Gerichte entscheiden des Öfteren, ob Ärzte am Spital selbstständig oder unselbständig arbeiten. Nachfolgend wird erläutert, unter welchen Kriterien die Entscheide in der Gerichtspraxis in Bezug auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Arzt und Spital gefällt werden.
Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Spital – Wissenswertes
Die ärztliche Tätigkeit im Spital kann verschieden ausgestaltet sein. Bei einem privatrechtlichen Anstellungsvertrag zwischen einem Spitalarzt und Privatspital entscheiden die Bestimmungen gemäss Art. 319 ff. des Obligationenrechts, wie der Arbeitsvertrag angelegt ist.
Bei einer Anstellung am öffentlichen Spital wird überdies zwischen den Parteien üblicherweise ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen. Dieser richtet sich nach dem jeweiligen Personalrecht. Im Idealfall erhalten die im Spital beschäftigten Ärzte hierbei ein monatliches Entgelt für ihre Arbeitsleistung.
Wie ist das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Spital bei Belegärzten geregelt?
Belegärzte, die an einem privatrechtlichen und öffentlich rechtlichen Spital angestellt sind, praktizieren im idealtypischen Fall in eigener Praxis frei. Im Zuge dessen vereinbarten sie mit dem Spital vertraglich, dass sie ihre Patienten auf eigene Rechnung, also eigenverantwortlich, behandeln können.
Für die Patienten wiederum entsteht dadurch ein gespaltenes Vertragsverhältnis. Denn für den Aufenthalt, die Pflege und medizinische Zusatzleistungen schliessen sie auf der einen Seite mit dem Spital einen Vertrag. Auf der anderen Seite entsteht auch mit dem zuständigen Belegarzt ein Behandlungsvertrag.
Mischformen erschweren die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Spital
In der Praxis gibt es mehrere dieser Mischformen, bei welchen nicht immer eindeutig klar ist, ob es sich beim Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Spital um ein reguläres Beschäftigungsverhältnis handelt. Schliesslich kann es auch vorkommen, dass der Mediziner selbstständig in die Kategorie fällt.
Ebenso schwierig gestaltet sich die Einstufung, da man jede Arbeit des Arztes gesondert betrachten muss. So kann der Mediziner bezüglich einiger Tätigkeiten mit dem Spital im Arbeitsverhältnis stehen, während er andere Aufgaben als Selbstständiger ausführt. Eine klare Abgrenzung ist demnach wichtig, denn eine falsche Beurteilung kann hohe finanzielle Konsequenzen haben. Bei der konkreten Beurteilung spielt eine wesentliche Rolle, welche Merkmale im jeweiligen Fall überwiegen.
Als unselbstständig erwerbstätig gilt mithin, wer vom Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher Hinsicht abhängig ist und somit kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Charakteristische Merkmale, dass eine beitragsrechtliche selbstständige Arbeit vorliegt, sind wesentliche Investitionen sowie die Nutzung von eigenen Geschäftsräumen.
Zudem spricht für eine eigenständige Tätigkeit, dass Personal beschäftigt wird. Eine selbstständige Erwerbstätigkeit beruht auf einer frei gewählten Organisation. Sie erfolgt auf eigene Rechnung, während der Arbeitgeber bei der unselbstständigen Erwerbstätigkeit die Arbeit gegen Gehalt leistet.
Checkliste
Um das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Spital beurteilen zu können, spielen folgende Fragen eine wichtige Rolle:
- Tätigt der Mediziner erhebliche eigene Investitionen?
- Beschäftigt er eigenes Personal und kann wichtige arbeitsorganisatorische Entscheidungen alleine treffen?
- Beteiligt sich der Arzt an den Personalkosten?
- Verfügt er über eigene Räumlichkeiten, in denen er Sprechstunden anbietet und teilt er seine Arbeitszeiten selbst ein?
- Tritt er gegenüber dem Patienten als direkter Vertragspartner auf?
- Muss der Mediziner dem Spital für die Infrastrukturnutzung eine Entschädigung zahlen?
- Trägt er das Inkasso- und Delkredererisiko?
- Trifft den Arzt keinerlei ärztliche Behandlungspflicht?
Dieser Fragenkatalog listet einige der wichtigen Kriterien auf, die bei der Beurteilung des Rechtsverhältnisses sehr hilfreich sind. Lautet die Antwort auf einen Grossteil der Fragen “ja”, spricht vieles dafür, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt.