Adipositas beschreibt starkes, krankhaftes Übergewicht. In der Schweiz leiden rund 43 % der Bevölkerung unter der Krankheit. Die Definition richtet sich nach dem Body Mass Index (BMI), anhand dessen die Erkrankung in verschiedene Schweregrade eingeteilt wird. Erhebliches Übergewicht beeinflusst nicht nur die Optik und schränkt die Lebensqualität ein, sondern verursacht auf Dauer auch Folgeerkrankungen, beispielsweise Typ 2 Diabetes, Herzinfarkt und Krebs. Doch was sind genaue Ursachen, Risikofaktoren und Symptome? Wie wird die Diagnose gestellt? Und wie lässt sich starkes Übergewicht vorbeugen?
Das Wichtigste auf einen Blick
1. Adipositas ist als eine über das normale Mass hinausgehende Vermehrung des eigenen Körperfettes definiert.
2. Die Erkrankung wird anhand des BMI (Body-Mass-Index) klassifiziert. Als adipös gelten Menschen, deren BMI über 30 liegt.
3. Menschen mit Adipositas haben ein höheres Risiko für Krankheiten, wie Herz-Kreislauferkrankungen, und im Vergleich zu Menschen mit Normalgewicht eine um ungefähr fünf Jahre geringere Lebenserwartung.
Adipositas – Ursachen und Risikofaktoren
Adipositas, auch Fettleibigkeit oder Fettsucht genannt, hat verschiedene Ursachen. Der Körper nimmt bei Übergewicht zu viel Energie durch die Nahrungsmittel und Getränke in der Form von Kalorien auf, verbraucht jedoch im Gegenzug zu wenig Energie durch Bewegung und körperliche Aktivitäten. Der dadurch entstehende Überschuss wird als Körperfett eingelagert. Die dick-machenden Faktoren sind Überernährung, Fehlernährung sowie Bewegungsmangel.
Auch Fertiggerichte, Backwaren und Süssigkeiten können zu Übergewicht führen. Sie treiben den Blutzuckerspiegel in die Höhe, enthalten viele Kalorien, allerdings wenig Nährstoffe, wie Ballaststoffe, und sind oft wenig sättigend. So hat der Körper rasch wieder Hunger und die Fettzellen wachsen an.
Weitere Ursachen können sein:
- Essstörung, wie die Binge-Eating-Störung, immer wieder nicht kontrollierbare Essanfälle
- hormonelle Störungen und Erkrankungen, wie die Schilddrüsenunterfunktion
- depressive Erkrankungen und andere psychische Faktoren
- Nebenwirkungen bestimmter, appetitsteigernder Medikamente, wie Antidepressiva, Neuroleptika, Glukokortikoide und Antidiabetika
- Rauchstopp
- Schlafmangel
- psychische Aspekte, wie Stress, Ärger und Ängste, da sie ein gestörtes Essverhalten, wie Heisshungerattacken, Frustessen und/oder Night-Eating (wiederkehrende Episoden nächtlichen Essens) begünstigen
- genetische Veranlagung
Adipositas – Symptome
Zu den typischen allgemeinen Symptomen von Adipositas zählen:
- geringere körperliche Belastbarkeit
- Atemnot und schnellere Ermüdung bei körperlicher Anstrengung
- vermehrtes Schwitzen bereits bei leichter körperlicher Anstrengung und niedrigen Temperaturen
- Gelenkbeschwerden aufgrund einer Überbelastung der Gelenke und frühzeitiger Abnutzungserscheinungen
- psychische Probleme
Mögliche gesundheitliche Folgen von Adipositas sind Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Venenleiden, Atmungsstörungen im Schlaf sowie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Bewegungsapparates und von Organen, wie der Leber, Lunge und Niere, oder Unfruchtbarkeit bei Männern.
Auch ist die Krankheit ein erhöhter Risikofaktor für Krebserkrankungen, beispielsweise Brust, Gebärmutter, Prostata und Darm.
Adipositas – Diagnose
Bei Adipositas werden Ärzte im Anamnesegespräch zunächst verschiedene Fragen stellen, um die Ursachen zu ermitteln, beispielsweise:
- Wie lange liegt das Übergewicht bereits vor?
- Schreitet die Gewichtszunahme voran?
- Bestehen körperliche Beschwerden, beispielsweise Rückenschmerzen oder Atemnot?
- Wie sehen Ess- und Bewegungsverhalten aus?
- Haben Familienmitglieder ebenfalls Probleme mit Übergewicht?
- Liegen private oder berufliche Probleme vor?
