Wenn der Gedanke an eine bevorstehende Klausur Panikattacken und Blackouts hervorruft, obwohl man wochenlang gelernt hat, leidet man vermutlich unter Prüfungsangst. Prüfungsängste müssen überwunden werden, da diese die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können.
Wie lässt sich die Prüfungsangst bewältigen? Welche Tipps können helfen? Im folgenden Beitrag mehr zu dem Thema.
Inhalt
Was ist Prüfungsangst?
Prüfungsangst gilt als eine häufige Begleiterscheinung, die sich während des Medizinstudiums äussert. Unter dem Begriff Prüfungsangst versteht man die Angst vor einer Bewertungssituation, in welcher zuvor Erlerntes geprüft und mündlich oder schriftlich abgefragt wird.
Einerseits kann die Situation vor der Prüfung selbst Ängste auslösen, andererseits können auch Ängste vor den Konsequenzen, wenn möglicherweise ein schlechtes Ergebnis erzielt wird, empfunden werden. Prüfungsangst entsteht im Kopf: das ständige Durchspielen der bevorstehenden Prüfungssituation und das „Was ist, wenn ich versage?“ führen zu einem dramatischen Kopfkino und zu negativen Gedanken. Dadurch entsteht zusätzlicher Druck und im schlimmsten Fall kann dies eine vollständige Blockade oder ein Blackout bedeuten.
Prüfungsangst – Ursachen
Prüfungsangst entsteht im Kopf und ist abhängig von der persönlichen Einstellung. Je nachdem, inwiefern der Prüfling die Situation einschätzt und über welche Bewältigungsstrategien er verfügt, kann eine Situation unterschiedlich bewertet werden und in Abhängigkeit davon die Gefühlslage bestimmen.
Als Beispiel wird das Modell „ABC der Gefühle“ als Erklärungsansatz zur Veranschaulichung näher erläutert. (A = die Situation, B = persönliche Bewertung, C = emotionale Konsequenzen/die eigene Reaktion)
Person A
A: „Ich schreibe in zwei Wochen eine Klausur.“
B: „Bestimmt läuft alles schief. Ich werde nichts beantworten können und starre hilflos auf ein leeres Blatt – das wäre katastrophal, was für eine Blamage!”
C: Angst, Nervosität, Anspannung
Person B
A: „Ich schreibe in zwei Wochen eine Klausur.“
B: „Ich habe genug gelernt und mich gut auf die Prüfung vorbereitet. Es wird sicherlich Fragen geben, auf die ich keine Antwort habe, aber insgesamt sollte ich bestehen. Und sollte ich doch durchfallen, dann kann ich die Prüfung einfach wiederholen.“
C: leichte Nervosität, relative Sicherheit
Die Ausgangssituation von Person A und Person B ist identisch und trotz allem sind die persönliche Bewertung und die folglich emotionale Konsequenz unterschiedlich, da die Personen mit der Ausgangssituation unterschiedlich umgehen. Die persönliche Einstellung hat demnach einen enormen Einfluss darauf, wie eine Prüfungssituation bewältigt wird. Die negative Bewertung macht Person A panischer und ängstlicher während Person B die Nervosität auf einem erträglichen Level halten kann sowie realistisch und positiv gestimmt ist, was die eigene Prüfungsvorbereitung betrifft. Und sollte die Prüfung trotz allem nicht bestanden werden, ist es für Person B kein Weltuntergang.
Prüfungsangst – Symptome
Prüfungsangst kann sich als eine Mischung von körperlichen und seelischen Beschwerden äußern.
Folgende Reaktionen bei Menschen mit Prüfungsangst können beobachtet werden:
- innere Unruhe, innere Anspannung
- Angstgefühle, manchmal schon mehrere Wochen vor dem Prüfungstermin
- Konzentrationsstörungen
- blockiertes Gedächtnis
- negative Denkschleifen
- Gedankenkreisen um die Themen Misserfolg und Scheitern, „innere Katastrophen-Filme“, Alpträume
- anfänglich zunächst physiologische Symptome, die sich intensivieren können (Herzrasen, weiche Knie, Kreislauf- oder Verdauungsbeschwerden etc.)
