Amitriptylin galt lange als Goldstandard-Antidepressivum. Die ersten Vertreter wurden in den 1950-er Jahren entwickelt. Mittlerweile stehen viele andere Optionen für die Behandlung zur Verfügung, doch Amitriptylin gehört nach wie vor zu den am häufigsten verordneten antidepressiven Wirkstoffen. Präparate mit dem Wirkstoff zählen zur Gruppe der trizyklischen Antidepressiva mit stimmungsaufhellender und sedierender Wirkung. Auch in vielen anderen Anwendungsgebieten werden die Mittel erfolgreich eingesetzt.
Das Wichtigste auf einen Blick
1. Amitriptylin blockiert die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin und bindet zudem an weiteren Rezeptoren verschiedenster Signalwege.
2. Neben Depressionen können mit dem Arzneimittel auch Schlafstörungen und bestimmte chronische Schmerzarten behandelt werden.
3. Der maximale Plasmaspiegel ist nach ein bis fünf Stunden erreicht. Die Substanz wird vorwiegend in der Leber abgebaut.
Amitriptylin – Wirkung
Mit Amitriptylin werden depressive Erkrankungen behandelt. Wie Doxepin und Trimipramin gehört der Arzneistoff zu den trizyklischen Antidepressiva, die einen beruhigenden, stimmungsaufhellenden und angstlösenden Effekt haben. Dies wird durch die Beeinflussung von Botenstoffen im Gehirn entfaltet. Es wird vermutet, dass Depressionen durch einen Mangel, beispielsweise an Serotonin, gefördert werden. Hier hilft Amitriptylin. Der stimmungsaufhellende Effekt setzt meist nach zwei bis drei Wochen ein, der beruhigende früher. Der schmerzlindernde Effekt resultiert ebenfalls aus dem Einfluss, den das Medikament auf die Serotonin-Konzentration hat. Der Botenstoff filtert eingehende Schmerzsignale und ist daher entscheidend bei der Wahrnehmung von Schmerzen.
Die folgende Grafik zeigt den Wirkmechanismus von trizyklischer Antidepressiva:
Amitriptylin – Anwendung und Dosierung
Die Anwendung von Amitriptylin erfolgt meistens in Form von Tabletten, zum Teil mit verzögerter Wirkstofffreisetzung über einen längeren Zeitraum. Auch Tropfen und Injektionslösungen sind mit dem Wirkstoff verfügbar. Dabei hängt die Dosierung vom Anwendungsgebiet ab. Bei der Behandlung von Depressionen ist sie oft höher als bei neuropathischen Schmerzen. Die empfohlene Anfangsdosis liegt dabei zwischen 10 und 25 Milligramm. Ambulant beträgt die maximale Tagesdosis 150 Milligramm. Bei Dosen von mehr als 100 Milligramm gilt Vorsicht.
Wann wird das Medikament eingesetzt?
Amitriptylin dient der Behandlung depressiver Erkrankungen und psychischer Beschwerden, bei denen die Stimmungslage beeinträchtigt ist oder Unruhe und Ängste vorliegen. So können mit dem Medikament auch Angststörungen therapiert werden, die die Stimmung negativ beeinflussen. Mit der beruhigenden Wirkung ist es zudem bei Schlafstörungen hilfreich. Daneben kommt das Medikament zur langfristigen Schmerzbehandlung zum Einsatz, beispielsweise bei:
- Nervenschmerzen
- Spannungskopfschmerzen
- Migräne
- Fibromyalgien (Schmerzen am Bewegungsapparat)
Wie für trizyklische Antidepressiva üblich kann mit Amitriptylin auch das Reizdarmsyndrom behandelt werden.
Wie wird Amitriptylin richtig eingenommen?
