Ein wichtiger Kern im schweizerischen Gesundheitswesen ist, die Organspendezahlen zu erhöhen. Seit 2015 überschreitet die Warteliste die 1’400er-Marke, die teilweise bis auf knapp 1’500 Patienten anstieg, die dringend eine Organspende benötigen. Seit 2018 sinken die Zahlen zwar wieder leicht, aber aus unterschiedlichen Gründen. Die Anzahl von Organspenden hat bis heute noch reichlich Luft nach oben, vor allem für Nierentransplantationen, für die eine durchschnittliche Wartezeit von 949 Tagen gegeben ist (Stand 2022).
Doch erstmals verzeichnet das Bundesamt für Gesundheit einen Anstieg von Organspenden und erreichte Ende 2023 sogar einen Höchststand. Ob die Volksabstimmung von Mai 2022 über das Widerspruchsrecht damit zu tun hat? Dazu hat Swisstransplant eine deutliche Meinung.
Organspendezahlen 2023 spürbar gestiegen
Waren es 2022 noch 164 Organspender, nahm die Zahl auf einen bisher noch nie dagewesenen Höchststand von 200 zu. Von Verstorbenen konnten 584 Organe bei 565 Patienten im vergangenen Jahr transplantiert werden, von denen 19 Personen eine Multi-Organtransplantation erhielten. 110 Lebendspenden wurden transplantiert. Gesamt macht das 675 Patienten, die ein teilweise lebensrettendes Organ erhalten konnten. Damit ist ein Anstieg von 105 Transplantationen im Vorjahresvergleich zu verzeichnen.
Das Bundesamt für Gesundheit gibt an, dass die lange Warteliste für Nieren durch Organspenden 2023 am stärksten gesenkt werden konnte. 2022 warteten 342 Patienten auf eine Nierenspende. Die Zahlen aus 2023 über Nierentransplantationen sind aber aktuell noch nicht veröffentlicht.
Geringer Rückgang der Wartelistenzahlen
Obwohl der Stand mit 1’442 Patienten auf den Wartelisten Ende 2022 reduziert werden konnten und die Organspendenzahlen auf einen Höchststand anstiegen, sind es Ende 2023 immer noch, beziehungsweise durch neu hinzugekommene Patienten mit Organspendebedarf, wieder 1’391 Patienten auf den Wartelisten.
Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass von der Gesamtzahl 635 Personen den Status inaktiv besitzen. Das bedeutet, bei ihnen können aus medizinischen Gründen keine Organtransplantationen zum aktuellen Zeitpunkt durchgeführt werden. Damit gehen 756 aktive Patienten in das Jahr 2024 über, die aktiv auf eine Organspende und eine Transplantation warten. Sollten sich die Organspendezahlen 2024 nochmal erhöhen, wäre das ein signifikanter Schritt in die richtige Richtung. Dabei ist aber nicht zu vergessen, dass auch 2024 wieder neue Patienten hinzukommen, die auf eine Organspende angewiesen sein werden.
Gründe für neuen Höchststand der Organspendezahlen
Am 15. Mai 2022 stimmte das Schweizer Volk über die Widerspruchsregelung bei Organspenden ab. Eine deutliche Mehrheit von 60,2 Prozent entschied für den Vorschlag des Bundesrates und Parlamentes, zukünftig im Todesfall automatisch zum Organspender zu werden, wenn zuvor kein Widerspruch eingelegt wurde. Damit hat die Schweizer Bevölkerung aktiv zu werden, wenn sie keine Organe oder Gewebeteile im Sterbefall entnommen bekommen wollen. Allerdings sind weiterhin Angehörige einzubeziehen. Sind diese nicht vorstellig oder vorhanden, entfällt das Widerspruchsrecht und Verstorbenen dürfen keine Organe entnommen werden, sofern keine Zustimmung über die Organspende-Karte, eine Patientenverfügung oder über das elektronische Patientendossier des Verstobenen vorliegt.
Swisstransplant
Weil das Widerrufsgesetz frühestens 2026 in Kraft tritt, wird zwar vielfach angenommen, dass diese Abstimmung einige Schweizer Bürger sensibilisiert hat und das mit dem Anstieg der Organspendezahlen zu tun haben könnte, aber Swisstransplant sieht das anders.
Der Grund sei die voranschreitende Digitalisierung und Medizintechnik. So wurde Ende 2022 beispielsweise die neue Ex-vivo-Herzperfusion-Technik angewendet. Diese ermöglicht, den Erhalt der Herzfunktionen außerhalb des Körpers deutlich zu verlängern, und dass Herzen auch nach Hirntod sowie Herz-Kreislauf-Stillstand entnommen werden können. Allein durch diese Technik konnten 2023 neun zusätzliche Herztransplantationen in schweizerischen Spitälern durchgeführt werden. Zudem wurde die Organspende nach Hirntod (DCD) weiter ausgebaut, was ebenfalls die Zahlen von Organspenden in der Schweiz steigen ließ und zukünftig noch weiter steigen lassen wird.
Wenngleich Swisstransplant durch die kommende sogenannte erweiterte Widerspruchsreglung keinen deutlichen Anstieg von Organspenden erwartet, so wird sie dennoch zur Reduzierung der Wartelisten betragen, denn selbst nur ein zusätzliches Organ durch die Widerspruchsregelung, kann ein weiteres Menschenleben retten.
Deshalb stehen unter anderem online zahlreiche Informationen über Organspenden und Willenserklärungen zur Verfügung, um eine bessere Aufklärung zu betreiben, die Wichtigkeit dieses Themas zu verbreiten und weitere Organspender zu erhalten – denn jederzeit kann es einen selbst oder einen der Liebsten treffen, dass plötzlich ein lebensrettendes Spenderorgan benötigt wird.