden, um Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren. Beispielsweise kann man sich die Änderung der Morgenroutine zum Ziel setzen. Dazu kann zum Beispiel gehören, sich unter der Dusche auf das warme Wasser zu fokussieren, anstatt über die langen Aufgaben des kommenden Tages nachzudenken. Das Frühstück könnte man bewusst zubereiten und sich auf das Aussehen und den Geschmack des Essens fokussieren. Wenn man mit dem Rad oder mit der Bahn zur Arbeit fährt, könnte man beim Radfahren die frische Luft inhalieren. In der Bahn könnte man bewusst die Umgebungsgeräusche wahrnehmen.
Mehrere kleine Dinge zu beachten ist möglicherweise einfacher, als sich zu zwingen, jeden Tag ruhig zu meditieren. Denn Achtsamkeit hat ebenfalls die Bedeutung, Alltägliches einer anderen Betrachtung zu unterziehen und Routinen zu durchbrechen.
Möchte man sich beabsichtigt jeden Tag Zeit nehmen und ist motiviert, empfehlen sich YouTube Videos, welche oftmals geführte Mediationen anbieten. Dabei kann man sich aussuchen, ob man sich auf Entspannungs-Mediation, Kraft-Meditation oder Ähnliches einlassen möchte. Auch die Dauer der Mediation kann man sich aussuchen.