Aufgrund der Corona-Pandemie haben die Schweizer Spitäler strenge Besuchsbeschränkungen eingeführt. Die gelten auch auf den Gebärabteilungen. Einige Spitäler überlegen nun, die eingeschränkten Besuchszeiten auch nach der Pandemie beizubehalten. Für die Mütter bedeuten weniger Besucher nämlich oft mehr Ruhe und weniger Stress.
Besuchsbeschränkungen: Ruhigere Atmosphäre, weniger Stress
Kaum ist ein Kind auf der Welt, möchten viele Menschen den neuen Erdenbürger begrüssen: Kurz nach Geburt finden sich Grosseltern, Tanten, Onkel und andere Verwandte auf den Gebärstationen der Spitäler ein. Während der Corona-Pandemie haben die Gebärabteilungen jedoch deutlich strengere Besuchsregelungen eingeführt. Mütter, Neugeborene und auch das Personal sollen möglichst gut vor einer Ansteckung geschützt werden. Die eingeschränkten Besuchszeiten haben allerdings noch andere unerwartete Auswirkungen: Sie führen zu einer wesentlich ruhigeren Atmosphäre, was viele frischgebackene Mütter als positiv bewerten. So berichten es die Berner Spitäler gegenüber der Berner Zeitung. Eine Umfrage von Medinside unter weiteren Schweizer Gebärabteilungen bestätigt diese Einschätzung.
In der Klinik für Geburtshilfe am Universitätsspital Zürich (USZ) beispielsweise wirken Mütter auf der Wochenbett-Abteilung ausgeschlafener und weniger gestresst. Wie Hebammen berichten, haben sie mehr Zeit, um ihr neugeborenes Kind kennenzulernen. Da weniger Besucher vorbeischauen, können sie sich auch besser auf das Stillen konzentrieren. Ähnliche Erfahrungen machen auch die Ärzte am Luzerner Kantonsspital (LUKS) sowie im Kantonsspital St. Gallen. Die Frauen wirken aufnahmefähiger und ruhiger. Im Bethesda-Spital in Basel stellten das Beschäftigen fest, dass sie mehr Zeit haben, sich auf die Bedürfnisse der Mütter einzustellen. Eltern hätten zudem mehr Zeit für sich und das Kind und der Stillbeginn gelänge besser. Im Lausanner Universitätsspital (CHUV) beobachtet man sogar, dass die Babys besser schlafen und mehr trinken. Die Wochenbett-Aufenthalte seien zudem kürzer geworden.
Mütter sind mit neuen Besuchsregeln zufrieden
Angesichts dieser positiven Auswirkungen verwundert es wenig, dass viele Wöchnerinnen mit den strengeren Besuchsregeln zufrieden sind. Anfänglich hätte es zwar grosse Skepsis gegeben, berichten die Spitäler, häufig hätten die Mütter jedoch festgestellt, dass sie neben ihrem Partner gar keine weiteren Besucher wünschen. Im auf Geburtshilfe spezialisierten Bethesda-Spital hat das Personal Eltern zu den neuen Regelungen befragt. Auch hier empfinden viele Wöchnerinnen die eingeschränkten Besuchszeiten nach der Geburt als positiv. Partner und Geschwisterkinder sind von den Einschränkungen ausdrücklich ausgenommen, familiärer Beistand ist also weiterhin gegeben.
Der Besuch des Partners ist auch auf den meisten Schweizer Wöchnerinnen-Abteilungen noch erlaubt – wenn auch ebenfalls eingeschränkt. Das soll die Eltern-Kind-Bindung unterstützen. Gleichzeitig helfen die Besuche des Partners dabei, Befürchtungen gegenüber den strengen Regelungen abzubauen. Einige Spitäler verbieten jedoch auch Besuche des Partners, darunter das CHUV. Dort haben sich vier Mütter auf der Geburtsabteilung mit Corona infiziert, nachdem die Kindesväter trotz leichter Erkältungssymptome zu Besuch gekommen waren.
Kliniken können sich vorstellen, strengere Besuchszeiten beizubehalten
Dass die Corona-Massnahmen zeitnah gelockert werden, erscheint angesichts der aktuellen Infektionslage unwahrscheinlich. Mitte März 2021 steigt die Zahl der Neuinfektionen weiterhin an, 80 Prozent der Neuansteckungen gehen zudem auf mutierte Virus-Varianten zurück. Die Besuchsbeschränkungen auf den Wöchnerinnen-Stationen bleiben daher wohl noch einige Zeit bestehen. Auf vielen Gebärabteilungen kann man es sich jedoch vorstellen, die eingeschränkten Besuchszeiten auch nach Abklingen der Pandemie beizubehalten. Konkrete Pläne gibt es zwar noch nicht. In der Medinside-Umfrage zeigen sich jedoch das USZ und das Bethesda-Spital durchaus aufgeschlossen gegenüber dieser Idee.