Im internationalen Vergleich der medizinischen Grundversorgung ist die Schweiz weiterhin gut aufgestellt. Andere Länder haben aber bei der Verfügbarkeit nachgezogen und die Schweizer Hausärztinnen und Hausärzte mittlerweile überholt. Das gilt vor allem bei der medizinischen Versorgung ausserhalb der üblichen Sprechzeiten. Zu diesem Ergebnis kommt der International Health Policy Survey, den das nationale Gesundheitsobservatorium Obsan nun veröffentlicht hat.
Überwiegende Mehrheit der Schweizer beurteilt die eigene Gesundheit positiv
Der International Health Policy Survey (IHP) wird seit 1998 jedes Jahr von der gemeinnützigen, US-amerikanischen Stiftung Commonwealth Fund CWF durchgeführt. Die Schweiz nimmt seit 2010 an der Befragung teil. Darüber hinaus beteiligen sich Australien, Neuseeland, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Schweden, das Vereinigte Königreich, Kanada und die Vereinigten Staaten an der Umfrage.
Unter anderem werden die Teilnehmer nach einer Selbsteinschätzung ihres Gesundheitszustandes befragt. In der Schweiz beurteilen 85.2 Prozent der Befragten die eigene Gesundheit als „ausgezeichnet“, „sehr gut“ oder „gut“. Besser schätzen nur die Neuseeländer ihre eigene Gesundheit ein, wo 87.2 eine positive Beurteilung aussprechen.
In den Vorjahren stand die Schweiz bei dieser Frage allerdings auf Platz 1. Ein Grund für die leichte Verschlechterung ist, dass der Anteil an Personen mit mindestens einer chronischen Erkrankung in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in der Schweiz gehören Bluthochdruck, psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angstzustände sowie Asthma und Lungenkrankheiten. Der Medikamentenkonsum in der Schweiz bewegt sich dagegen auf einem vergleichsweisen niedrigen Niveau: Rund die Hälfte der befragten Schweizer konsumiert mindestens ein rezeptpflichtiges Medikament, nur rund ein Drittel nimmt mindestens zwei rezeptpflichtige Medikamente ein – der niedrigste Wert im Teilnehmerfeld.
Hohe Praxistreue und grosse Zufriedenheit mit der Grundversorgung
Erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen sind in der Regel die Hausärzte. In der Schweiz herrscht nach wie vor eine hohe Praxistreue, wenn diese auch im Vergleich zu 2010 etwas abgenommen hat. Neun von zehn Personen nehmen für ihre medizinische Versorgung in der Regel denselben Arzt in Anspruch. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz hier auf Platz 6. Der erste Rang geht an die Niederlande, wo fast jede Person über eine Hausarztpraxis verfügt (99.1 Prozent).
Allgemein zeigt sich eine sehr positive Einschätzung der Hausarztpraxen und der dort geleisteten medizinischen Betreuung. Sechs von zehn Schweizer Befragten halten die Qualität der Grundversorgung für „hervorragend“ oder „sehr gut“. Der Anteil der Personen, die Top-Noten vergeben, ist jedoch seit der letzten IHP-Befragung 2020 gesunken.
Schweizer Gesundheitsversorgung: relativ kurze Wartezeiten
Ursächlich für den leichten Rückgang der Zufriedenheit ist unter anderem die Tatsache, dass die medizinische Versorgung ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten schwieriger zu bekommen ist als noch 2020. Fast 60 Prozent der Befragten finden es „schwierig“ oder „eher schwierig“, sich abends, am Wochenende oder an den Feiertagen medizinisch versorgen zu lassen. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz in dieser Kategorie aber immer noch recht gut da. In Kanada (73.6 Prozent) und im Vereinigten Königreich (73.2 Prozent) halten es noch weit mehr Befragte für schwierig, ausserhalb der Öffnungszeiten eine medizinische Versorgung zu erhalten.
Die Wartezeit für einen Termin bei einem Spezialisten ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Im internationalen Vergleich kann sich die Schweiz in der Kategorie Wartezeiten dennoch einen Spitzenplatz sichern. 63.7 Prozent der Befragten warten hierzulande weniger als einen Monat auf einen Termin bei einem Spezialisten. Der letzte Platz geht an Kanada, wo nur 31.5 Prozent der Befragten innerhalb eines Monats einen Termin erhalten. Die Wartezeit auf eine planbare Operation hat in den vergangenen Jahren nicht wesentlich zugenommen. Die Schweiz steht hier auf Rang 3.