Die Schweiz ist als Arbeitsort unter Medizinern sehr beliebt. Da verwundert es nicht, dass jeder dritte Arzt in der Schweiz sein Studium im Ausland abgeschlossen hat. Zum grossen Teil kommen diese ausländischen Ärzte von Deutschland über die Ländergrenze. Doch wieso ist die Schweiz unter ausländischen Medizinern so begehrt und warum lassen sich gerade Ärzte aus Deutschland so gerne im Nachbarland nieder?
In der Schweiz herrscht aktuell ein massiver Mangel an qualifizierten Ärzten – vor allem in der Grundversorgung. Welche Fachrichtungen besonders stark betroffen sind, ist regional unterschiedlich, doch gerade im ländlichen Bereich fehlt es an Medizinern. Gesucht werden insbesondere Hausärzte und Pädiater (Welche Jobs ausserdem besonders nachgefragt sind, lesen Sie in unserem Magazin).
Ursachen des Ärztemangels
Eine Ursache an dieser Situation ist darin zu finden, dass sich in den 1980er-Jahren die Zahl der Studienplätze in der Fachrichtung Medizin verringerte. Daraus resultierte eine niedrigere Zahl an diplomierten Medizinern, die sich einer stetig wachsenden Bevölkerung gegenübersah. Auch heute verfügen die Schweizer Universitäten noch nicht über die Kapazitäten, selbst ausreichend Ärzte auszubilden (Weitere Informationen zum Medizinstudium in der Schweiz). So wurden seit 2002 an den Schweizer Universitäten insgesamt 13.823 eidgenössische Diplome in Humanmedizin erteilt. Im gleichen Zeitraum wurden 35.502 Diplome von Humanmedizinern aus dem Ausland anerkannt – darunter allein 16.926 Diplome aus Deutschland.
Als weitere Ursache für den Personalmangel wird der „Ärztestopp“ genannt. Der Bundesrat beschloss 2002 erstmals eine befristete Begrenzung der Neuzulassungen von Ärzten in der Schweiz. Durch diese umstrittene Massnahme sollte das Wachstum der Gesundheitskosten gestoppt werden.
Ein Mittel, diese Versorgungslücken zu schliessen, sollte der Zuzug von Ärzten aus dem Ausland sein.
Über ein Drittel der Ärzte kommt aus dem Ausland
Aus der FMH-Ärztestatistik geht hervor, dass im Jahr 2019 in der Schweiz insgesamt 37.882 Ärzte berufstätig waren. Der Anteil derer, die über ein ausländisches Diplom verfügen, betrug über einen Drittel der Gesamtärzteschaft (36,3 %). Ein Wert, der im Vergleich mit den Zahlen der Nachbarländer ausserordentlich hoch ist. Denn in Deutschland betrug der Anteil der gemeldeten ausländischen Ärzte im selben Zeitraum beispielsweise 14,45 %, in Österreich praktizierten rund 12 % Mediziner ausländischer Herkunft.
Der Grossteil der Ärzte, die in der Schweiz mit einem ausländischen Diplom praktizieren, stammt aus Deutschland (53,4 Prozent). 7.347 Mediziner waren es im Jahr 2019 insgesamt.
Was macht die Schweiz für Ärzte aus dem Ausland so attraktiv?
Gerade für Ärzte aus den benachbarten Ländern ist die Schweiz aufgrund des Sprachvorteils reizvoll. Ob nun Deutsch, Französisch oder Italienisch, viele ausländische Ärzte können sich in der Schweiz in ihrer Muttersprache verständigen.
Doch auch darüber hinaus bietet die Schweiz viele Vorteile, wie beispielsweise
- eine attraktive Vergütung
- hohe Klinikbudgets
- flache Hierarchien
- geregelter Freizeitausgleich bei Überstunden und
- weniger administrativen Aufwand.
All diese Faktoren üben einen grossen Reiz gerade auf deutsche Ärzte aus, nach dem Studienabschluss und der Facharztausbildung in die Schweiz zu ziehen. Dort helfen sie, die Versorgungslücken zu schliessen.
Könnte sich der Ärztemangel nur verschieben?
Doch wie verändert dieser Prozess die Situation in den Herkunftsländern dieser Ärzte? So positiv der Zuzug ausländischer Fachärzte für die Schweiz ist, so problematisch ist die Abwanderung für die Nachbarländer. Denn: Ziehen junge Mediziner ins Ausland, entsteht wiederum in ihren Herkunftsländern ein Mangel in der medizinischen Grundversorgung.
Gerade in Deutschland, dem Land, deren Ärzte den grössten Anteil an ausländischen Ärzten in der Schweiz ausmachen, ist der Fachärztemangel ebenfalls prekär. Rund 20 % der berufstätigen Ärzte sind 60 Jahre oder älter – werden also voraussichtlich bald aus dem Berufsleben ausscheiden. Gerade in ländlichen Regionen finden viele niedergelassene Mediziner keine Nachfolger für ihre Praxen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzt auch Deutschland verstärkt auf die Zuwanderung von Ärzten aus dem Ausland. So hat sich die Zahl der ausländischen Ärzte, die in Deutschland tätig sind, in den vergangenen 20 Jahren mehr als vervierfacht. Dies hat wiederum eine Verknappung von Medizinern in weiteren Ländern zur Folge.
Dass sich die Versorgungslücken durch die Abwanderung von Ärzten lediglich verschieben, davor warnen Experten bereits. Sie fordern Massnahmen, um für ausreichend medizinischen Nachwuchs zu sorgen.
Fazit
Durch die Begrenzung der Studienplätze in den medizinischen Fachbereichen und dem politisch verordneten „Ärztestopp“ hat die Schweiz selbst zu ihrem Fachärztemangel beigetragen. Gleichzeitig fördert sie aktiv den Zuzug ausländischer Ärzte. Gerade Ärzte aus dem benachbarten Ausland schätzen das Land aufgrund zahlreicher Benefits – allen voran die attraktive Vergütung und die höheren Budgets.
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Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet der Artikel die männliche Form (Arzt, Mediziner), nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben gleichermassen für alle Geschlechter männlich, weiblich und divers (m/w/d).