Personen mit medizinischen Berufen gehören seit Beginn der Pandemie zu den Hochrisiko-Patienten und wurden weltweit in den ersten Impfaktionen durchgeimpft. War zu Beginn die Impfbereitschaft in Medizinbereichen immens hoch, so klang die Nachfrage im weiteren Verlauf kontinuierlich ab. Der Berufsverband „Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte“, kurz FMH, hat zum 1. November eine Studie über die Impfquote und Impfbereitschaft von praktizierenden Ärzten und Ärztinnen in der Schweiz veröffentlicht. Die Zahlen liegen deutlich über dem internationalen Durchschnitt.
FMH-Studie über Spital-Ärzteschaft in der Schweiz
Im Juni 2021 haben 1.603 Ärztinnen und Ärzte an der FMH-Studie teilgenommen, die von dem Forschungsinstitut in Bern durchgeführt wurde. Alle Teilnehmer sind in schweizerischen Spitälern tätig. Dort, wo sie mit Covid-19 in unterschiedlichsten Bereichen am häufigsten in „Berührung“ kommen. Ob auf Infektionsstationen, in der Intensivmedizin, im Labor oder auch bei Patienten, die aufgrund anderer Erkrankungen stationär aufgenommen und zufällig positiv geimpft wurden, in Krankenhäusern gehört seit Ausbruch der Pandemie das Covid-19 zum Alltag vieler medizinischer Angestellten. Die Chance, sich mit Covid-19 anzustecken, liegt doppelt so hoch, wie in anderen Berufen.
Überdurchschnittlich viele Schweizer Ärztinnen und Ärzte durchgeimpft
Von den Studienteilnehmern waren bereits zum Umfragetermin im Juni 2021 93 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte in den Schweizer Spitälern aus dem Bereich der Akut-Somatik durchgeimpft. Das ergibt eine überdurchschnittliche Impfquote im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung. Ihre Impfbereitschaft erklärten vier Prozent der Ärzteschaft. Sie gaben laut Studienergebnissen an, sich noch im Jahr 2021 impfen zu lassen. Damit könnte die Zahl bis zum Jahreswechsel auf 97 Prozent steigen.
Bei Ärztinnen und Ärzten aus der Praxisambulanz liegt die Impfquote zum Befragungszeitraum bei 85 Prozent. Fünf Prozent planen ihre Impfung noch bis zum Jahresende 2021.
Sich nicht impfen lassen wollen oder zumindest im Jahr 2021 keine Impfung mehr vornehmen zu lassen, haben zwei Prozent der Ärztinnen und Ärzte aus der Akut-Somatik angegeben. In der Praxisambulanz liegt der Wert bei sechs Prozent. Zu erwähnen ist, dass zahlreiche Studienteilnehmer eine bereits durchgestandene Covid-19-Infektion als Grund für die bisher fehlende Impfung begründen.
Impfgründe
Ein übermäßig hoher Anteil der Ärzteschaft gibt im Rahmen der Studie das hohe Arbeitsaufkommen während der Corona-Pandemie als Grund zur Impfbereitschaft an. Sie berichten über eine deutlich stressigere Zusatzbelastung im Job, die jeden einzelnen verfügbaren Arzt erfordert. Ein Wegfall aufgrund von Ansteckungen und/oder Quarantänen würde die Situation in den schweizerischen Spitälern drastisch verschlimmern, wenn eine kleinere Belegschaft das Arbeitsaufkommen und die Zusatzbelastungen allein zu bewältigen hätten. Allein die Dokumentationsaufgaben sind rasant in ihrem Umfang gestiegen und nehmen immens mehr Zeit in Anspruch als noch vor der Pandemie.
Zudem sehen sich die meisten Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz dazu verpflichtet, neben den ergriffenen Hygienekonzepten auch selbst ihren Anteil dazu beizutragen, das Ansteckungsrisiko auch für die Patienten so gering wie möglich zu halten. Wie die vergangenen Monate seit Pandemie-Ausbruch zeigt, ist der derzeit effektivste Schutz nur mit Covid-Impfungen zu erreichen. Die Ärzteschaft in der Schweiz sieht es in den meisten Fällen deshalb als unerlässlich, sich impfen zu lassen – auch in der Hoffnung, in den Spitälern bald wieder zum „normalen“ Alltag zurückkehren zu können.
Fakten-Vergleich zum Vorjahr
Wenngleich bereits 2020 die Arbeitsbelastung insbesondere in der ersten großen Infektionswelle eine massive Belastung für Ärzte und Ärztinnen in der Schweiz darstellte, so ist die Arbeitsintensität im Jahr 2021 nochmals gestiegen. Das zeigt sich in den Ergebnissen der ersten Umfrage des Forschungsinstituts im Jahr 2020 im Vergleich zu 2021. Waren es seinerzeit noch 23 Prozent der Ärzteschaft, die die steigende Arbeitsbelastung wahrnahmen, sind es 2021 bereits 37 Prozent. Vor allem in der Akut-Somatik geben knapp 90 Prozent der Mediziner in der Umfrage 2021 einen drastisch gestiegenen Leistungsdruck an. 2020 lag die Prozentzahl noch bei unter 80. Mit über 60 Prozent sehen es die Psychiatrie-Belegschaft und mit 50 Prozent die Rehabilitationsbereiche ebenso.
Durchgeimpft heißt Versorgung sichern
Steigende Infektionszahlen bedeuten für die Ärzteschaft mehr Arbeitsaufwand. Dieser bezieht sich allerdings nicht grundsätzlich auf die direkte Patientenversorgung. Vielmehr nehmen administrative Aufgaben immer mehr Raum ein. Vor zehn Jahren betrug der Aufwand für die Dokumentation im Durchschnitt knapp über 80 Minuten am Tag. Heute liegt der Zeitaufwand bei durchschnittlich 122 Minuten täglich.
In der Akut-Somatik verbringt die Ärzteschaft im Jahr 2021 zudem nur noch ein Drittel ihrer Arbeitszeit mit der Tätigkeit am Patienten. In der Folge beklagen die Mediziner eine rückläufige Zufriedenheit am Arbeitsplatz beziehungsweise mit ihrem Arbeitsbereich. Dennoch beurteilt die Mehrheit der Studienteilnehmer die Qualität der Patientenversorgung immer noch als gut bis sehr gut. Nicht zuletzt ist dies auch der dem Umstand geschuldet, dass fast alle Ärztinnen und Ärzte durchgeimpft sind und dementsprechend keine infektionsbedingten Ausfälle die Arbeitsbelastung noch weiter ansteigen lassen.