Die Rückenwirbel des Menschen sind von 23 Bandscheiben gepolstert, die wie kleine Wasserkissen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern sitzen und jede Belastung abfedern, die auf die Wirbelsäule einwirkt. Jede Bandscheibe besteht dabei aus einem Gelkern und einem festen Faserring, der den Kern schützend umschliesst. Mit zunehmendem Alter bildet dieser Faserring kleine Risse und kann somit allmählich den Kern in den Wirbelkanal vorwölben oder gar ganz reissen. Das ist dann der klassische Bandscheibenprolaps oder umgangssprachlich Bandscheibenvorfall. Die Schmerzen werden dadurch ausgelöst, dass der weiche Kern einer Bandscheibe auf die dort befindlichen Nerven drückt. Aber nicht jeder Vorfall verursacht auch Schmerzen.
Inhaltsverzeichnis
Was man dafür tun kann, damit es gar nicht erst so weit kommt, wie man einen Bandscheibenvorfall diagnostiziert und welche Behandlungsmethoden es gibt, erklären wir hier ausführlich.
Bandscheibenvorfall: Symptome
Die Symptome des Bandscheibenvorfalls richten sich jeweils nach dem betroffenen Körperareal: Bei einem Vorfall im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) können die Schmerzen in die Arme ausstrahlen. Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) sind hingegen die Hauptursache für Ischialgien (umgangssprachlich „Ischias“). Ischialgien sind Schmerzen, die über ein Bein und ggf. sogar bis in den Fuss hinein ausstrahlen. Neben den typischen ausstrahlenden Schmerzen kann sich ein Bandscheibenvorfall aber auch durch Schmerzen im unteren Rücken bemerkbar machen.
Ein Bandscheibenvorfall kann entweder langsam und schleichend eintreten oder plötzlich einen heftig einschiessenden Schmerz auslösen. In letzterem Fall spricht man umgangssprachlich daher auch vom sog. „Hexenschuss“. Selten kommt es neben diesen Schmerzen auch zu Gefühlsstörungen im Gesässbereich oder Lähmungserscheinungen. Betroffene beklagen z.B. ein taubes Gesäss, unbestimmtes Kribbeln wie bei eingeschlafenen Gliedmassen oder gar Betäubungsgefühle in den Beinen. Diese extremen Symptome weisen dann aber oft auf ein sehr ernsthaftes Problem wie eine Nervenschädigung hin, die man sofort ärztlich behandeln lassen muss. Ist auch die Blasen- oder Darmfunktion gestört, muss ebenfalls sofort behandelt werden. Dieses sog. Kauda-Syndrom ist dann ein medizinischer Notfall.
Klassische Symptome
Zu den klassischen Symptomen eines Bandscheibenvorfalls zählen meist die folgenden Beschwerden oder eine Kombination:
- starke Rücken- oder Nackenschmerzen im Bereich der betroffenen Rückenmarksnerven, die bis ins Bein (Aussen- oder Innenseite) bzw. in die Arme ausstrahlen
- Schmerzverstärkung beim Husten, Niesen oder Pressen auf der Toilette
- Einschränkungen der Beweglichkeit
- Kribbeln, Reflexausfälle, Sensibilitätsstörungen, Taubheitsgefühle
- Lähmungserscheinungen (selten)
- Harn- und Darmprobleme (selten)
- Störungen der Sexualfunktion, z.B. Erektionsstörungen (selten)
Treten diese Symptome vereinzelt oder in Kombination auf, sollten sie sicherheitshalber durch eine/n Arzt/Ärztin abgeklärt werden.
Aber nicht jeder Bandscheibenvorfall ist mit eindeutigen Symptomen wie Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder Ziehen verbunden. Studien, in denen Erwachsene ohne jegliche Rückenschmerzen mittels Kernspintomografie untersucht wurden, zeigten, dass mehr als 50 von 100 Untersuchten bereits eine vorgewölbte Bandscheibe hatten. Bei etwa 20 von 100 Untersuchten war die Bandscheibe sogar bereits stärker geschädigt oder es war gar Gewebe ausgetreten, ohne jegliche Beschwerden auszulösen. Man kann sich also nicht zwingend auf das eindeutige Symptom Schmerz verlassen.
