Dass gerade im Spital arbeitende Ärztinnen und Ärzte Anti-Stress-Tipps gut gebrauchen können, legen zahlreiche Studien nahe. Die aktuelle Mitgliederbefragung des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) zeigt zum Beispiel, dass sich zwei Drittel der Spitalärzte häufig müde fühlen. Stehen Mediziner unter Stress, leidet die Patientensicherheit. Der folgende Artikel gibt Tipps, die bei der Bewältigung von Stress helfen können.
Die häufigsten Ursachen für Stress im Spital
Warum sich Assistenz- und Oberärzte so gestresst fühlen, wird bei der Lektüre der VSAO-Mitgliederbefragung schnell klar: 68 Prozent der Befragten arbeiten länger, als es das Arbeitsgesetz erlaubt. Rund die Hälfte der Ärzteschaft arbeitet im Durchschnitt mehr als 50 Stunden die Woche. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit liegt bei 56.3 Stunden und damit leicht höher als bei der letzten Umfrage im Jahr 2019 (55.7 Stunden). Die hohe Belastung hat Konsequenzen: 52 Prozent der Befragten denken daran, ihren Beruf aufzugeben. Bei der letzten Mitgliederbefragung waren es noch 39 Prozent.
Die FMH macht als Hauptgründe für den Stress im Spital ebenfalls ein hohes Arbeitsvolumen und zu wenig Schlaf aus, ebenso wie Unsicherheiten bei der Diagnosestellung und die Anforderung, das medizinische Wissen stets aktuell zu halten. Unter dem hohen Druck leidet die Behandlungsqualität. Das bestätigen unter anderem 44 Prozent von 1.311 befragten Chirurgen aus Schweizer Spitälern.
Techniken gegen den Stress
Die hohe Arbeitsbelastung im Spital lässt sich nicht kurzfristig abbauen. Ärzte können aber selbst etwas dafür tun, um mehr innere Ausgeglichenheit zu finden. Psychologen empfehlen die folgenden Anti-Stress-Tipps.
Glaubenssätze prüfen
Glaubenssätze sind innere Überzeugungen, die alle Menschen in sich tragen. Negative Glaubenssätze tragen zum Stress bei. Wer häufig denkt, dass die Kollegen bessere Arbeit leisten, dass sich die Arbeitssituation ohnehin nicht ändern lässt oder einfach von seiner eigenen Leistung nicht überzeugt ist, sollte seine Glaubenssätze überprüfen und nach Möglichkeit gegen positive Gedanken austauschen.
Körpersprache überprüfen
Negative Gedanken spiegeln sich auch in der Körperhaltung wider. Die Muskeln verkrampfen, der Rücken schmerzt, die Atmung wird flach. Um Stress abzubauen, empfiehlt es sich daher, die eigene Physiologie zu beachten. Eine gerade Körperhaltung, tiefes und bewusstes Einatmen in den Bauch und ein Lächeln auf den Lippen tragen zur Entspannung bei.
Die Arbeitswoche mental vorbereiten
Viele gestresste Ärzte tragen sich auch an ihren freien Tagen mit Sorgen für die nächste Arbeitswoche. Beim Abbau derartiger Ängste hilft es, sich die kommenden Arbeitstage genau vorzustellen und sich dabei auf die reinen Fakten zu konzentrieren. Die anstehenden Aufgaben auf diese Weise durchzugehen, wirkt dem diffusen Gefühl der Bedrohung entgegen.
Es nicht allen recht machen wollen
Ärzte unterliegen zwar einem hohen Perfektionsdrang, können es aber nicht allen recht machen. Es wird immer Menschen geben, die mit gewissen Entscheidungen nicht zufrieden sind. Beim Stressabbau hilft es, sich diese Tatsache vor Augen zu führen.
Konstruktiver Umgang mit externen Stressfaktoren
Ursachen für Stress im Spital gibt es viele – die meisten davon können Ärzte nicht selbst beeinflussen. In einigen Fällen hilft es allerdings, aktiv zu werden. Geht der Stress zum Beispiel von schwierigen Vorgesetzten oder ungünstigen Dienstplänen aus, lohnt es sich durchaus, ein klärendes Gespräch zu suchen.
Pausen einlegen
Der stressige Arbeitsalltag im Spital lässt kaum Zeit für Pausen. Wer kann, sollte sich allerdings wann immer möglich fünf Minuten Zeit nehmen, an die frische Luft gehen und sich auf seine Atmung fokussieren. Das macht den Kopf frei und stärkt die Konzentration.
Unterstützung suchen
Bei Stress hilft es oft, wenn man einmal Dampf ablassen und sich die Probleme von der Seele reden kann, zum Beispiel mit Kollegen, denen es ähnlich geht. Dabei sollte man allerdings darauf achten, dass die Gespräche nicht in Lästereien enden, sondern in eine konstruktive Richtung gehen.
Neuen Arbeitsplatz suchen
Ändert sich die Situation langfristig nicht und die eigene Gesundheit leidet, bleibt als letzter Schritt, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen. Wer seine eigenen Bedürfnisse kennt, hat eine gute Chance, eine Anstellung zu finden, die diesen besser gerecht wird.