Ambulante Pauschalen sollen in Zukunft rund die Hälfte der ambulanten Spitalleistungen in der Schweiz abdecken. Nun ist der nächste Schritt zur Einführung erfolgt: Der Krankenversichererverband Santésuisse und der Spitalverband Hplus haben das Tarifwerk auf Grundlage von Rückmeldungen aller Tarifpartner überarbeitet und die Version 1.0 an das nationale Tarifbüro Organisation ambulante Arzttarife (OAAT AG) übergeben.
Pauschalen für eine faire und transparente Abrechnung im ambulanten Bereich
Ambulante Arztpauschalen sollen in Zukunft kombiniert mit dem Einzelleistungstarif TARDOC angewendet werden und dazu beitragen, einen kohärenten Arzttarif für eine faire und transparente Abrechnung zu etablieren. Entwickelt wurde das ambulante Tarifsystem von der solutions tarifaires suisses AG, einer Tariforganisation von Hplus und Santésuisse. Massgeblich eingeflossen sind dabei die Erfahrungen aus dem SwissDRG Abrechnungssystem für den stationären Bereich.
Die Version 1.0 des Tarifwerks berücksichtigt Rückmeldungen aller Tarifpartner ebenso wie Vorschläge aus dem Prüfbericht des Bundesamtes für Gesundheit BAG. Laut Hplus und Santésuisse sollen die ambulanten Arztpauschalen laufend ausgebaut werden können. Die beiden Tarifpartner bezeichnet die Einführung als einen „wichtigen Meilenstein“ für das Schweizer Gesundheitswesen.
Das ambulante Pauschalentarifwerk basiert auf dem Prinzip, die Struktur, also die relative Bewertung von Leistungen im Verhältnis zueinander, von ihrem Preis zu trennen. Die Struktur basiert auf den Kosten- und Leistungsdaten von rund 30 Schweizer Spitäler und wird jährlich aktualisiert. Grundlage für die Leistungs- und Kostendaten bildet die Auswertung von etwa einer Million Fälle. In der Praxis werden dann die ambulanten Pauschalen und der Einzelleistungstarif miteinander kombiniert: Über die Pauschalen sollen insbesondere ressourcenintensive Behandlungen an einem Tag abgerechnet werden, Konsultationen zur Vor- und Nachbetreuung dagegen über den Einzelleistungstarif.
Welche Vorteile sollen ambulante Pauschalen bringen?
Politisch ist es geplant, den ambulanten Bereich des Schweizer Gesundheitswesens auszubauen. Das neue Tarifsystem zur Abrechnung ambulanter Behandlungen soll dafür die passenden Anreize setzen, die medizinische Entwicklung fördern und zugleich bezahlbar bleiben. Darüber hinaus soll es bürokratische Steuerungsversuche für den ambulanten Bereich überflüssig machen.
Laut Hplus und Santésuisse bietet das neue Tarifsystem die folgenden Vorteile:
Faire und transparente Vergütung
Die ambulanten Pauschalen sollen es ermöglichen, gleiche medizinische Leistungen stets gleich zu bewerten. Wie beim Fallpauschalensystem SwissDRG soll sich auch das neue ambulante Tarifsystem kontinuierlich verbessern lassen. Das funktioniert über aktuelle Kosten- und Leistungsdaten der Leistungserbringer sowie über Antragsverfahren, die ebenfalls bereits aus dem stationären Bereich bekannt sind. Dadurch soll sich die Tarifstruktur flexibel an neue medizinische Entwicklungen und veränderte Kostenstrukturen anpassen und eine faire Vergütung medizinischer Leistungen ermöglichen.
Weniger administrativer Aufwand
Die ambulanten Pauschalen und das Zusammenspiel mit dem Einzelleistungstarif TARDOC basiert den Tarifpartnern zufolge auf klaren und verständlichen Regeln mit wenig Interpretationsspielraum. Eindeutig definierte Inhalte und überprüfbare Kriterien sollen den administrativen Aufwand für alle Beteiligten reduzieren.
Beseitigung von Fehlanreizen
Die Abrechnung nach ambulanten Pauschalen soll zudem Fehlanreize beseitigen, wie sie mit der Einzelleistungsvergütung Tarmed in Verbindung stehen. Statt jede einzelne Leistung zu erfassen, werden in Zukunft alle Leistungen, inklusive Behandlungen, Material und Medikamenten, pauschal zusammengefasst und vergütet.
Änderungen in der Tarifversion 1.0
Die Tarifversion 1.0 beinhaltet die folgenden Änderungen:
- Geschärfter Anwendungsbereich: Im Gegensatz zur Vorgängerversion konzentriert sich die Tarifversion 1.0 weniger auf praxisambulante Behandlungen und mehr auf medizinische Leistungen in ressourcenintensiven Infrastrukturen. Ambulante Pauschalen decken nun 43 Prozent der medizinischen Leistungen im spitalambulanten Bereich ab.
- Geschärfte Anwendungsmodalitäten: Auch die Anwendungsmodalitäten wurden für die Tarifversion 1.0 noch einmal geschärft, um den Interpretationsspielraum weiter zu reduzieren und für mehr Effizienz bei der Abrechnung zu sorgen.
- Präzisierter Katalog: Die Rückmeldungen der verschiedenen Tarifpartner wurden unter anderem genutzt, um den Katalog an abrechenbaren Leistungen zu präzisieren. Im Bereich Kindermedizin wurde die Tarifstruktur in Zusammenarbeit mit den Kinderspitälern überarbeitet. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren liegt der Finanzierungsgrad nun bei 100 Prozent.
- Mehr Transparent: Um die Transparenz des ambulanten Tarifsystems zu erhöhen, hat die Solutions Tarifaires Suisses bereits um Frühjahr 2023 einen Datenspiegel auf ihrer Website veröffentlicht. Anwender des Tarifsystems sowie Interessierte sollen sich so jederzeit über die Kennzahlen der aktuellen Tarifversion informieren können.