Ist das Medizinstudium in der Schweiz tatsächlich viel günstiger als gedacht? Die Vereinigung der Schweizer Medizinstudierenden swimsa hat nachgerechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass die Politik bislang mit falschen Zahlen gerechnet hat. Ein grosser Teil der üblicherweise angeführten Kosten von 120’000 Schweizer Franken pro Studienplatz und Jahr entfalle nämlich auf Forschungsgelder.
swimsa: Medizinstudienplätze viermal günstiger als angenommen
Im September 2024 hat das Parlament den Numerus Clausus für das Medizinstudium in der Schweiz abgeschafft – entgegen der Empfehlung des Bundesrats und der Kritik vieler Politiker. Mehr Studienplätze sollen auf diese Weise geschaffen werden, um weniger abhängig von Ärzten/-innen aus dem Ausland zu sein. Bildungsminister Guy Parmelin brachte die hohen Kosten für einen Studienplatz ins Spiel: mehr als 100’000 Schweizer Franken pro Jahr. Nach sechs Jahren Studium würde ein Absolvent den Staat mehr als 600’000 Franken kosten.
Die swimsa hat nun nachrechnen lassen und präsentiert eine überraschende Analyse: Tatsächlich würde ein Medizinstudienplatz gar die oft behaupteten 120’000 Franken, sondern nur rund 30’000 Franken kosten, sei also viermal günstiger als angenommen.
Differenz Forschungskosten
Wie kommt es zu dieser Differenz? Wie der Schweizer Medizinstudierendenverband mitteilt, wurden bei der ursprünglichen Erhebung der Firma Res Publica Consulting AG die Kosten für die medizinische Forschung an den Universitäten miteingerechnet. Forschungskosten sind in der Medizin besonders hoch. Im Jahr 2022 flossen zum Beispiel 1,256 Milliarden Franken in die medizinische Forschung. Dem swimsa zufolge gehen die hohen angenommenen Kosten für einen Studienplatz also auf ein „Missverständnis“ zurück. Eine Erhöhung der Studienplätze sei viel günstiger, als häufig argumentiert würde.
Das Bundesamt für Statistik (BfS) hält beide Zahlen für richtig, die von der swimsa errechneten 30.000 Franken wie auch die von Res Publica angegebenen 120’000 Franken. Von welcher Summe man ausgehe, sei eine Frage der Interpretation.
Klare Massnahmen gefordert
Vom Bundesrat fordert die swimsa nun klare Massnahmen. Angesichts des steigenden Bedarfs an Mediziner/innen sowie der Tatsache, dass aktuell drei Viertel der in der Schweiz neu zugelassenen Ärzte/-innen aus dem Ausland stammen, sei es von entscheidender Bedeutung, mehr Medizinstudienplätze an den Schweizer Universitäten zu schaffen.
Die swimsa-Rechnung stösst aber nicht überall auf Anklang. Die Swissuniversities, die Konferenz der Rektoren der schweizerischen Hochschulen, merkt etwa an, dass sich das Medizinstudium nicht losgelöst von der Forschung betrachten lasse. Universitäre Lehre sei immer forschungsbasiert und die medizinische Forschung sei wichtig, um eine hohe Qualität des Studiums zu garantieren. Yvonne Gilli, Präsidentin der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), kann sich dagegen vorstellen, ergänzende Professuren ohne Forschungsbudget zu schaffen und das Medizinstudium auf diese Weise günstiger zu gestalten.