Da die elektronische Übermittlung von Rezepten zunehmend an Beliebtheit gewinnt, sollen E-Rezepte in der Zukunft möglichst fälschungssicher werden. Der Apothekerverband Pharmasuisse und die Ärzteverbindung FMH drängen auf ein einheitliches System für die gesamte Schweiz. Zusammen mit dem Telemedizin-Anbieter Online-Doctor haben sie das E-Rezept Schweiz-Projekt ausgearbeitet. Bis Ende 2023 sollen alle Schweizer Apotheken angeschlossen sein.
Bisherige Varianten nicht ausreichend vor Fälschung geschützt
Als Screenshot auf dem Handy, als PDF oder als ausgedruckte Kopie lassen sich Rezepte schnell übermitteln und in der Apotheke vorzeigen. Viele dieser Rezepte sind jedoch ungültig. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass auf Papier ausgestellte Rezepte von der ausstellenden Person handschriftlich unterzeichnet werden müssen. Der E-Mail-Übermittlung von Rezepten als PDF steht entgegen, dass die Dateien kopiert und eventuell mehrmals vorgezeigt werden können.
Eigentlich dürfen Apotheken daher nur Original-Rezepte annehmen. In der Praxis werden jedoch häufig Ausnahmen gemacht, etwa wenn die Apotheker/innen ihre Kunden/-innen gut kennen oder telefonisch Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/der Ärztin halten können.
Um die juristische Grauzone zu überwinden, setzen sich Apotheker/innen und Ärzte/-innen bereits seit längerer Zeit für die Einführung fälschungssicherer elektronischer Rezepte ein. Die Herausforderung: Apotheken und Arztpraxen müssen sich auf ein einheitliches System einigen.
Erste Versuche mit E-Rezepten in der Schweiz
Erste Praxisversuche mit elektronischen Rezepten sind vor einigen Monaten gestartet. So stellt beispielsweise der Anbieter Soignez-moi aus der Westschweiz E-Rezepte aus. Dabei handelt es sich um PDF-Dokumente, die vom Arzt oder der Ärztin mit einer digitalen Unterschrift versehen werden. Patienten/-innen drucken das PDF-Rezept aus. Auf dem Aufdruck befindet sich ein QR-Code, der in der Apotheke eingescannt werden kann. Über den QR-Code können Apotheker/innen auch sehen, ob und wann das Rezept bereits eingelöst wurde. Die Person, die das E-Rezept einlöst, muss sich allerdings nicht elektronisch identifizieren.
Genau das kritisieren der Apothekerverband Pharmasuisse und die Ärzteverbindung FMH. Aufgrund der fehlenden Identifikation könne jeder, der Zugriff auf das Rezept habe, den Einlösestatus ändern. Weiterer Kritikpunkt: Die E-Rezepte von Soignez-moi können nur komplett eingelöst werden, eine Teileinlösung ist nicht möglich.
E-Rezept-System von Pharmasuisse und FMH
Pharmasuisse und FMH haben zusammen mit dem Telemedizin-Anbieter Online-Doctor eine eigene Lösung entwickelt, die mit den E-Rezepten von Soignez-moi nicht kompatibel ist. Das System funktioniert wie folgt: Ärzte/-innen stellen das elektronische Rezept mittels ihrer Praxissoftware aus. Patienten/-innen erhalten das Rezept entweder auf digitalem Wege oder als Ausdruck mit QR-Code. Digital übermittelte Rezepte können Patienten/-innen wahlweise auf ihrem Smartphone speichern, direkt an die Apotheke weiterleiten oder ihrerseits ausdrucken. Einlösen können sie es bei jeder Apotheke ihrer Wahl, auch bei Versandapotheken und Apotheken mit Lieferdienst.
Die Apotheken scannen den QR-Code vom Smartphone oder vom Papierausdruck und prüfen, ob das Rezept gültig ist. Bei Einlösung können sie es vollständig oder auch nur zum Teil entwerten. Eine zentrale Speicherung von medizinischen Daten findet nicht statt.
Einführung auf freiwilliger Basis
Pharmasuisse und FMH planen, das E-Rezept Schweiz-Projekt als schweizweite Lösung einzuführen. Bis Ende des Jahres sollen alle Schweizer Apotheken angeschlossen werden – allerdings auf freiwilliger Basis. Mitgliedsapotheken von Pharmasuisse sollen das System gratis nutzen können, Nicht-Mitglieder werden voraussichtlich eine Pauschalgebühr zahlen müssen.
In das E-Rezept werden grosse Hoffnungen gesetzt: Das Abtippen von Rezeptdaten entfällt, was Fehlerquellen eliminieren und Missbrauch vorbeugen soll. Die elektronischen Rezepte können schneller überprüft werden, Prozesse werden optimiert.
Ob das E-Rezept bei Ärzten/-innen, Patienten/-innen und Apotheken auch auf Zuspruch stösst, ist allerdings noch fraglich. In Deutschland etwa ist die Umstellung auf elektronische Rezepte ein wichtiger Bestandteil der Pläne zur Digitalisierung des Gesundheitssystems. Vielen Medizinern/-innen jedoch erscheinen die E-Rezepte als zu wenig fälschungssicher. Für Patienten/-innen ist die Verwendung der E-Rezepte zudem etwas umständlich. Bevor sie die Rezepte auf ihrem Smartphone empfangen können, müssen sie zunächst eine App ihrer Krankenkasse installieren und einen Code eingeben, den sie aber nur nach persönlicher Identifikation erhalten. Das führt dazu, dass gerade einmal ein Tausendstel der 500 Millionen jährlich in Deutschland ausgestellten Rezepte elektronisch eingelöst werden.