Für die Militärmedizin gab es in der Schweiz bisher keine speziellen Regeln. Der Bundesrat möchte diese Lücke schliessen und hat am 30. Oktober 2024 das Vernehmlassungsverfahren zur Verordnung über das militärische Gesundheitswesen (VMiGw) eröffnet. Das Verfahren soll bis zum 13. Februar 2025 dauern und Einzelheiten wie etwa die schweizweite Berufsausübung von Medizinalpersonal im militärischen Gesundheitswesen regeln.
Neue Verordnung als Äquivalent zu den kantonalen Gesundheits-, Spital- und Heilmittelerlassen
Das militärische Gesundheitswesen in der Schweiz umfasst alle human- und veterinärmedizinischen, pharmazeutischen und sanitätsdienstlichen Leistungen, die von der Armee und der Militärverwaltung zugunsten der Stellungspflichtigen, Armeeangehörigen und Dritten erbracht werden. Die sanitätsdienstliche Grundversorgung findet derzeit dezentral in sechs Militärmedizinischen Regionen und zehn Militärmedizinischen Zentren der Region statt. Darüber hinaus betreibt das Militär ein Armeespital in Ittigen, eine Militärapotheke, sechs regionale Rekrutierungszentren sowie das Kompetenzzentrum Militär- und Katastrophenmedizin für Ausbildung und Forschung.
Seit der Revision des Militärgesetzes zum 1. Januar 2023 gelten spezielle Rechtsgrundlagen für das militärische Gesundheitswesen. Allerdings unterstehen die Gesundheitsfachpersonen und Medizinalpersonen, die für die Armee tätig sind, bislang nicht den Vorschriften der Medizinal-, Psychologie- und Gesundheitsberufe-Gesetzgebung. Ebenso wenig gelten die Regelungen der Kantone zur Berufsausübungen. Mit der neuen Verordnung möchte der Bundesrat diese Lücken füllen und ein Äquivalent zu den kantonalen Gesundheits-, Spital- und Heilmittelerlassen schaffen. Dabei sollen die Besonderheiten im militärischen Gesundheitswesen Berücksichtigung finden. Anders als ziviles Medizinalpersonal sind Gesundheitsfachpersonen im Militärdienst nämlich oft schweizweit im Einsatz und nicht in einem Kanton niedergelassen. Sie von den 26 kantonalen Behörden beaufsichtigen zu lassen, wäre laut Bundesrat daher nicht nur unpraktikabel, sondern auch «verfassungsrechtlich problematisch».
Einheitliche Qualitätsvorgaben schaffen
Die Armee soll ihre Gesundheitsfachpersonen nach Beschluss des Bundesrats daher weiterhin selbst beaufsichtigen. Allerdings sollen einheitliche Regelungen zur Berufsausübung sowie zu den Rechten und Pflichten der Patienten getroffen werden. So soll die neue Verordnung unter anderen dazu beitragen, dass Patienten im militärischen Gesundheitswesen gemäss ziviler Qualitätsvorgaben behandelt und versorgt werden. Eine schlechtere Versorgung als im zivilen Bereich soll nur in absoluten Ausnahmen und begründeten Fällen zulässig sein. Ein solcher Fall könnte zum Beispiel bei einer ausserordentlichen Lage im Zusammenhang mit der Landesvertretung eintreten oder bei eingeschränkter Funktionalität des zivilen Gesundheitssystems. Im Umfeld aktiver Kampfhandlungen sollen etwa die Grundsätze der individualmedizinischen Versorgung durch die der Katastrophen- und Militärmedizin abgelöst werden.
Weiterhin enthält die Verordnung Regelungen zu Berufspflichten, die denjenigen im zivilen Gesundheitswesen entsprechen, zur Ausstattung der Einrichtungen im militärischen Gesundheitswesen, zum Umgang mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und Betäubungsmitteln, zur Zusammenarbeit mit Einrichtungen des zivilen Gesundheitswesens sowie zum Informationsaustausch über den gesamten Behandlungsverlauf hinweg.