Es betrifft gerade hochqualifizierte Menschen in anspruchsvollen Berufen: das Hochstapler-Syndrom. Auch zahlreiche Ärztinnen und Ärzte leiden unter diesem auch als Impostor-Syndrom bekannten Phänomen. Sie halten die eigenen Erfolge für unverdient und fühlen sich wie ein Betrüger, ein Hochstapler eben. Mit einigen Massnahmen lässt sich diesen negativen Gefühlen jedoch entgegenwirken.
Das Hochstapler-Syndrom: Zweifel an der eigenen Fachkompetenz
Typische Symptome des Hochstapler-Syndroms umfassen anhaltende Selbstzweifel sowie die Angst, als Betrüger entlarvt zu werden. Betroffene können die eigenen Leistungen nicht realistisch einschätzen, zeigen sich äusserst selbstkritisch und weisen Lob meist zurück. Sie glauben, dass ihre Erfolge nicht etwa auf Fachkompetenz und persönlichen Einsatz, sondern vielmehr auf Schwindel, Betrügerei oder schlichtes Glück zurückzuführen sind.
Die Medizin-Zeitschrift Mayo Clinic Proceedings unterscheidet in einer Analyse fünf Typen des Hochstapler-Syndroms:
- Perfektionisten, die sich unerreichbare Ziele auferlegen.
- Experten, die glauben, zu wenige Fachkenntnisse für ihren Beruf zu haben.
- Superhelden, die sich mit Arbeit überladen und auf Anerkennung hoffen.
- Naturgenies, die sich schämen, wenn sie sich für eine Leistung anstrengen müssen.
- Solisten, die es für Schwäche halten, um Hilfe zu bitten.
Warum sind Mediziner so häufig betroffen?
Menschen in anspruchsvollen Berufen sind besonders häufig von diesem Phänomen betroffen. Das zeigt sich bereits bei angehenden Medizinern im Studium. Die Gründe: An Ärzte werden hohe Anforderungen gestellt. Patienten halten es oft für selbstverständlich, dass Mediziner ihrer Arbeit den höchsten Stellenwert zuordnen und zudem immer wissen, was zu tun ist. Im Berufsleben kommt erschwerend hinzu, dass der Aufgabenbereich häufig wechselt. So entsteht das Gefühl, ein ständiger Anfänger zu sein. Ungünstige Behandlungsergebnisse, abgelehnte Bewerbungen und Manuskripte tragen weiterhin zur negativen Einschätzung der eigenen Arbeitsleistung bei.
In Folge überfordern sich betroffene Ärzte und vernachlässigen ihre eigene Gesundheit. Das kann bis hin zu ständigen Angstgefühlen und zum Burnout führen.
So gehen Ärzte gegen das Impostor-Syndrom vor
Was können nun Ärzte tun, wenn sie sich vom Hochstapler-Syndrom betroffen fühlen? Experten geben Tipps:
- Mit Gleichgesinnten und Vertrauenspersonen sprechen: Häufig hilft es bereits, mit vertrauten Personen über die eigenen Gefühle zu sprechen. Kollegen oder Mentoren können zum Beispiel helfen, die eigenen Leistungen realistisch zu beurteilen. Betroffene können sich auch einer Selbsthilfegruppe anschliessen. Hier erfahren sie, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind, und können sich gegenseitig unterstützen.
- Perfektionismus bekämpfen: Betroffene sollten sich stets daran erinnern, dass es vollkommen ausreicht, die Herausforderungen ihres anspruchsvollen Berufs zu bewältigen. Niemand muss laufend Spitzenleistungen erbringen.
- Mitgefühl mit sich selbst haben: Ein wenig Nachsicht mit sich selbst hilft ebenfalls dabei, besser mit dem Impostor-Syndrom umzugehen.
- Die eigenen Ansprüche visualisieren: Eine Übung gegen das Impostor-Syndrom besteht darin, sich jeden Morgen zu fragen, wie hoch die Ansprüche sind, die man an sich selbst stellt. Zur Visualisierung hebt man dabei die Arme in die Höhe. Streckt man die Arme weit über den Kopf hinaus, wird schnell deutlich, dass man zu streng mit sich selbst ist. Da hilft es, die Arme in eine angenehmere Position zu bringen und sich vorzunehmen, mit dieser Einstellung durch den Tag zu gehen.
- Erfolge dokumentieren: Viele Betroffenen empfinden es zudem als hilfreich, kleinere und grössere Erfolge in einem Tagebuch festzuhalten. Schlägt das Impostor-Syndrom mal wieder zu, können sie sich mithilfe des Tagebuchs an ihre bisherigen Leistungen erinnern.
Halten die Symptome des Hochstapler-Syndroms dennoch an und steigt die Burnout-Gefahr, sollte eine Psychotherapie in Erwägung gezogen werden.