- hektisches Handeln
- Erröten
- starkes Schwitzen
- Frösteln
- Zittern
- Kopfschmerzen
- erhöhter Blutdruck
- Schlafstörungen
Tipps gegen Prüfungsangst
Ein bisschen Prüfungsangst vor einer Prüfung ist ganz normal und kann sogar die Leistung verbessern. Panische Angst vor Prüfungen sind dagegen weniger förderlich. Es gibt einige Tipps, die dabei helfen können, die Prüfungsangst zu umgehen:
Gute Vorbereitung auf die Prüfungssituation
Das wirkungsvollste Mittel gegen Lampenfieber ist tatsächlich, den Lernstoff gut zu beherrschen. Eine sorgfältige Vorbereitung kann eine schlechte Note aktiv vorbeugen. Ein gutes Lern- und Zeitmanagement und gute Selbstorganisation bewirken, dass der Prüfling aktiv Verantwortung über den Lernfortschritt übernimmt.
Es macht wenig Sinn, drei Tage vor einer Prüfung mit dem Lernen zu beginnen und dann der Prüfungsangst die Schuld dafür zu geben. Nicht ausreichend gelernt zu haben, verstärkt dagegen auch zusätzlich die Angst.
Das persönliche ABC der Gefühle notieren
Zunächst wird die persönliche Bewertung verfasst, um im Anschluss daran die eigenen Gedanken zu neutralisieren – so kann man von realistischen und konstruktiven Gedanken profitieren, anstatt negative Bewertungen zu festigen. Die Macht der Gedanken soll erkannt und genutzt werden.
Erinnerung an frühere Prüfungen
Auf den Verlauf einer Prüfung lässt sich positiv Einfluss nehmen, wenn man sich an frühere Prüfungen erinnert, die ebenfalls sehr gut gemeistert wurden. Sich vor Augen führen, dass bisherige Befürchtungen und Horrorszenarien gar nicht eingetreten sind und alles nicht so dramatisch war, wie zuvor gedacht, kann auch bei zukünftigen Prüfungen helfen.
Realistische Ziele setzen
Sicherlich möchte Jeder besonders gut in einer Prüfung abschneiden, manchmal zählt aber tatsächlich „Hauptsache bestanden!“ Daher ist es durchaus legitim, seine Erwartungen etwas runterzuschrauben und sich realistische Ziele setzen. Sofern man erst zwei Tage vor einer Prüfung mit Lernen anfängt, wäre es utopisch zu meinen, mit Bestnote zu bestehen – an dieser Stelle gilt dann das Wichtigste zu lernen und Mut zur Lücke wagen, damit man irgendwie heil besteht.
Vorstellung von Erfolg
Die Vorstellung davor, zu versagen, gilt als reine Zeitverschwendung und raubt zudem Energie, die für die Prüfungssituation benötigt wird. Anstelle von Katastrophenphantasien sei zu empfehlen, sich vorzustellen, wie es ist, die Prüfung gemeistert zu haben. Sich eine Traumprüfungssituation vorzustellen kann die Anspannung nehmen.
Motivierende Sprüche
„Ich schaffe das!“, „Ich kann das!“ – motivierende Sprüche als „Post it“ in der Wohnung können die positive Selbstinstruktion verinnerlichen. Einen Blick darauf werfen schafft negative Gedanken in den Hintergrund. Wenn man gut vorbereitet gewesen ist und den Lernstoff verstanden hat und trotz allem befürchtet, die Prüfung nicht zu bestehen, ist die Prüfungsangst ein „hausgemachtes“ Problem, das mit positivem Denken und motivierenden Sprüchen bekämpft werden kann.
Die einfachsten Aufgaben zuerst lösen
Die erste Frage einer Klausur kann bereits Panik hervorrufen, wenn man die Antwort auf die Frage nicht weiß. Man wird nervös und Gedanken, wie „Ich falle durch!“ kommen auf. In diesem Moment heißt es, tief durchatmen, Frage markieren und die nächste Frage durchlesen. Das Procedere wird fortgesetzt, sprich: zunächst sollen die einfachsten Aufgaben gelöst werden, anstatt sich an der ersten Frage der Klausur zu verzetteln und unter Umständen unter Zeitdruck zu geraten – das Lösen der einfachsten Fragen bedeutet sichere Punkte.
In einem zweiten Verlauf schaut man sich noch einmal die markierten, unbeantworteten Fragen an und oft, wenn die anfängliche Nervosität verflogen ist und man gemerkt hat, man scheint doch so Einiges beantworten können, fallen auch da die Antworten wieder ein. Im Zweifelsfall besteht natürlich auch immer noch die Möglichkeit, mit Glück, richtig zu raten.
