Zwar ist die Zufriedenheit mit den nationalen Gesundheitssystemen in Europa gesunken, das Vertrauen in die Ärzteschaft bleibt jedoch hoch. Zu diesem Schluss kommt der STADA Health Report 2022, eine Umfrage mit rund 30.000 Teilnehmenden aus 15 europäischen Ländern. Die Auswertung der Antworten zeigt unter anderem, auf welche Akteure im Gesundheitssystem sich die Befragten verlassen und wie sich die Corona-Pandemie auf die psychische und physische Gesundheit der Europäer ausgewirkt hat.
Hausärzte/-innen genießen weiterhin großes Vertrauen
Die Antworten für den STADA Health Report wurden mittels einer Online-Umfrage von Mitte März bis Mitte April 2022 erhoben. Die Teilnehmer beantworteten mehr als 30 Fragen aus sieben verschiedenen Kategorien. Eine dieser Kategorien war dem Gesundheitssystem und seinen Akteuren gewidmet. Die Fragen zielten unter anderem darauf ab, herauszufinden, wem Europäer und Europäerinnen in Gesundheitsfragen vertrauen. Wo beziehen sie gesundheitsrelevante Informationen? Wie ist es um das Ansehen der Schulmedizin und die europäischen Gesundheitssysteme im Allgemeinen bestellt?
Das Vertrauen in die Schulmedizin ist insgesamt leicht rückläufig. Insgesamt geben 65 Prozent der Befragten an, sich generell auf Informationen aus der Schulmedizin zu verlassen, sich aber zusätzlich im Internet zu informieren. In der Schweiz sagen dies ebenfalls 65 Prozent. Am höchsten sind die Vertrauenswerte in Spanien mit 78 Prozent, am niedrigsten in Kasachstan mit 44 Prozent.
Bezogen auf Informationen zu Gesundheitsfragen, gelten weiterhin Ärzte/-innen als die vertrauenswürdigsten Quellen. 65 Prozent der Befragten verlassen sich auf ihre medizinischen Aussagen. Auf Platz 2 liegen Wissenschaftler/innen (61 Prozent), auf Platz 3 Apotheker/innen (57 Prozent). Auf die Aussagen von Politikern/-innen verlassen sich nur neun Prozent der Befragten.
Grosse Bedeutung kommen zudem den Informationen von Influencern/-innen zu. Dabei handelt es sich um Personen aus der Unterhaltungsbranche, Politik, Sport und Medien, deren Aussagen die öffentliche Meinung beeinflussen. Europaweit bejahen 51 Prozent der Befragten die Frage, ob Influencer/innen während der Pandemie mehr Einfluss im Gesundheitsbereich gewonnen haben. In der Schweiz stimmen dem 48 Prozent der Befragten zu. Das Problem: Influencern/-innen fehlt häufig der wissenschaftliche Hintergrund, um verlässliche medizinische Aussagen zu treffen.
Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem in der Schweiz überdurchschnittlich hoch
Die Zufriedenheit mit den nationalen Gesundheitssystemen hat im Verlauf der Corona-Pandemie stark abgenommen. Im Jahr 2021 sagten noch 74 Prozent der Befragten, mit dem Gesundheitssystem in ihrem Land zufrieden zu sein. Im STADA Health Report 2022 stimmen dem nur noch 64 Prozent zu. Die Zufriedenheit der Schweizer Bevölkerung liegt hier weit über dem europäischen Durchschnitt. 84 Prozent der Schweizer/innen sind mit dem Gesundheitssystem zufrieden. Zwei von drei Befragten geben ausserdem an, dass die Schweizer Regierung bei der Pandemie-Bewältigung gute Arbeit geleistet habe.
Besseren Anklang als das Schweizer Gesundheitssystem findet nur das Belgische. 86 Prozent der Belgier und Belgierinnen sind mit ihrem Gesundheitssystem zufrieden. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zufriedenheit in beiden Ländern geringfügig abgenommen. Anders in den Niederlanden. Dort ist sie leicht gestiegen und liegt nun bei 83 Prozent.
Am unteren Ende der Zufriedenheitsskala liegen Kasachstan (25 Prozent) und Rumänien (31 Prozent), zwei Länder, die 2021 nicht an der Befragung teilgenommen haben, sowie Serbien (31 Prozent). Serbien verzeichnet auch den deutlichsten Rückgang bei den Zufriedenheitswerten: 2021 stellten noch 49 Prozent der Bevölkerung dem serbischen Gesundheitssystem gute Noten aus.
Zunahme psychischer Probleme
Der STADA Health Report zeigt auch, wie sich die Corona-Pandemie auf die psychische Verfassung der europäischen Bevölkerung ausgewirkt hat. Bereits in der 2021 durchgeführten Umfrage zeigte sich, dass sowohl das selbstempfundene Stresslevel gestiegen war als auch die Zahl der an Angstzuständen leidenden Befragten zugenommen hatte. Diese Trends setzen sich 2022 fort. Europaweit sagen 37 Prozent der Befragten, seit Ausbruch der Pandemie unter einem erhöhten Stresslevel zu leiden. Im Vorjahr waren es noch 25 Prozent. In der Schweiz liegt der Wert bei 28 Prozent.
26 Prozent der Befragten klagen über Angstzustände, die zu Schlafproblemen führen. 33 Prozent finden aufgrund von Alltagsproblemen, 19 Prozent aufgrund finanzieller Sorgen schlechter in den Schlaf. Die Zahl der Europäer mit Burnout-Problemen klettert auf 59 Prozent. Besonders belastet zeigen sich junge Menschen unter 25 Jahren. 68 Prozent von ihnen hatten schon einmal mit Burnout-Symptomen zu kämpfen.
Die Autoren führen die Zunahme psychischer Erkrankungen jedoch nicht allein auf die Covid-Pandemie zurück. Bereits in den Jahren zuvor sagte mehr als Hälfte der Europäer/innen aus, mit Burnout-Symptomen vertraut zu sein. Covid wirke als „Brandbeschleuniger“ für derartige psychische Probleme.