Bandscheibenvorfall: Ursachen & Risikofaktoren
Bei den meisten Menschen sind Bandscheibenvorfälle die Folge von altersbedingten oder durch falsche Bewegung bzw. Haltung verursachten Verschleisserscheinungen. Mit den Jahren nimmt die Elastizität der Bandscheiben genauso ab wie die von Muskeln oder Haut: Sie alle verlieren Flüssigkeit und werden dadurch allmählich spröde und rissig. Solche Veränderungen sind ein normaler Teil des menschlichen Alterungsprozesses. Sehr selten kann aber auch z.B. ein Unfall oder eine schwere Verletzung zu einem Gewebevorfall führen.
Die Bandscheiben wirken im „Normalfunktionszustand“ wie Stossdämpfer zwischen den einzelnen Rückenwirbeln. Wenn eine Bandscheibe Belastungen der Wirbelsäule nicht mehr so gut abfedern kann, kann es zu einem Bandscheibenvorfall kommen. Die damit verbundenen Schmerzen entstehen zumeist, weil Bandscheibengewebe auf einen Nerv im Bereich des Rückenmarks drückt.
Ähnlich fühlt sich ein anderes Krankheitsbild an: Wenn vorgewölbtes oder ausgetretenes Gewebe eine Nervenwurzel im Bereich der Lendenwirbelsäule reizt, führt das häufig zu den typischen Ischiasschmerzen. Die Spinalnerven, die im Wirbelkanal verlaufen, verbinden sich im Becken zum Ischiasnerv, der die Beine versorgt. Ein gereizter Ischiasnerv kann neben Schmerzen auch Kribbeln und Taubheitsgefühle auslösen. Eine Ischisreizung kann aber auch von allein und unabhängig von einem Bandscheibenvorfall auftreten.
Schweregrade
Fachleute unterscheiden die drei nachfolgenden Schweregrade in aufsteigender Intensität:
- Bandscheibenvorwölbung (Protrusion): Die Bandscheibe wölbt sich zwischen den Wirbelkörpern hervor, ihre äussere Hülle ist aber noch intakt.
- Extrusion: Die äusserste Hülle der Bandscheibe ist gerissen und Bandscheibengewebe tritt aus, das ausgetretene Gewebe ist aber noch mit der Bandscheibe verbunden.
- Sequestrierter Bandscheibenvorfall (Sequester): Ist Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal ausgetreten und hat keinen direkten Kontakt mehr zur Bandscheibe, wird das „lose“ Bandscheibengewebe als Sequester bezeichnet.
Diese Einteilung hat jedoch keinen zwingenden Einfluss darauf, welche Beschwerden auftreten und wie stark sie sind. Jemand kann z.B. einen sequestrierten Bandscheibenvorfall mit leichtem Ziehen haben, während jemand anders nur eine leichte Protrusion hat und dennoch starke Schmerzen leidet. Die Art des Bandscheibenvorfalls ist daher nur für die Wahl der Behandlung und den Krankheitsverlauf von Bedeutung, kein Indikator für die Stärke der begleitenden Symptome.
Bandscheibenvorfall: Diagnose
Die Abklärung von akuten Rückenschmerzen erfolgt normalerweise durch die Befragung des/-r Patienten/-in und eine körperliche Untersuchung. Röntgenaufnahmen sind zur Diagnose eines Bandscheibenvorfalls kaum geeignet, weil sie durch die mangelhafte Abbildung der Weichteile hier nicht sehr aussagekräftig sind. Sucht ein/e Patient/-in wegen unspezifischer Schmerzen im Rücken oder Nacken eine/n Arzt/Ärztin auf, erfragt der/die Arzt/Ärztin daher meist zunächst die Krankengeschichte (Anamnese) und führt eine kurze körperliche Untersuchung durch. Mit verschiedenen Bewegungstests kann man so z.B. das Vorliegen einer Nervenreizung abklären.
