Bereits seit 1940 gibt die Ärztevereinigung FMH jedes Jahr ihre Ärztestatistik heraus. Die Statistik macht Entwicklungen auf dem medizinischen Sektor sichtbar und soll unter anderem Politik, Forschung und Akteuren aus dem Gesundheitswesen als Entscheidungshilfe für die Bedarfsplanung dienen. Die Ärztestatistik 2018 zeigt: Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz hat leicht zugenommen und auch der Anteil der ausländischen Mediziner ist weiter gestiegen.
Die wichtigsten Zahlen im Überblick
Im Jahr 2018 praktizierten 37’525 Mediziner in der Schweiz, darunter 15’982 Ärztinnen und 21’543 Ärzte. Das sind 625 Mediziner mehr als im Vorjahr. 19’331 von ihnen arbeiten hauptberuflich im ambulanten Sektor (51,5 Prozent), 17’609 sind im stationären Bereich tätig (46,9 Prozent). 585 der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (1,6 Prozent) arbeiten in einem anderen Sektor. Die Ärztedichte liegt bei 4,4 Medizinern pro 1000 Einwohnern. Der Anteil an ausländischen Ärztinnen und Ärzten hat ebenfalls zugenommen und beträgt 35,4 Prozent.
Das Durchschnittsalter der Schweizer Mediziner liegt bei 49,6 Jahren. Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor sind dabei im Schnitt zehn Jahre älter als ihre Kollegen im stationären Sektor. Die Ärztestatistik führt dies auf die Tatsache zurück, dass viele junge Assistenzärzte ihre Weiterbildung in den Spitälern absolvieren.
Im Jahr 2017 betrug die Zahl der Bachelor-Studierenden im Bereich Humanmedizin 4’668 Personen, davon 1’745 Männer und 2’923 Frauen. Im Masterstudiengang waren 1’397 Männer und 1’849 Frauen eingeschrieben, insgesamt also 3’246 Personen. 1’029 Personen haben im Jahr 2018 das eidgenössische Diplom in Humanmedizin erhalten, 1’434 Ärztinnen und Ärzte erwarben einen Facharzttitel.
Ärztemangel oder Ärzteboom?
Die aktuelle FMH Ärztestatistik wirft abermals die Frage auf, ob es in der Schweiz eigentlich einen Ärztemangel gibt oder man im Gegenteil sogar von einem Ärzteboom sprechen kann. Insgesamt ist die Zahl der in der Schweiz tätigen Ärzte gestiegen. FMH-Präsident Jürg Schlup warnt dennoch davor, dass die medizinische Versorgung in der Zukunft knapp werden könnte. Unter anderem stünden viele Mediziner kurz vor der Pensionierung, andere würden ihr Arbeitspensum reduzieren. Zudem wächst die administrative Belastung, die heute schon rund ein Drittel der Arbeitszeit beansprucht.
Vor allem aber stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien man die medizinische Versorgung in der Schweiz eigentlich bemisst. Die allgemeine Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen ist hoch bis sehr hoch, die Lebenserwartung liegt über dem internationalen Durchschnitt, die Kosten für die Gesundheitsversorgung sind ebenfalls vergleichsweise hoch. Diese Hinweise deuten nicht auf einen allgemeinen Ärztemangel. Zwei weitere Kriterien können Aufschluss über die Situation geben: die Ärztedichte im internationalen sowie im regionalen Vergleich.
Ärztedichte im internationalen Vergleich
Mit einer Ärztedichte von 4,4 Medizinern pro 1000 Einwohnern liegt die Schweiz über dem OECD-Durchschnitt von 3,6 Medizinern pro 1000 Einwohnern. Die Ärztedichte in den direkten Nachbarländern ist in etwa vergleichbar hoch:
- Frankreich: 3,2
- Italien: 4,0
- Deutschland: 4,2
- Österreich: 5,1
Ärztedichte: Grosse regionale Unterschiede
Grosse Unterschiede gibt es in der geographischen Verteilung der Mediziner. Allgemein ist die Ärztedichte der ambulant tätigen Spezialisten (1,26 auf 1000 Einwohner) höher als die Dichte der Grundversorger (0,95 auf 1000 Einwohner). Spezialisten und Spezialistinnen sind vor allem in städtischen Bereichen aktiv, in ländlichen Ortschaften mit weniger als 1000 Einwohnern sinkt die Ärztedichte auf einen Wert von 0,11.
Bei den medizinischen Grundversorgern sieht die Verteilung genau umgekehrt aus, im ambulanten Sektor sind sie in ländlichen Bereichen besser vertreten. In Ortschaften mit weniger als 1000 Personen kommen statistisch gesehen noch 0,23 Grundversorger auf 1000 Einwohner.
Die beliebteste Fachrichtung: Allgemeine Innere Medizin
Die FMH Ärztestatistik gibt auch Aufschluss über die beliebtesten Fachrichtungen. Die Top 5:
- Allgemeine Innere Medizin (22,1 Prozent)
- Psychiatrie und Psychotherapie (10,2 Prozent)
- Gynäkologie und Geburtshilfe (5,1 Prozent)
- Kinder- und Jugendmedizin (5,0 Prozent)
- Anästhesiologie (4,1 Prozent)
Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert
Den höchsten Frauenanteil weist die Fachrichtung Kinder- und Jugendpsychiatrie auf (64,7 Prozent). Auf Platz 2 und 3 folgen Gynäkologie und Geburtshilfe (62,9 Prozent) und Kinder- und Jugendmedizin (62,9 Prozent).
Den höchsten Männeranteil verzeichnen die chirurgischen Fachgebiete. Deutlich in der Überzahl sind männliche Mediziner in der Thoraxchirurgie (94,3 Prozent), Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (92,3 Prozent) sowie in der orthopädischen Chirurgie (90,0 Prozent). Auch in anderen chirurgischen Fachrichtungen liegt der Männeranteil bei über 80 Prozent.
Unterrepräsentiert sind Ärztinnen auch auf der Chefarztebene. Während der Frauenanteil unter den Assistenzärzten bei 58,6 Prozent liegt, beträgt er auf der Oberarztstufe nur noch 47,9 Prozent. Von der leitenden Ärzteschaft in den Spitälern sind 24,5 Prozent weiblich, auf der Chefarztebene nur 12,4 Prozent.
Mehr als ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte stammen aus dem Ausland
Insgesamt stammen 13’266 der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland, das entspricht einem Anteil von 35,4 Prozent. Im Vorjahr betrug der Anteil noch 34,1 Prozent. Im stationären Bereich liegt der Anteil bei 39,9 Prozent, im ambulanten Bereich bei 31,1 Prozent. Vor allem die Zahl ausländischer Spezialisten hat zugenommen, im Jahresdurchschnitt um 6,2 Prozent.
Die meisten ausländischen Fachärzte stammen aus den direkten Nachbarländern; 53,8 Prozent kommen aus Deutschland, 8,8 Prozent aus Italien, 6,7 Prozent aus Frankreich und 6,1 Prozent aus Österreich.