Arbeitet der Bundesrat an einer Arbeitszeit-Regelung für das Pflegepersonal? Solche Pläne vermeldet zumindest die NZZ. Demnach sieht die Landesregierung vor, in ihrem Gesetz zur Umsetzung der Pflegeinitiative eine Spannbreite für die Wochenarbeitszeit festzulegen. Bei gleichbleibendem Lohn soll die Wochenarbeitszeit reduziert werden.
Pflegekräfte: Hohe Belastung durch fehlendes Personal und Temporärangestellte
Bis zum Jahr 2040 müssen in der Schweiz 39’500 neue Pflegekräfte eingestellt werden. Das Problem: Viele in der Pflege beschäftigte Personen geben ihren Beruf noch vor ihrem 35. Geburtstag auf. Jeden Tag reichen rund 300 Pflegefachkräfte die Kündigung ein. Die Arbeitsbelastung und der psychische Druck auf das verbleibende Personal steigen. Das geht unter anderem aus dem im Januar 2024 veröffentlichten Spitalreport der Universität Bern hervor.
Die Lücken schliessen viele Spitäler mit Temporärangestellten, die ihnen von Leiharbeitsfimen vermittelt werden. 80 Prozent der Häuser sind mittlerweile auf Temporärkräfte angewiesen. Das bringt neue Herausforderungen mit sich: Das feste Personal muss laufend neue Personen einarbeiten, die weder mit den Arbeitsabläufen auf der Station noch mit dem Computersystem vertraut sind. Die Temporärkräfte verdienen zwar mehr, werden aber nie Teil des Teams, sondern bleiben Aussenstehende.
Kürzere Wochenarbeitszeit für Pflegekräfte?
Die im November 2021 beschlossene Pflegeinitiative verpflichtet den Bund, anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal zu schaffen und ihnen eine angemessene Abgeltung zukommen zu lassen. Über eine geplante Massnahme berichtet nun die NZZ: Der Bundesrat möchte demnach eine Spannbreite für die Wochenarbeitszeit festlegen. Pflegekräfte sollen zum Beispiel nur noch 38 Stunden in der Woche arbeiten, aber weiterhin für 40 Stunden bezahlt werden.
Als Vorbild für die Gesetzesänderung dient ein Pilotprojekt am Spital Wetzikon. Seit Juni 2022 wurde hier die Arbeitszeit der 260 Pflegekräfte im Drei-Schicht-System um zehn Prozent gesenkt, bei unverändertem Grundlohn. Das Spital zieht eine positive Bilanz: Die Angestellten seien gesünder und zufriedener, die Zahl der Krankentage hat sich reduziert. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf 1,5 Millionen Schweizer Franken. Die Hälfte davon konnte durch den Verzicht auf Temporärkräfte jedoch wieder eingespart werden.
Weiterhin soll der neue Gesetzesentwurf vorsehen, dass schweizweit eine Ankündigungsfrist für Dienstpläne eingeführt wird, die sich auf mindestens vier Wochen beläuft. Für kurzfristige Einsätze sollen Pflegekräfte zudem eine höhere Entschädigung erhalten und Umkleidezeit soll als Arbeitszeit gelten.
Eine derartige Arbeitszeit-Regelung wäre ein Novum in der Schweiz, das wesentliche Grundsätze des Arbeitsrechts in Frage stellen würde. Nach Expertenmeinung könnten andere Branchen schnell ähnliche Forderungen nach einer verringerten Wochenarbeitszeit stellen.