Wie eine internationale Studie zeigt, ist in der Schweizer Gesundheitsversorgung Bürokratie ein grosses Problem. Im Effizienz-Vergleich mit neun anderen Ländern landet die Schweiz auf dem letzten Platz. Veraltete Prozesse erschweren zudem den Zugang zu innovativen Medikamenten. Lösungsvorschläge der forschenden Pharmaindustrie stossen allerdings auf Widerstand im Ständerat.
Administrative Effizienz: Schweiz bildet das Schlusslicht
Die US-amerikanische Stiftung „The Commonwealth Fund“ veröffentlichte im September 2024 eine vergleichende Studie zur Grundversorgung in zehn Ländern. Neben den USA wurden auch die Schweiz, Deutschland, die Niederlande, Schweden und Frankreich berücksichtigt, ebenso wie Kanada, Australien, Neuseeland und das Vereinigte Königreich. Verglichen wurden 70 Performance-Aspekte in fünf Bereichen: Zugang zur medizinischen Versorgung, Behandlungsprozess, administrative Effizienz, Equity sowie Versorgungsergebnisse.
In der administrativen Effizienz wird die Schweiz zum Schlusslicht hinter den USA. Spitzenplätze in dieser Kategorie erzielen Australien und das Vereinigte Königreich, da sich Zahlungs- und Rechnungsstellungsprozesse besonders einfach gestalten. Geht es um den Zugang zur Gesundheitsversorgung, erzielt die Schweiz ebenfalls nur schlechte Ergebnisse und landet auf dem drittletzten Platz. Einen besonders guten Zugang zu Therapien bieten demnach die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Deutschland.
Beim Behandlungsprozess steht die Schweiz im Mittelfeld, während Neuseeland hier den Spitzenplatz einnimmt. Im Bereich Equity – der Frage, wie sich der Zugang zum Gesundheitssystem für Personen mit unterdurchschnittlichen Einkommen vom Zugang von Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen unterscheidet – kann die Schweiz immerhin einen Platz im vorderen Mittelfeld erzielen. Bei den Versorgungsergebnissen liegt die Schweiz auf Platz 2, hinter Australien, was unter anderem dem erfolgreichen Vorgehen gegen die COVID19-Pandemie zu verdanken ist.
Gesundheitsversorgung: Bürokratie Aufwand bei der Vergütung innovativer Medikamente
Wie die Schweizer Gesundheitsversorgung von der Bürokratie negativ beeinflusst wird, zeigt sich unter anderem bei der Aufnahme von zugelassenen Medikamenten in die Vergütungspflicht. Im Jahr 2023 dauerte es im Schnitt 301 Tage, bis die Vergütungspflicht für neu zugelassene Arzneimittel in Kraft trat – ein neuer Spitzenwert. Hinzu kommt, dass nur 55 Prozent der in Deutschland vergüteten innovativen Medikamente auch in der Schweiz standardmässig auf der Spezialitätenliste stehen.
Der Lösungsvorschlag der forschenden Pharmaindustrie: Um allen Patienten einen gleichberechtigten Zugang zu innovativen Medikamenten zu ermöglichen, soll ab dem Tag der Marktzulassung durch Swissmedic zunächst ein provisorischer Preis festgesetzt werden. Anschliessend soll ein Rückvergütungsmechanismus Mehrkosten für das Gesundheitssystem vermeiden. Das Parlament hat diesen Vorschlag zwar in seine Beratungen zum Kostendämpfungspaket 2 aufgenommen, jedoch sollen nicht alle Arzneimittel das beschleunigte Verfahren durchlaufen. Der Mehrheitsvorschlag des Ständerats berücksichtigt weniger als sechs Prozent der neuen Medikamente und Indikationen. Die Bedingungen für das beschleunigte Verfahren sind zudem noch restriktiver als in der Einzelfallvergütung. Innovative Medikamente müssten also auch in Zukunft über Einzelfalllösungen zu den Patienten gelangen. Für die Ärzteschaft würde dies einen noch höheren bürokratischen Aufwand bedeuten, was mit höheren administrativen Kosten einhergeht.