Der Bundesrat hat ein weiteres Massnahmenpaket gegen Medikamenten-Engpässe beschlossen und auf seiner Sitzung am 21. August 2024 verschiedene Umsetzungsaufträge erteilt. Unter anderem sollen die Pflichtlager für Arzneimittel erweitert und Importe erleichtert werden. Darüber hinaus möchte der Bundesrat Anreize zur Herstellung wichtiger Medikamente fördern. Verschiedene Lösungsansätze sollen auch dazu beitragen, die Versorgung mit Arzneimitteln im Fall einer Pandemie zu verbessern.
Katalog gegen Medikamenten-Engpässe umfasst fünf Bereiche
Laut der Plattform Drugshortage sind in der Schweiz aktuell 297 Wirkstoffe von Lieferengpässen betroffen. Um die Situation zu verbessern, hat der Bundesrat bereits im Frühling 2023 ein erstes Massnahmenpaket auf den Weg gebracht, das unter anderem eine einfachere Vergütung bei Arzneimittelimporten sowie eine zulässige Teilabgabe von Medikamenten durch Apotheken vorsieht. Dieses Massnahmenpaket wurde nun um fünf Bereiche erweitert:
- Erweiterte Lagerhaltung: Für lebenswichtige Medikamente gilt eine erweiterte Lagerpflicht, die eine Versorgung mit einer breiteren Palette an Arzneimitteln sicherstellen soll.
- Vereinfachter Marktzugang: Rechtliche Anpassungen sollen erlauben, bei Engpässen für grössere Patientengruppen in der Schweiz nicht zugelassene Medikamente befristet einzuführen. Weiterhin soll das Zulassungsverfahren für Arzneimittel vereinfacht werden. Ausserdem soll vertieft geprüft werden, inwieweit die Teilnahme der Schweiz an europäische Zulassungsprozessen möglich ist.
- Anreize für Hersteller: Um die Produktion lebenswichtiger Medikamente sicherzustellen, sollen für die Hersteller verschiedene Anreize geschaffen werden. Unter gewissen Bedingungen kann zum Beispiel auf die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit verzichtet werden, ebenso auf eine Preissenkung im Zusammenhang mit der dreijährigen Prüfung durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Der Bundesrat möchte auch prüfen, ob sich die Zulassung von Arzneimitteln noch stärker mit der Versorgungslage verknüpfen lässt.
- Eigenbeschaffung und -herstellung: Der Bund soll die Möglichkeit erhalten, Kapazitätsverträge mit Arzneimittelherstellern abschliessen zu können. Auf diese Weise möchte der Bund sicherstellen, dass ausreichende Mengen an wichtigen Medikamenten produziert werden. Darüber hinaus wird geprüft, ob in schweren Mängellagen die Eigenherstellung durch eine Armeeapotheke möglich ist. Weiterhin soll der Bund bei schwerwiegenden Engpässen von der WTO-Ausschreibungspflicht für die Beschaffung von Arzneimitteln, Wirkstoffen und Medizinprodukten entbunden werden können.
- Internationale Kooperation: Bei medizinischen Versorgungsengpässen handelt es sich um ein internationales Phänomen. Der Bund möchte sich daher dafür einsetzen, die internationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten widerstandsfähiger zu machen.
Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe soll bis Ende 2025 weitere Massnahmen zur Versorgungssicherheit erarbeiten.
Bessere Medikamentenversorgung im Pandemiefall
Im Pandemiefall stellt die Versorgung mit medizinischen Gütern häufig eine besonders grosse Herausforderung dar. Impfstoffe, Medikamente, Labortests und medizinische Güter müssen der Bevölkerung schnell und in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Um das sicherzustellen, hat der Bundesrat verschiedene Lösungsansätze besprochen und die Verantwortlichkeiten geklärt. Den Lösungsansätzen liegen die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie zugrunde.
Damit keine Medikamenten-Engpässe entstehen, soll unter anderem eine Liste mit den im Pandemiefall benötigten medizinischen Gütern geführt werden. Die Beschaffung dieser Güter und deren Verteilung ist klar zu regeln, unter Rückgriff auf die bestehenden Kompetenzen der Bundesverwaltung. Die Gesamtverantwortung für die Umsetzung der Vorbereitung und Versorgung im Pandemiefall hat der Bundesrat dem BAG übertragen.