Untersuchungsmethoden
Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie z.B. einer Kernspintomografie sind nur in diesen seltenen Fällen nötig:
- wenn an einem oder beiden Beinen Lähmungserscheinungen auftreten
- wenn die Blasen- oder Darmfunktion gestört ist
- wenn die Schmerzen trotz Behandlung kaum erträglich sind
- wenn starke Beschwerden trotz Behandlung über Wochen anhalten
- wenn der Verdacht besteht, dass eine andere Erkrankung die Schmerzen verursacht, z.B. ein Tumor
Weitere Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren, z.B. MRT, sind nur bei den folgenden ebenfalls sehr seltenen Indikationen notwendig:
- bei akuten Anzeichen einer Reizung der Rückenmarksnerven (radikuläre Symptomatik) mit starken, ausstrahlenden Schmerzen, Gefühls- und Muskelstörungen
- bei einem über mehrere Wochen therapieresistenten Schmerzsyndrom
- bei Verdacht auf eine ernste Organerkrankung (z.B. Nieren)
Bandscheibenvorfall: Behandlung
Überraschenderweise ist die beste Behandlung eines Bandscheibenvorfalls oftmals – gar keine. Selbst heftige Rücken- und Ischiasbeschwerden klingen nämlich mit der Zeit meist von ganz allein wieder ab. Bis dahin können jedoch verschiedene schmerzlindernde Behandlungen helfen, mit den Beschwerden zurechtzukommen. Das Therapieziel sollte es daher sein, trotz Schmerzen so aktiv wie möglich zu bleiben, also sich zu bewegen, statt zu schonen. Die Behandlung der Schmerzen selbst führt aber nicht dazu, dass sich die Genesung beschleunigt, sondern erleichtert lediglich die heilende Bewegung. Die eigentliche Hauptarbeit leistet der Körper meist selbst, denn oftmals „rutschen“ Bandscheiben wieder von allein in ihre Ausgangsposition zurück.
Wenn allerdings starke Ischiasbeschwerden durch einen Bandscheibenvorfall länger als sechs Wochen andauern, kann in diesem Ausnahmefall auch eine Operation infrage kommen, um den betroffenen Nerv zu entlasten. Eine Operation ist aber nur dann nötig, wenn die Nerven so stark beeinträchtigt sind, dass die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren oder bestimmte Muskeln zu sehr geschwächt sind. Das kommt jedoch nur in sehr seltenen Einzelfällen vor.
Es gibt daher vielfältige Behandlungsmethoden, die man in der nachfolgenden Reihenfolge in Betracht ziehen kann.
Selbstheilung
Akute Kreuzschmerzen haben meist keine bestimmte Ursache und verschwinden i.d.R. innerhalb einiger Tage mit sanfter Bewegung von selbst. Dieses Prinzip trifft auch auf den Bandscheibenvorfall zu, den der Körper normalerweise innerhalb von sechs Wochen von allein korrigiert. Die meisten Behandlungen können die Genesung zwar nicht beschleunigen, aber die Therapiezeit erleichtern. Z.B. Wärmepackungen oder Massagen können in manchen Fällen das Wohlbefinden verbessern. Auch Entspannungsübungen in Entlastungshaltung und entzündungshemmende Schmerzmittel oder lokal betäubende Medikamente können die Beschwerden kurzfristig lindern.
Wichtig ist vor allem, trotz der Beschwerden möglichst aktiv zu bleiben, d.h. spazieren zu gehen und sich zu recken und zu strecken. Bewegung hält nicht nur den Körper fit, sie wirkt sich meist auch auf das Gemüt positiv aus und beeinflusst damit die Selbstheilungskräfte des Körpers. Damit Rückenschmerzen nicht chronisch werden, ist es wichtig, sich ausreichend zu bewegen und die Rumpfmuskulatur kräftig zu halten.
Massagen & Co.
