Im Jahr 2023 haben die Schweizer Spitäler, Reha-Kliniken und Psychiatrien einen Verlust ist Höhe von einer Milliarde Franken eingefahren. Das geht aus der Studie „Clarity on Healthcare 2024“ hervor, herausgegeben von der Auditing- und Beratungsfirma KPMG. Für die Erhebung wurden die Geschäftsberichte von 48 Gesundheitsorganisationen analysiert und Interviews mit CFOs sowie CEOs geführt.
70 Prozent der Gesundheitsinstitutionen schreiben rote Zahlen
Die Jahresabschlüsse der Schweizer Gesundheitsinstitutionen sind der Studie zufolge weit schlechter als erwartet: Sieben von zehn Einrichtungen schrieben im Geschäftsjahr 2023 rote Zahlen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen, die sogenannte Ebitda-Marge, lag bei 1,8 Prozent und damit weit unter der Prognose von 4 Prozent, von der die Einrichtungen im Vorjahr ausgegangen waren.
Die Ebitda-Marge ist eine wichtige Kennzahl für die operative Leistungsfähigkeit, Effizienz und Profitabilität eines Spitals. Um die Nutzungskosten ihrer Anlagen aufzuwiegen, sollten Gesundheitseinrichtungen laut einer PWC-Studie eine Ebitda-Marge von mindestens 9,5 bis 13,6 Prozent erzielen. Als Zielgrösse gilt aktuell eine Ebitda-Marge von 10 Prozent. Auch diese Zielgrösse wurde im Jahr 2023 von allen Gesundheitseinrichtungen versäumt. Den höchsten Wert erzielte noch die Thurmed-Gruppe mit einer Marge von 8,5 Prozent. Die rechnerische Lücke zwischen der Zielgrösse und der tatsächlichen Ebitda-Marge beträgt 3 Milliarden Franken. Das schränkt die Investitionsfähigkeit der Gesundheitseinrichtungen deutlich ein.
Zusätzlicher Kapitalbedarf von 4,5 Milliarden Franken prognostiziert
Auch die Prognosen für das laufende Jahr 2024 sehen pessimistisch aus. Die Hälfte der befragten CFO erwartet, dass die Ebitda-Margen weiter sinken werden, die andere Hälfte rechnet mit einem Plus. Für 2025 gehen immerhin 60 Prozent der CFO von einer steigenden Ebitda-Marge aus. Im Schnitt prognostiziert die gesamte Branche für die Jahre 2024 und 2025 einen Anstieg der Ebitda-Margen um 0,6 Prozent. Damit bleibt der Betriebsgewinn allerdings auf einem nicht nachhaltigen Niveau. 86 Prozent der Befragten CFO und Spitalchefs gehen daher davon aus, dass ihre Einrichtungen demnächst einen ausserordentlichen Finanzbedarf haben werden. Aus ihren Aussagen ergibt sich laut KPMG-Hochrechnung ein zusätzlicher Kapitalbedarf von 4,5 Milliarden Franken.
Schlechte Wirtschaftslage trotz steigender Umsätze
Insbesondere steigende Einnahmen im ambulanten Bereich haben dazu geführt, dass die Schweizer Spitäler im Jahr 2023 höhere Umsätze gemacht haben als im Vorjahr. Allerdings reicht das Umsatzplus nicht aus, um den Verlust durch höhere Ausgaben auszugleichen. Wie aus dem KPMG-Daten hervorgeht, stiegen allein die Kosten für den Personalbedarf um 8 Prozent – das stärkste Wachstum seit 2019. Weitere hohe Kosten fallen für Infrastruktur und Digitalisierung an.
Zur Kostensenkung erwägen laut KPMG-Umfrage drei Viertel der Spitalmanager, in den nächsten zwölf Monaten Kooperationen einzugehen. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) plant Zusammenarbeiten im Bereich der Patientenversorgung, 43 Prozent wollen im Bereich der IT mit anderen Einrichtungen kooperieren. Ein Viertel der Spitalchefs prüft derweil Akquisitionen. Drei von vier CFO sehen die Zukunft der Schweizer Gesundheitseinrichtungen zudem in Hybridmodellen, die aus Zentren für spezialisierte Behandlungen und dezentrale Einheiten für die Grundversorgung bestehen. Dass die derzeitige Anzahl der Gesundheitseinrichtungen aufrechterhalten werden kann, erscheint unwahrscheinlich.