Die Geburt eines Kindes markiert einen neuen Abschnitt im Leben. Schon während der Schwangerschaft beschäftigen sich die werdenden Familien mit vielen Fragen, so auch, ob eine Spontangeburt oder ein Kaiserschnitt optimal wären. So individuell wie die persönlichen Umstände ist mittlerweile auch die Gestaltung der Geburt. In diesem Beitrag wird betrachtet, welche Vor- und Nachteile mit den beiden Varianten in Verbindung stehen und wo in der EU die meisten Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt kommen.
Spontangeburt oder Wunschkaiserschnitt?
Schon während der Schwangerschaft bereitet sich der Körper auf die Geburt vor. Gerade im letzten Schwangerschaftsdrittel nehmen entsprechende Vorgänge einen wichtigen Raum ein: Sehnen und Bänder lockern sich zunehmend und die Gebärmutter trainiert durch Übungswehen auf den grossen Tag. Jede Spontangeburt läuft ein bisschen anders ab und bringt ihre eigenen Hürden mit sich. Deswegen stehen manche Frauen schon während der Schwangerschaft vor der Frage, nicht doch besser einen Wunschkaiserschnitt durchführen zu lassen. Sehr oft steht hinter diesem Wunsch die Angst vor Schmerzen, aber auch die Sorge um das Baby.
Vor- und Nachteile einer Spontangeburt
Eine Spontangeburt ist in aller Regel kaum planbar. Ihre Phasen mögen bekannt sein, wie schnell oder langsam die Geburt jedoch letzten Endes tatsächlich verläuft, lässt sich im Voraus nicht bestimmen. Für Erstgebärende sind in etwa 12 Stunden Geburtsdauer üblich, mit jeder weiteren Geburt geht es etwas schneller. Nicht nur für die Frau bedeutet dies eine Herausforderung, auch das Krankenhaus muss die fehlende Planbarkeit hinnehmen. Nicht selten umfasst eine Geburt mehrere Schichten oder geht über mehrere Tage. Geht es dem Baby auch bei komplizierten Geburten gut, bedeutet dies noch keine Indikation für einen Notkaiserschnitt. Dieser wird erst dann durchgeführt, wenn sich beispielsweise die Herztöne des Babys verschlechtern oder es auf andere Weise in Stress gerät.
Auch bei Babys, die sich in Beckenendlage, also mit dem Po nach unten, in der Gebärmutter befinden, ist ein Kaiserschnitt angezeigt. Die Spontangeburt hat jedoch entscheidende Vorteile, sowohl für das Kind, als auch für die Mutter. Babys kommen im Geburtskanal mit der spezifischen mikrobiellen Flora der Mutter in Berührung und erhalten dadurch eine Art erste Impfung. Die starke Quetschung des Brustkorbes während der letzten Wehen presst Fruchtwasserreste aus der Lunge und regt zum kräftigen Schreien, dem ersten Atemzug, an. Nach einer Spontangeburt ist zudem die Erholungsphase für die Mutter einfacher. Die Rückbildung der Gebärmutter startet unverzüglich und die Geburtshormone sorgen für einen optimalen Start in die Milchbildung.
Kaiserschnitt auf Wunsch – einige Vor- und Nachteile
Hat das Baby die 38. Schwangerschaftswoche vollendet, gilt es als ausgereift. Ab diesem Datum lässt sich dann der Wunschkaiserschnitttermin planen. Bei einem Wunschkaiserschnitt handelt es sich um eine Operation, die nicht aufgrund einer medizinischen Indikation vorgenommen wird, sondern ausschliesslich auf Wunsch der Mutter. Für die Klinik bedeutet dies ein Optimum an Planbarkeit, denn ein Wunschkaiserschnitt nimmt wesentlich weniger Zeit in Anspruch als eine Spontangeburt. Dennoch ist eine Sectio ohne medizinische Notwendigkeit mit Vorsicht zu geniessen, denn es handelt sich trotz allem um eine grosse Bauchoperation.
Aktuelle Operationstechniken lassen meist nicht mehr als eine kleine Narbe im Bikinibereich zurück, trotzdem verhindert der Schnitt die unmittelbar nach der Entbindung einsetzende Gebärmutterrückbildung. Diese dauert nach einer Sectio deutlich länger. Hinzu kommt die Wundheilungszeit, die beim Kaiserschnitt zwischen fünf bis sechs Wochen beträgt, bevor wieder Belastbarkeit gegeben ist. Gerade in der extrem anstrengenden Wochenbettphase bedeuten Narbenschmerzen oder gar eine entzündete Narbe eine schwere Belastung. Da beim Kaiserschnitt die typische Hormonkaskade der Spontangeburt fehlt, kann auch die Milchbildung nur schwer in Gang kommen. Bei aller Planbarkeit muss bedacht werden, dass sowohl Narbe als auch ihre Umgebung wegen des Durchtrennens von Nerven bei der Sectio dauerhaft geschädigt werden können. Taubheitsgefühle oder Missempfindungen können daraus folgen.
Kaiserschnitt – weit verbreitet in EU-Ländern
Daten der OECD zeigen für das Jahr 2018 ein erstaunliches Bild zur Verbreitung des Kaiserschnitts in den EU-Ländern. Am häufigsten fiel die Entscheidung für die Sectio in Polen. Hier kamen 38,9 Prozent aller 1.000 Lebendgeburten per Kaiserschnitt auf die Welt. Ungarn folgt knapp auf dem zweiten Platz mit 38 Prozent. An dritthäufigster Stelle steht Italien mit einer Kaiserschnittrate von 33,2 Prozent. Nur 0,1 Prozent weniger Sectio-Entbindungen hatte Irland. Mit einer Rate von 29,6 Prozent befindet sich Deutschland im EU-Vergleich im oberen Drittel. In Österreich sieht es mit einer Kaiserschnitt-Rate von 29 Prozent ähnlich aus. In der Schweiz kamen im Jahr 2019 32 Prozent aller Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt.
Diese Zahlen sind in der Relation zur WHO-Empfehlung zu sehen, die eine Kaiserschnittrate von lediglich 10 Prozent für medizinisch notwendig erachtet. In diesem Fall rettet die Sectio Mutter und Kind das Leben. Anhand dieser Zahlen kann davon ausgegangen werden, dass auch heute ein signifikanter Prozentsatz an Kaiserschnitten auf expliziten Wunsch der werdenden Eltern vorgenommen wird.