Die Schweizer Kinderspitäler stehen aktuell unter hohem Druck. Nicht nur leiden sie unter dem anhaltenden Fachkräftemangel, auch finanziell geht es vielen Einrichtungen schlecht. Die Kosten steigen, Unterstützung gibt es wenig. Eine geplante Reform des Bundes könnte die Einrichtungen noch stärker belasten.
Rund ein Viertel der Kosten bleiben ungedeckt
Bereits im vergangenen Jahr machte die Allianz der Kinderspitäler der Schweiz, AllKids, auf den Mangel an Fachkräften aufmerksam, der die Versorgung von kranken und verletzten Kindern gefährde. Erschwerend hinzu kommen Probleme auf der Finanzierungsseite: Während die Kosten für die Einrichtungen kontinuierlich steigen, bleiben die Tarife gleich. Besonders bedenklich ist dies laut AllKids, da die Behandlung von Kindern aufwendiger sei als die von Erwachsenen. Im aktuellen Tarifsystem finde dies jedoch keine Berücksichtigung. In Folge seinen rund ein Viertel der Kosten nicht gedeckt. Im ambulanten Bereich liege der Kostendeckungsgrad unter 70 Prozent.
Das Parlament hat bereits vor vier Jahren gefordert, kostendeckende Tarife in den Kinderspitälern einzuführen – ohne Erfolg. AllKids hat daher wenig Hoffnung auf ein neues, ambulantes Tarifsystem. Statt finanzieller Entlastung befürchten die Spitäler noch höhere Belastungen: Eine geplante Reform des Bundes könnte zu weiteren Kürzungen führen.
Geplante Reform könnte weitere Belastungen nach sich ziehen
Drei Jahre haben der Bund, Kantone, Parlamentskommission, Versicherer und Spitäler an einer Reform der Tarifberechnung für Spitalaufenthalte gearbeitet. Das Ergebnis sieht nun vor, dass alle für Spitäler, ungeachtet ihrer tatsächlichen Leistungen und Kosten, ein einheitlicher Tarif gilt, der sich an den Kosten der 30 Prozent kostengünstigsten Spitäler orientiert. Im Reformpapier wird dies als Benchmark auf dem 30-Prozent-Perzentil bezeichnet. Ob die Spitäler Notfälle behandeln oder nur Wahlleistungen anbieten, ob sie sich auf leichte Fälle spezialisieren oder auch komplizierte Behandlungen durchführen, wird bei der Berechnung des Tarifs nicht berücksichtigt.
Die 70 Prozent der Spitäler, die ihre Leistungen zu einem höheren Preis erbringen, müssen Kürzungen erwarten. Betroffen sind davon vor allem die versorgungsrelevanten Spitäler, Kinder- und Universitätsspitäler – Einrichtungen, die Leistungen in essenziellen Bereichen der Gesundheitsversorgung anbieten und auch komplexe, aufwendige Fälle behandeln. Belohnt würden durch die Reform vor allem Einrichtungen, die sich auf lukrative Leistungen fokussieren, ebenso wie Geburtshäuser, kleine Spitäler und Einrichtungen, die sich auf wenige Behandlungen spezialisieren. Diese Ungleichbehandlung stelle die öffentliche Gesundheitsversorgung in Frage. Das kritisieren die Kinderspitäler, Universitätsspitäler und versorgungsrelevanten Spitäler in einem offenen Brief an Bundespräsidenten Alain Berset.
Als Negativbeispiel führen die Autoren des Briefes Deutschland an, wo im Eiltempo eine Krankenhausreform durchgeführt werden muss, um die Versorgung weiter sicherzustellen. Die Spitäler fordern Berset auf, die angedachte Reform zu sistieren, die Situation in Deutschland zu analysieren und den Reformauftrag auf Grundlage der Resultate zu überarbeiten.