Bei der Behandlung von Schmerzen, die durch Bandscheibenvorfall oder Ischias ausgelöst wurden, werden meist mit einigem Therapieerfolg manuelle und physikalische Therapien angewendet. Zu den manuellen Behandlungen gehören Massagen und bestimmte Handgriffe von geschulten Therapeuten/-innen, mit denen man verspannte Muskeln oder blockierte Gelenke lockern kann. Physikalische Therapien nutzen hingegen je nach Indizierung Wärme oder Kälte, um Schmerzen zu lindern.
Diese Behandlungen werden auch als passive Therapien bezeichnet, da die Patienten/-innen hier nicht aktiv mitarbeiten, sondern sie passiv „hinnehmen“. Schulmedizinisch ist bislang noch nicht eindeutig belegt, dass passive Behandlungen die Genesung nach einem Bandscheibenvorfall beschleunigen oder die Schmerzen besonders gut lindern können. Viele Menschen empfinden eine Massage oder Wärmeanwendung jedoch generell als angenehm, und das allein kann viel für den Genesungsprozess tun.
Die am häufigsten eingesetzten passiven Behandlungsmethoden sind:
- Massagen: Verschiedene Massagetechniken lockern die Muskeln und lösen Verspannungen.
- Wärme- und Kälteanwendungen: Hierzu gehören z.B. Wärmepflaster oder -packungen, Medizinalbäder, Saunagänge oder Infrarot-Bestrahlungen. Wärme tut bei verspannten Muskeln gut, bei Nervenreizungen werden hingegen eher Kältepackungen in Form von Umschlägen oder Gelkissen eingesetzt.
- Ultraschalltherapie: Hierbei behandelt man den unteren Rücken mit Schallwellen, die durch feine Vibrationen Wärme erzeugen und so das Gewebe lockern sollen.
Fernöstliche Therapiemethoden
Fernöstliche Therapiemethoden sind bei der Behandlung von Bandscheibenvorfällen oder Ischias noch weniger schulmedizinisch belegt als klassische Massagetherapien. Sie können jedoch in Einzelfällen genauso durch ihre entspannende Wirkung einen positiven therapeutischen Effekt erzielen.
Beispiele für Behandlungstechniken aus fernöstlichen Therapierichtungen sind:
- Akupunktur: Bei der Akupunktur sticht der/die Therapeut/in hauchfeine Nadeln in bestimmte Punkte (sog. Energie- oder Reizpunkte) des Körpers.
- Reiki: Bei dieser aus Japan stammenden Behandlung sollen Schmerzen durch Energieflüsse per Handauflegen gelindert werden.
- Moxibustion: Hierbei werden bestimmte Körperstellen (sog. Therapiepunkte) gezielt erwärmt, z.B. indem glimmende Stangen aus getrocknetem Beifuss (Moxa) oder erhitzte Nadeln nah an die Therapiepunkte gebracht werden.
Rehabilitation
Ziel einer klassischen Rehabilitation ist es, Beschwerden und Beeinträchtigungen infolge eines Bandscheibenvorfalls zu verringern, die Rumpfmuskulatur gezielt zu stärken und so die Stabilität der Wirbelsäule zu verbessern. Eine Rehabilitation kann z.B. Rückenschule, Dehn- und Entspannungsübungen, gezieltes Krafttraining, Yoga, Pilates und andere Massnahmen beinhalten.
Eine Rehabilitation kommt grundsätzlich für alle Menschen infrage, die durch ihre Rückenschmerzen so stark beeinträchtigt sind, dass sie nicht arbeiten können oder im Alltag eingeschränkt sind. Auch nach einer Operation kann eine Reha als Anschlussheilbehandlung sinnvoll sein.
Wirbelsäulennahe Spritzen
Bei der sog. Injektionsbehandlung werden meist örtliche Betäubungsmittel oder entzündungshemmende Medikamente wie Kortikoide in die unmittelbare Umgebung der gereizten Nervenwurzel gespritzt. Dabei gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten:
- Lumbale Spinalnervenanalgesie: Bei der LSPA (auch Wurzelblockade genannt) wird das Medikament direkt an die Austrittsstelle der Nervenwurzel aus dem Wirbelkanal gespritzt und die Nervenwurzel betäubt.