Häufig werden Blutuntersuchungen vorgenommen, da die Blutfettwerte bei adipösen Personen oft erhöht sind und die Leber ein kritischer Aspekt ist. Zudem lassen sich verschiedene Hormone im Blut bestimmen, beispielsweise Schilddrüsenhormone. Denn eine Adipositas kann auch aus einer Schilddrüsenunterfunktion resultieren. Bei Symptomen, wie Luftnot und Kurzatmigkeit, kommen kardiologische Untersuchungen zum Einsatz.
BMI-Wert ist entscheidend
Ob Adipositas vorliegt, kann anhand des Body-Mass-Indexes (BMI) festgestellt werden. Er gilt als ein Richtwert zur Orientierung, ob ein Über- oder Untergewicht vorhanden ist. Liegt der BMI-Wert über 30, ist von Adipositas die Rede. Ein Bauchumfang von mehr als 102 Zentimetern deutet beim Mann und 88 Zentimetern bei der Frau auf zu viel Bauchfett hin.
Der BMI wird folgendermassen berechnet:
BMI = Körpergewicht (in Kilogramm) / Körpergrösse (in Metern)²
Gewicht und Körpergröße werden somit ins Verhältnis gesetzt.
Je höher der BMI ist, desto höher ist laut Statistik das Risiko für Krankheiten. Beim Grad 3 ist die Lebenserwartung deutlich verkürzt. Bei Kindern und Jugendlichen verwenden Ärzte zur Bestimmung von Adipositas ebenso den BMI. Alter und Geschlecht werden hier aber in die Berechnung mit einbezogen.
Aussagekraft des BMI ist begrenzt
Es ist wichtig zu beachten, dass der BMI ein ungenaues Maß für den Körperfettgehalt darstellt, da Muskelmasse, Knochendichte, Gesamtkörperzusammensetzung sowie Geschlecht und Alter nicht berücksichtigt werden. So kann eine Person mit vielen Muskeln und wenig Körperfett den gleichen BMI haben, wie eine Person mit Fettleibigkeit und viel weniger Muskeln.
Adipositas – Behandlung
Adipositas kann langfristig gesehen für den gesamten Körper Folgen nach sich ziehen. Bei der Behandlung soll das Körpergewicht schrittweise reduziert und langfristig gehalten werden. Die Basis bilden hierbei die Kombination aus Ernährungsumstellung und Bewegung.
Das Essverhalten muss analysiert werden, um Ernährungsfehler herauszufiltern. Das Wichtigste ist, dem Körper nicht mehr Kalorien zuzuführen, als verbraucht werden. Falls nötig können Medikamente oder Operationen zum Einsatz kommen. Adipositas Grad 3 kann oft nur durch einen operativen Eingriff wie ein Magenbypass oder eine Magenverkleinerung (Schlauchmagen) behandelt werden.
Die Behandlung kann zudem psychologisch begleitet werden. Welche Therapie sinnvoll ist, hängt vom Schweregrad und von den Begleiterkrankungen ab.
Semaglutid: Vom Adipositas-Medikament zur Abnehmspritze
Der vorwiegend zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzte Wirkstoff Semaglutid, der zu den GLP-1-Rezeptor-Agonisten zählt, bietet bei Adipositas bzw. beim Abnehmen Unterstützung. Der Wirkstoff, der einmal wöchentlich als Injektion verabreicht wird, beeinflusst die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse, den Glukosestoffwechsel und die Hunger-Sättigungsregulation. So wird Semaglutid häufig auch als Abnehmspritze "missbraucht". Dieser durch die soziale Medien verursachte Hype führte zwangsläufig zu einem rasanten Anstieg der Nachfrage, was regelmäßig Lieferengpässe zur Folge hat.
Adipositas – Vorbeugung
Adipositas entsteht über Jahre hinweg, in denen der Körper die überschüssigen Kalorien als Fett gespeichert hat und Betroffene immer mehr zunehmen. Ungesunde Fette, Fertiggerichte, Snacks, Süsses, Backwaren und Fruchtsäfte sind einzuschränken. Langsames Essen fördert das Sättigungsempfinden. Auch Alkohol begünstigt eine Gewichtszunahme, da er viele Kalorien enthält. Der Körper benötigt für jede Bewegung Energie. Daher ist es zugleich wichtig, aktiv zu sein, um den Energieverbrauch zu erhöhen. Stark adipöse Menschen sollten gelenkschonende Sportarten wählen, wie Radfahren oder Schwimmen.
- Kochen, M. M., Duale Reihe – Allgemeinmedizin, Stuttgart: Georg Thieme Verlag (3. Auflage, 2006)
- Schatz, H., Pfeiffer, A. F. H., Diabetologie kompakt, Berlin Heidelberg: Springer Medizin (5. Auflage, 2014)
- World Health Organization, Obesity and overweight, https://www.who.int/... (Abrufdatum: 19.04.2024)
- Mayo Clinic, Obesity, https://www.mayoclinic.org/... (Abrufdatum: 19.04.2024)