Mündliche Prüfung: Zeit nehmen, sich zu sammeln
Eine mündliche Prüfung ist für Viele eine besonders große Herausforderung, weil es bedeutet, sich vor Anderen beweisen zu müssen. Häufig gerät man ins Stottern vor Nervosität, die gewählte Wortwahl ist nicht bedacht und man ist so verkrampft, dass Gedankenvorgänge nicht optimal funktionieren, sodass auch Flüchtigkeitsfehler möglich werden.
Als Prüfling ist zu empfehlen, sich Zeit zu nehmen, zu sammeln und schon einige Stichpunkte gedanklich vor Augen zu haben, wie man vorgeht – ein strukturierter roter Faden ist entscheidend und auch bei PrüferInnen gern gesehen, dann werden auch netterweise Hilfestellungen gegeben, wenn man sich auf dem falschen Zweig befindet.
Prüfungssituation simulieren
Ratsam ist es zudem, eine Prüfungssituation vorab zu simulieren. Die WG-Mitbewohner oder Personen aus dem Familien- oder Freundeskreis können durch Abfragen den Prüfling kräftigen und auch Schwächen können besser aufgedeckt werden, sodass der Prüfling seine Wissenslücken kennt und den Lernstoff in diesem Bereich intensivieren kann.
Kontakt zu Menschen vermeiden, die die Prüfungsangst verschlimmern
Ein Studierender mit Prüfungsangst kommt selten allein. Prüfungsängste sind schließlich während des Studiums eine häufige Begleiterscheinung. Daher ist zu empfehlen, den Kontakt zu anderen Studierenden, die ebenfalls unter Prüfungsangst leiden und das negative Gedankenkreisen bei einem selbst wieder in Gang bringen können, zu vermeiden. Studierende, die positiv gestimmt sind, sind in dem Fall als sozialer Umgang besser geeignet.
Entspannung
Damit der Stresspegel im Rahmen von Prüfungssituationen nicht über Hand nimmt, sollte Wert auf Entspannung gelegt werden: Nach einem langen Lerntag, ist es ratsam, abzuschalten und mithilfe von Entspannungstechniken, Yoga, meditativer Musik, oder Sport gezielt Stresshormone abzubauen und zu regenerieren. Es ist wichtig, sich bewusst Pausen zu nehmen.
Ein Überblick über mentale Techniken, die bei leichter bis mittelschwerer Prüfungsangst effektiv helfen können, sind unter anderem:
- Entspannungsübungen
- Selbsthypnose: im Rahmen einer sogenannten Hypnotherapie lassen sich positive, stärkende Suggestionen in das Unterbewusstsein verankern
- gezielte Ablenkung unmittelbar vor der Prüfung: es ist nicht sinnvoll, noch unmittelbar vor einer Prüfung zu lernen, anstelle dessen kann zum Beispiel Meditieren für Ablenkung sorgen
- realistische Arbeitsplanung und gute Lernstruktur
- Atemübungen
- Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson: Hierbei wird erlernt, alle Muskeln nach und nach gezielt zu entspannen
Prüfungsangst: Professionelle Hilfe und Medikamente
Eine gewöhnliche Prüfungsangst ist von einer therapiebedürftigen Prüfungsangst zu unterscheiden. Bei moderater Prüfungsangst können mentale Tricks, wie oben genannt, angewendet werden. Sofern eine Prüfungsangst sehr stark ist, kann die Folge eine depressive Grundstimmung und starke Unsicherheit sein, die zu behandeln ist.
Als Anlaufstelle kann ein Psychologe oder Psychotherapeut gewählt werden mit Spezialisierung auf dem Themengebiet Prüfungsangst – Studierende sollten sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus kann bei Prüfungsangst Homöopathie Linderung verschaffen und beispielsweise Globuli gegen Prüfungsangst eingenommen werden. Auch Bachblüten, wie die sogenannten „Notfall-Tropfen“ (Rescue Remedy) können eingenommen werden.
Ob bei starker Prüfungsangst, Medikamente einzunehmen sind, ist von dem behandelnden Arzt zu entscheiden: Benzodiazepine oder Betablocker sollten nur kurzfristig bei extremer Prüfungsangst, um diese zu reduzieren, verordnet werden.
Psychologische Beratungsstellen für Studierende, speziell auf das Studium ausgerichtet, können ebenfalls kostenlos aufgesucht werden, damit sich die Prüfungsangst nicht negativ auf die Leistung auswirken kann und das Leiden nicht verstärkt wird. Die psychologischen Beratungsstellen der jeweiligen Universität können Hilfestellungen für den richtigen Umgang mit Prüfungsangst liefern.