- Lumbale Periduralanalgesie: Hierbei werden die Medikamente in den Periduralraum gespritzt, der das Rückenmark und die Rückenmarksflüssigkeit im Wirbelkanal umgibt. Hier liegen u.a. auch die Nervenwurzeln. Während dieser Behandlung stellt eine Computertomografie oder Röntgendurchleuchtung der Wirbelsäule sicher, dass die Spritze an der richtigen Stelle gesetzt wird.
Aber Achtung: Diese Spritzen können teils schwerwiegende Nebenwirkungen wie Nachblutungen, Infektionen und Nervenverletzungen zur Folge haben. Eine längerfristige Behandlung mit Spritzen kann ausserdem zu einer permanenten Muskelschwächung führen und geht ausserdem aufgrund der begleitenden Röntgenkontrolle mit einer nicht zu vernachlässigenden Strahlenbelastung einher. Daher darf nur eine begrenzte Anzahl von Spritzen gegeben werden und es ist wichtig, die mehrfache Behandlung sorgsam abzuwägen.
Operation
In wenigen Ausnahmefällen kann bei starken Beschwerden, die länger als sechs Wochen andauern und eindeutig von einem Bandscheibenvorfall verursacht werden, nach einer entsprechenden Diagnostik auch eine Operation durchgeführt werden. Das Ziel dieser Operation ist es, den betroffenen Nerv zu entlasten. Sie ist ausschliesslich bei den folgenden Symptomen angezeigt:
- schwerer Bandscheibenvorfall beim Nervenbündel am Ende des Rückenmarks (cauda equina Syndrom) mit neurologischen Ausfällen und Mastdarmstörung
- Blasen- und Mastdarmlähmung
- schwere motorische Ausfälle
Die Bandscheiben-Operation kann als offene Operation (konventionelles Verfahren) mit einem Hautschnitt oder als mikrochirurgisches Verfahren (Mikrodiskektomie) mit einem Operationsmikroskop durchgeführt werden. Eine dritte Möglichkeit ist eine endoskopische Operation als minimal-invasives Verfahren. Liegen zusätzliche krankhafte Veränderungen vor, z.B. starke Abnutzung der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) oder Verschleiss der Bandscheibe mit einer Reizung der Wirbelkörper (Osteochondrose), kann ggf. auch eine Verschraubung und Versteifung des Bandscheibensegmentes notwendig sein.
Bandscheibenvorfall: Bandscheibenvorfall HWS
Fast 90 Prozent aller Bandscheibenvorfälle ereignen sich im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), bei zehn Prozent ist jedoch die Halswirbelsäule (HWS) betroffen. Die Brustwirbelsäule (BWS) ist so gut wie nie betroffen.
Der natürliche Alterungsprozess und die damit verbundene allmähliche Abnutzung der Wirbelkörper kann zu einem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule führen. Ein Bandscheibenvorfall in der HWS kann auch durch eine ständig wiederkehrende Bewegung oder eine Verletzung der Wirbelsäule ausgelöst werden, wie dies z.B. manchmal bei Boxern/-innen der Fall ist. Ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule kann zu Nackenschmerzen, ausstrahlenden Schmerzen im Arm oder in der Schulter und Taubheitsgefühlen oder Kribbeln in Arm oder Hand führen. Die Stärke und Art der Schmerzen reichen dabei von dumpf, ziehend und schwer zu lokalisieren bis hin zu scharf, brennend und punktuell genau lokalisierbar.
Schmerzen in den Armen und im Nacken sind üblicherweise ein erstes Anzeichen dafür, dass die Nervenwurzeln durch ein Problem im Nacken gereizt werden. Symptome wie Taubheit, Kribbeln und insbesondere Schwäche der Armmuskeln sind ernstzunehmende Warnzeichen dafür, dass dieses Problem ernsthafterer Art sein könnte. Verspürt der/die Patient/in Schwäche in den Armen, muss ein/e Arzt/Ärztin aufgesucht werden, um den Schmerzen in der Halswirbelsäule auf den Grund zu gehen.