Amitriptylin wird über den Tag eingenommen, bei verzögerter Wirkstofffreisetzung meist abends, denn insbesondere zu Beginn der Behandlung ist Müdigkeit eine mögliche Nebenwirkung. Die Dosierung erfolgt ein- und ausschleichend. Sie ist von der Indikation abhängig. Entscheidende Faktoren sind das Krankheitsbild, Alter, Verträglichkeit, Stoffwechsel und Vorhandensein anderer gesundheitlicher Beschwerden.
Was gibt es bei der Einnahme von Amitriptylin noch zu beachten?
Die richtige, vom Arzt individuell abgestimmte Dosierung bei Amitriptylin ist wichtig. Es kann bei einer Überdosierung zu vielen unerwünschten Erscheinungen kommen. Dazu zählen Krämpfe, Atem- und Bewusstseinsstörungen, erhöhter Puls und Probleme beim Wasserlassen. Bei vergessener Einnahme wird sie zum nächsten vorgesehenen Zeitpunkt normal fortgeführt und nicht in der doppelten Menge. Eine langsame Reduktion unter ärztlicher Anleitung ist beim geplanten Absetzen des Mittels wichtig. Sonst drohen unerwünschte Wirkungen. Aufgrund der sedierenden Wirkung kann die Einnahme die Fahrtüchtigkeit und Bedienung von Maschinen beeinträchtigen.
Amitriptylin – Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen von Amitriptylin sind:
- Trockener Mund
- verstopfte Nase
- Benommenheit und Müdigkeit
- vermehrtes Schwitzen
- Zittern
- Schwindel
- niedriger Blutdruck und Kreislaufstörungen
- Herzrhythmusstörungen
- Gereiztheit
- Sprachstörungen
- beeinträchtigte Scharfsicht
- Kopfschmerzen
- Verstopfung und Übelkeit
- Zunahme des Gewichts
- Libidoverlust
Die Nebenwirkungen klingen meistens nach ein bis drei Wochen ab und dann tritt die antidepressive Wirkung ein.
Leukopenie durch Amitriptylin?
Leukopenie, eine verminderte Anzahl der weissen Blutkörperchen, ist eine seltene mögliche Arzneimittelwirkung, die bei der Einnahme von Amitriptylin entstehen kann, wie es beispielsweise bei der Behandlung von Migräne mit dem Wirkstoff festgestellt wurde. Nach der Beendigung der Einnahme hat sich das Blutbild wieder normalisiert.
Amitriptylin – Wechselwirkungen
Amitriptylin sollte nicht verabreicht werden bei einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und einer gleichzeitigen Therapie mit:
- MAO-Hemmer
- Phenothiazine
- Johanniskraut
- Neuroleptika
- Mittel gegen Parkinson, wie Biperiden
- Antihistaminika
- Zentral wirksame Blutdrucksenker, wie Clonidin
- Atropin
- Cimetidin
- Methylphenidat
Die Kombination von MAO-Hemmern kann zum lebensbedrohlichen Serotoninsyndrom führen. Bei Alkoholkonsum ist ebenso eine gegenseitige Verstärkung der Wirkung möglich.
Amitriptylin – Kontraindikationen
Kinder unter sechs Jahren dürfen das Arzneimittel nicht einnehmen und unter 18 Jahren lediglich unter Abwägung des Nutzen-Risikoverhältnisses. Nicht angewendet werden sollte es zudem bei:
- Herzerkrankungen, wie eine bestehende Herzinsuffizienz oder ein kürzlich erlittener Herzinfarkt
- Schwerwiegende Leberfunktionsstörung
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung
- Pylorusstenose
- Darmverschluss
- Nicht behandeltes Engwinkelglaukom
- Psychopharmaka Vergiftungen
Bei älteren Menschen ab 65 Jahren ist eine sorgfältige Überwachung der Behandlung wichtig. Das Risiko, dass delirante Syndrome auftreten, ist erhöht. Amitriptylin sollte in der Schwangerschaft, vor allem im ersten und letzten Trimenon möglichst nicht verordnet werden. Da der Wirkstoff in die Muttermilch übergeht, gilt das ebenso während der Stillzeit.