Die Dichte an Medizinern/-innen, die ambulant praktizieren, ist nirgendwo in der Schweiz höher als in Basel-Stadt und Baselland. Doch dies sorgt dafür, dass hier die höchsten Krankenkassenprämien verbucht werden und die Gesundheitskosten explodieren. So bremsen die zwei Kantone, die die Versorgung gemeinsam organisieren, die Neuzulassung von Ärzten/-innen. Als Grund für den Ärztestopp wird zudem eine auffällig große Überversorgung in verschiedenen Fachgebieten, wie den Bereichen Orthopädie und Radiologie, genannt. Doch nicht jeder sieht dieser Entscheidung positiv entgegen. Ganz im Gegenteil: Die Maßnahme wird vom Ärzte-Verband und Vergleichsdienst Comparis erheblich kritisiert. Welche Gründe sie anführen und welche Fachbereiche betroffen sind, wird nachfolgend erläutert.
Ärztestopp: Erste schweizerische Kantone bremsen Neuzulassung von Ärzten/-innen
Angesichts der hohen Kosten, die sich aus der zunehmenden Ärztedichte ergeben, sehen Basel-Stadt und Baselland als erste Kantone eine Begrenzung bei den Neuzulassungen von Medizinern/-innen als angebracht. Als Begründung wird die Überversorgung in diversen Fachgebieten genannt. Der Zulassungsstopp ist bereits im Krankenversicherungsgesetz verankert. In allen medizinischen Bereichen wurde eine Obergrenze bezüglich der Leistungserbringer festgelegt. Die Bedürfnisklausel ermöglicht ein Zulassungsstopp für alle in- oder ausländischen Ärzte für drei Jahre. Es werden nur neue Ärzte/-innen in den überversorgten Fachbereichen zugelassen, wenn andere Mediziner/-innen aufhören zu arbeiten, um dies wieder auszugleichen. Die Zulassungssteuerung gilt schon seit April 2022.
Warum ist der Zulassungsstopp nötig?
Die Ärztedichte ist in der Schweiz ebenso ein Grund dafür, dass die Gesundheitskosten immer weiter ansteigen. Thomas Weber, der Gesundheitsdirektor Baselland, hat mitgeteilt, dass sie in dieser Region im Bereich der ambulanten Versorgung, verglichen mit den anderen Regionen in der Schweiz, fast doppelt so hoch sind. Der Anstieg der Kosten betrug in Basel-Stadt zwischen 2017 und 2019 rund sieben Prozent und in Baselland mehr als drei Prozent. Dies erfordert entsprechende Maßnahmen, wie einen Ärztestopp, sagt Weber. Es gilt, eine Überversorgung zu verhindern und die hohen Kosten einzudämmen. Dieses Recht räumt der Bundesrat den Kantonen ein. Sie dürften Höchstzahlen für ambulante Mediziner/-innen festlegen.
Dies soll jedoch in Absprache erfolgen, mit:
- Benachbarte Kantone
- Leistungserbringer
- Versicherer
- Versicherungsnehmer
Wenn von „ambulant“ die Rede ist, geht es nicht nur um Behandlungen in einer Arztpraxis, sondern ebenfalls im Spital, bei denen die Patientin oder der Patient nicht übernachtet.
In welchen Fachbereichen kommt es zum Ärztestopp?
Es gibt in verschiedenen medizinischen Fachbereichen eine Überversorgung. Dies sind:
- Anästhesiologie
- Kardiologie
- Neurologie
- Orthopädische Chirurgie
- Traumatologie des Bewegungsapparates
- Ophthalmologie
- Oto-Rhino-Laryngologie
- Radiologie
- Urologie
In diesen Fachgebieten werden die Zulassungen beschränkt, um mehrere Millionen Franken einzusparen. Davon sollen auch die Prämienzahler profitieren. In den Bereichen eine Praxis neu zu eröffnen und über die Grundversicherung Leistungen abzurechnen, ist künftig nicht mehr möglich. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn ein/e zugelassene/r Arzt/Ärztin eine Praxis an einen Nachfolger übergibt. Die Regelung zielt vorwiegend darauf ab, den Zustrom der Ärzte/-innen aus der EU einzudämmen. Haus- und Kinderärzte/-innen sowie psychiatrisch tätige Mediziner/innen sind nicht betroffen. Auch für bereits zugelassene Ärzte/-innen ist kein Bedürfnisnachweis notwendig.
Ärzte-Verband und Vergleichsdienst Comparis kritisieren den Zulassungsstopp stark
Der Ärzte-Verband hat starke Kritik an dieser Maßnahme ausgeübt. Als Begründung wird angegeben, dass dies für junge Mediziner/innen in den genannten Fachgebieten einem Berufsverbot gleicht. Obwohl von einer Überversorgung die Rede ist, drohe langfristig gesehen eine Unterversorgung in den Gebieten, heißt es weiter. Der Vergleichsdienst Comparis kritisiert zudem, dass durch den Zulassungsstopp junge Ärzte/-innen, die sehr gute fachliche Kompetenzen aufweisen, keine Chance mehr auf eine Zulassung haben. Die Gesundheitsdirektoren sehen keine drohende Gefahr einer Unterversorgung, da die Obergrenze regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst wird, um weiterhin eine hohe Qualität sicherzustellen.
Fazit
Angehende Fachärzte/-innen werden es zukünftig schwerer haben, in Basel-Stadt oder Baselland eine Praxis zu eröffnen, da die Kantone selbst bestimmen können, ob sie die Anzahl der Ärzte/-innen beschränken möchten. Es gilt aufgrund einer Überversorgung und sehr schnell wachsender Gesundheitskosten und Krankenversicherungsprämien, was mit der hohen Ärztedichte einhergeht, ein Zulassungs- bzw. Ärztestopp. Betroffen von der Regelung sind Mediziner fast aller Bereiche, wie Orthopädie, Neurologie, Urologie oder Radiologie. Das Ziel besteht darin, pro Jahr sieben Millionen Franken einzusparen.