Bandscheibenvorfall: Krankheitsverlauf
Nur bei einer bis fünf Personen von 100 Patienten/-innen mit unbestimmten Rückenschmerzen liegt überhaupt ein Bandscheibenvorfall vor. Bei Männern sind Bandscheibenbeschwerden ungefähr doppelt so häufig wie bei Frauen. Der Verlauf eines Bandscheibenvorfalls kann von Patient/in zu Patient/in sehr unterschiedlich sein, da sowohl die Art des Bandscheibenvorfalls sowie das persönliche Schmerzempfinden oftmals sehr unterschiedlich sind. In manchen Fällen verursacht ein Bandscheibenschaden keine Beschwerden und bleibt jahrelang unentdeckt, während andere Patienten/-innen über längere Zeit mehr oder weniger starke Schmerzen haben. In einigen Fällen setzen die Schmerzen sogar plötzlich ein und verschwinden auch wieder von selbst.
Bandscheibenvorfall Vorbeugen
Manchmal kann eine Bindegewebsschwäche (und die Bandscheiben gehören zum Bindegewebe) genetisch bedingt und der Hang zum Bandscheibenvorfall damit generell erhöht sein. Meist liegen Bandscheibenvorfälle jedoch nicht an der Genetik, sondern am modernen Lebensstil, der die Bandscheiben stresst: Übergewicht, zu schwere Einkaufstaschen und Rucksäcke oder Kisten auf der Arbeit im Lager sowie Marathon-Sitzungen vor dem PC bringen irgendwann fast alle Bandscheiben an ihr natürliches Limit. Daher sollte man erwägen, den Alltag bandscheibenfreundlicher zu gestalten.
Möglichkeiten zur Vorbeugung
Es gibt folgende Möglichkeiten der Vorbeugung:
- Bewegung: Durch die ständige Ent- und Belastung der Rückenmuskulatur werden Wasser und Nährstoffe aus dem umliegenden Gewebe in den Gelkern der Bandscheiben hineinmassiert und Stoffwechselprodukte herausgepresst. Dies gewährleistet man am besten durch körperliche Aktivitäten jeder Art: Fahrradfahren statt Auto, Treppe statt Fahrstuhl oder öfter mal ein Spaziergang zwischendurch.
- Abnehmen: Zusatzpfunde belasten Rücken, Wirbelsäule und Bandscheiben. Ein gesundes Körpergewicht hingegen nimmt viel unnötige Belastung von den sowieso ausgelasteten Bandscheiben.
- Richtig Tragen und Heben: Jede/r hat schon gehört, dass man beim Heben schwerer Gegenstände aus den Knien und nicht aus dem Rücken heben sollte. Ausserdem sollte man Lasten gleichmässig verteilen (entweder rechts und links oder vorne und hinten) und immer möglichst nah am Körper tragen. Man sollte auch unbedingt vermeiden, während des Tragens den Rumpf zu verdrehen.
- Rückenschonung: Viele sitzen vor ihrem PC oder Handy wie Eichhörnchen, die Nüsse knabbern: Hände angezogen, Nacken verkürzt, Schultern hochgezogen, Rücken rund und Kopf eingezogen. Davon sollte man generell loskommen und sich vorstellen, dass man Schnüre an den Schulterblättern hat, an denen man nach hinten gezogen wird, und eine Schnur am Scheitel, die einen hochzieht.
- Dynamisches Sitzen: Wenn die „Eichhörnchen-Position“ nur gelegentlich eingenommen wird, ist sie erlaubt, ebenso wie das beliebte „Herumlümmeln“. Wichtig ist nur, dass man regelmässig die Position verändert, sowohl im Sitzen als auch im Liegen und Stehen.
- Gesundes Schlafen: Ausreichend Schlaf ist wichtig für einen gesunden Rücken und sollte individuell angepasst werden. Ist man Seitenschläfer/in, braucht man z.B. ein hohes Stützkissen, ist man Rückenschläfer/in ein flacheres. Die Matratze sollte ausserdem nicht zu weich und nicht zu hart sein.
