Dass man bei vielen Erkrankungen auf ein breites Arsenal an wirksamen Antibiotika zurückgreifen kann, rettet jährlich tausende von Leben. Tatsächlich ist die einstige Wunderwaffe Antibiotikum aber bedroht. Immer mehr Krankheitserreger entwickeln Resistenzen gegen Antibiotika und gewinnen dadurch das Potential, lebensbedrohliche Infektionen auslösen zu können. Dieser Beitrag beschreibt neue Erkenntnisse über die Verbreitung antimikrobieller Resistenzen.
Was sind antimikrobielle Resistenzen?
Unter dem Begriff antimikrobielle Resistenzen versteht man die Resistenz von Krankheitserregern gegen ein oder mehrere antibiotisch wirkende Medikamente. Oft wird in diesem Zusammenhang vereinfachend von einer Antibiotikaresistenz gesprochen. Bei Erkrankungen, die bakteriell verursacht sind, ist eine Behandlung mit einem möglichst wirksamen Antibiotikum unerlässlich. Es kann die Ursache der Erkrankung schnell und ohne schwerwiegende Nebenwirkungen beseitigen. Dass Krankheitserreger, in diesem Fall Bakterien, mit der Zeit Resistenzen gegen solche Medikamente entwickeln, liegt in der Natur der Evolution. Denn auch bei wirksamen Antibiotika schaffen es immer wieder einzelne Bakterien, die Behandlung zu überstehen. Diese besitzen bessere Schutzmaßnahmen gegen das Antibiotikum und können sich zu einem antibiotikaresistenten Stamm weiterentwickeln. Tatsächlich führt der heutige massenhafte Eintrag von Antibiotika allerdings zu einer deutlichen Beschleunigung dieses Effekts.
Warum sind antimikrobielle Resistenzen solch eine große Bedrohung?
Vorangetrieben wird die Zunahme der antimikrobiellen Resistenzen vor allem durch den unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika. Diese kommen nicht selten in der Massentierhaltung vor, um dem Ausbruch von Krankheiten bei beengten und schlechten Haltungsformen vorzubeugen. Aber auch die zunehmende direkte Ansteckung mit resistenten Erregern ist ein großes Problem. Diese oft auch “Krankenhauskeime” genannten Bakterien sind nicht selten gegen mehrere Antibiotika resistent und finden sich oft in Krankenhäusern. Bei Operationen, aber auch auf den Stationen können sich sowohl Patienten als auch das Pflegepersonal mit diesen Keimen infizieren. Solche Infektionen verlaufen nicht selten lebensbedrohlich und machen die Behandlung mit so genannten Reserveantibiotika notwendig. Diese sind vor allem deswegen wirksam, weil sie noch nicht massenhaft im Gebrauch sind und deswegen keine resistenten Erreger existieren.
Dennoch fordern antibiotikaresistente Keime jedes Jahr tausende Opfer. Auch die Wissenschaft spielt eine Rolle bei der Gefahr durch antimikrobielle Resistenzen. Denn neue Antibiotika werden aus mehreren Gründen nicht entwickelt. Vor allem die kommerzielle Pharmaforschung ist für das Vorhandensein dieser Lücke verantwortlich, denn die Forschung nach neuen Antibiotika stellt aktuell noch keine großen Profite in Aussicht. Die fehlende medizinische Innovation sorgt dafür, dass eine vermehrte Verbreitung antibiotikaresistenter Keime zu einer gravierenden Gesundheitsbedrohung werden kann.
Erstaunliche Infektionswege
In der Tierhaltung ist Antibiotikaeinsatz trotz strengerer Bestimmungen und tierfreundlicherer Haltungsformen nach wie vor an der Tagesordnung. Tiere erhalten Antibiotika, um das Wachstum anzuregen, die Futterverwertung zu effektivieren oder eben um dem Ausbruch von Tierkrankheiten vorzubeugen. Diese Praxis der Antibiotikagabe beschleunigt allerdings das Entstehen multiresistenter Keime wesentlich. Nicht nur für die Tiere kann dies schwerwiegende Folgen haben. Auch der Mensch ist von dieser Praxis der Tierhaltung schwer betroffen. Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass multiresistente Keime besonders leicht auf den Menschen übergehen, wenn dieser unverarbeitete tierische Produkte konsumiert.
Mobiles Genmaterial für das menschliche Mikrobiom
Hierzu wurde eine Studie durchgeführt, welche das Vorhandensein von antimikrobiellen Resistenzen im Milch-Metagenom prüfte. Dazu wurden Rohmilch-Proben untersucht, die auf öffentlich zugänglichen Märkten erworben wurden und für den menschlichen Verzehr bestimmt waren. Diese Rohmilch-Proben zeigten das Vorhandensein zahlreicher Bakterienstämme. Eine tiefergehende Analyse konnte aber auch Genmaterial von mehreren antibiotikaresistenten Stämmen nachweisen. Wird dieses Genmaterial vom Menschen konsumiert, können die mobilen Elemente auch in die im menschlichen Verdauungstrakt vorhandenen Bakterien transferieren. Dadurch gewinnen die ursprünglich im menschlichen Mikrobiom vorhanden gesundheitsförderlichen Bakterien den Aspekt der Antibiotikaresistenz hinzu. Im Fall einer Behandlung mit Antibiotika können diese resistenten, körpereigenen Bakterien dann für ausbleibenden Therapieerfolg sorgen.