- Sport: Nordic Walking, Rückenschwimmen, Inlineskaten, Tanzen, Yoga – viele Sportarten halten den Rücken fit und stark. Erlaubt ist, was Spass macht und wobei man mit Vergnügen und einer gewissen Regelmässigkeit bleibt.
Häufige Fragen
- Was ist ein Bandscheibenvorfall?
- Was sollte man bei einem Bandscheibenvorfall nicht tun?
- Kann ein Bandscheibenvorfall von selbst verschwinden?
- Wie kann man einen Bandscheibenvorfall behandeln?
Die Bandscheiben sind die Knorpelfasern mit ihrem gelartigen Kern zwischen den Wirbeln der Wirbelsäule. Sie federn Stösse beim Gehen und Springen ab und ermöglichen somit die Bewegung der Wirbelsäule. Bei einem Bandscheibenvorfall wird dieses Gewebe der Bandscheibe zwischen den Wirbelkörpern allmählich nach aussen gedrückt. Körperliche Beschwerden treten jedoch meist erst auf, wenn die vorgewölbte Bandscheibe bzw. das bereits ausgetretene Gewebe auf eine Nervenwurzel oder einen Nerv drückt. Je stärker die Nervenwurzel gedrückt wird, desto schwerer sind die Beschwerden.
Vor allem chronische Fehlhaltungen können die Bandscheiben schädigen, daher sollte man auf die eigene Körperhaltung achten und nicht „buckeln“. Auch starke Belastungen oder Überlastungen der Wirbelsäule in Beruf und Sport (v.a. durch oftmaliges Heben und Tragen schwerer Lasten oder langes Sitzen am PC) belasten die Bandscheiben. Das Risiko für Schäden an den Bandscheiben lässt sich deutlich verringern, wenn man auf diese Punkte achtet: richtiges Heben schwerer Lasten (mit gebeugten Knien und geradem Rücken), Vermeiden von Überlastungen und Zwangshaltungen sowie Vermeiden von Übergewicht. Eine kräftige Rücken- und Bauchmuskulatur stützt die Wirbelsäule zusätzlich. Vorbeugende Massnahmen sind z.B. Krafttraining zur Stärkung des Muskelkorsetts der Wirbelsäule, Rückenschule oder regelmässige sanfte Bewegung.
Prinzipiell heilt ein Bandscheibenvorfall bei den meisten Menschen innerhalb von sechs Wochen von allein aus. Bis dahin stehen viele Behandlungen zur Verfügung, die dabei helfen sollen, die Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern. Diese sind zumeist Bewegung, Entspannung und Entlastungshaltung. Früher war es hier üblich, Menschen mit einem Bandscheibenvorfall ein bis zwei Wochen strikte Bettruhe zu verordnen. Heute wird im Gegenteil dazu geraten, aktiv zu bleiben, denn durch längeres Liegen werden Muskeln und Gelenke eher schwächer und anfälliger statt belastbarer.
Die Behandlung hängt von der Form des Bandscheibenschadens, der Schwere der Symptome bzw. der Nervenreizung und von der genauen Diagnose der Ursache ab. Treten keine akuten, schweren Symptome (z.B. Lähmungserscheinungen) auf, wird wie bei der normalen Behandlung von Rückenschmerzen zunächst abgewartet, ob sich die Beschwerden in ca. sechs Wochen von allein wieder legen. Dies ist bei rund neun von zehn Patienten/-innen auch der Fall. Die Schmerzen werden dann lediglich mit Medikamenten behandelt. Zu den konservativen Therapiemöglichkeiten zählen v.a. Bewegung, Entspannung in Entlastungshaltung, Medikamente zur Schmerzlinderung und Hemmung von Entzündungen, manuelle und physikalische Therapien sowie wirbelsäulennahe Spritzen. Nur bei schweren Bandscheibenvorfällen ist in seltenen Fällen eine Operation angezeigt.